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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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dauerhaft verändert werden. Übrigens liegt ein wichtiges Ziel der Neurologen darin, mit dieser Technik bestimmte kognitive Funktionen des Gehirns dauerhaft wiederherzustellen. Insbesondere interessieren sie sich dafür, die TMS zur Aktivierung der Hirnrinde einzusetzen, damit diese auf die gleiche Weise, wie das Hirn es für gewöhnlich von ganz allein tut, exakte Befehle an den Körper weiterleitet.«
    »Das bedeutet was?«
    »Mit Hilfe der TMS kann man die Befehle reproduzieren, die unser Hirn unserem Körper erteilt. Heute weiß man zum Beispiel ganz genau, wie man die für die Motorik verantwortliche Zone im Hirn eines Menschen stimulieren muss. Ergebnis: Seine Glieder, zum Beispiel die Arme, bewegen sich ganz von allein, ohne dass er es beeinflussen kann!«
    »Das ist ja irre! Wie weit kann das gehen?«
    »Schwer zu sagen. Aber noch mal: Wir stehen erst am Anfang, wenn es um die Anwendungsgebiete geht. Aber einige Forscher würden gern viel weiter gehen. Immer öfter wird jetzt schon die repetitive TMS eingesetzt, die rhythmische Wiederholung der Stimulation. Die repetitive TMS mit Hochfrequenz kann die Reizbarkeit der Hirnrinde erhöhen, TMS mit Niedrigfrequenz wirkt jedoch inhibierend, das heißt, sie erzeugt eine vorübergehende Inaktivierung, was man manchmal auch ›künstliche Hirnschädigung‹ nennt. Die Zone, die stimuliert wurde, wird vorübergehend inaktiv. Diese Inhibition ist eine vielversprechende Therapie und wird schon zur Behandlung verschiedener Gehirnerkrankungen genutzt. Aber die bisherigen Erfahrungen könnten auch beweisen, dass man die TMS sogar dazu verwenden kann, die Gehirnleistungen zu verzehnfachen.«
    »Wirklich? Ist das denkbar?«
    »Ja, natürlich. Ich will euch ein Beispiel geben. Man hat ein ziemlich berühmtes TMS-Experiment zum Autismus durchgeführt. Die sogenannten Savants, die Autisten, die so beeindruckende Rechenoperationen anstellen können …«
    »Du meinst so jemand wie Rainman?«, fragte Louvel in aller Naivität.
    »Ja, genau«, erwiderte die Wissenschaftlerin lächelnd, »wie Rainman. Es ist immer wieder großartig festzustellen, dass sich die wissenschaftliche Bildung von Typen wie dir auf die Hauptwerke des Hollywoodkinos beschränkt.«
    »Schon gut …«
    »Man weiß heute, dass diese Autisten keine besonderen Talente besitzen. Im Gegenteil, ihre Fähigkeit, so komplizierte Rechnungen zu lösen, beruht darauf, dass ein Teil ihres Gehirns Fehlfunktionen zeigt. Man hat also versucht, dieses Phänomen bei Menschen zu reproduzieren, die nicht Autisten sind. Als man mit Hilfe der TMS die vorderen Gehirnbereiche, im frontotemporalen Teil, inhibierte, stellte man fest, dass die arithmetischen Fähigkeiten dieser Freiwilligen sich erheblich verbesserten. Anders gesagt: Ein Einfaltspinsel, dem man eine Spule auf dem Kopf anbringt, kann vorübergehend ein Genie im Kopfrechnen werden.«
    »Du machst doch Witze?«
    »Aber nein. Das ist ein ganz reales Experiment, das viele Male durchgeführt wurde. Wenn die TMS diesen oder jenen Teil des Hirns lahmlegt, werden gewisse kognitive Vorgänge blockiert, und der Zugang zu solchen Informationen wird möglich, von deren Vorhandensein man für gewöhnlich keine Ahnung hat.«
    »Das ist doch Wahnsinn!«
    »Nein, das ist Wissenschaft. Gut, aber die Inhibition bestimmter Gehirnregionen wirft trotzdem praktische Probleme auf, ganz zu schweigen von den ethischen. Tatsächlich weiß niemand, wie die langfristigen psychologischen Folgen einer dauerhaften Inhibition der Gehirnrinde aussehen.«
    Ich erriet Damiens Unbehagen. Die Wissenschaftlerin ahnte natürlich nicht, dass ich vielleicht der lebende Beweis für die schweren neurologischen Folgen solcher Experimente war.
    Ich trank noch einen Schluck Whisky, hörte ihr weiter zu und versuchte, meine Verwirrung zu verbergen.
    »In Ontario gibt es einen Wissenschaftler, Doktor Persinger, der immer wieder von sich reden macht, weil er nicht zögert, noch viel weiter zu gehen. Er hat eine Technik entwickelt, die sich von der TMS ableitet und die es ermöglicht, noch viel tiefgehender auf das Gehirn einzuwirken und nicht nur auf die Oberfläche der Gehirnrinde. Er hat einen Apparat erfunden, den Octopus, der aus acht Elektromagneten besteht, die auf einer Art Haube angebracht sind und senkrecht zu den acht Hirnlappen um den Kopf herum platziert werden.«
    Wieder warf mir Louvel einen verständnisvollen Blick zu. Auch ihm war der Zufall mit den beiden Achten nicht entgangen.
    »Dieser

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