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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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ausschalten.«
    »Wie?«
    Eine Sekunde lang wirkte er betreten. Doch viel zu kurz, um es glaubhaft erscheinen zu lassen.
    »Man wollte Sie in den Selbstmord treiben. Um Ihnen beizubringen, dieses Mitgefühl zu überwinden, hat man Sie gezwungen, auf Spiegel zu schießen, auf Ihr eigenes Bild.«
    Auf Spiegel schießen.
    Die Vorstellung passte zu Erinnerungsfetzen, die tief in mir vergraben waren. Ich glaubte, mich an berstendes Glas zu erinnern, an mein eigenes Spiegelbild, das in tausend Splitter zersprang.
    »Zu dem Zeitpunkt hatte ich beschlossen, mich von der Firma Dermod zu trennen«, erklärte der Minister und zog an seiner Zigarre.
    »Aber das Protokoll ging weiter …«
    »Natürlich. Gewiss hat es eine andere Richtung eingeschlagen, aber es existiert noch heute. Und zwar in einem Umfang, das Sie sich nicht vorstellen können, mein armer Freund.«
    »Farkas, ich bin nicht Ihr Freund.«
    Der Minister deutete ein Lächeln an, dann fuhr er fort.
    »Vigo, Sie gehören zur ersten Generation. Nach Ihnen gab es weitere Tests. Viele Tests. Und viele Freiwillige. Irgendwann hat die amerikanische Armee sogar eine sanftere Version des Protokolls 88 für alle Soldaten, die 1991 in den Irak gezogen sind, institutionalisiert. Diese Soldaten waren allerdings nicht unbedingt Freiwillige, das muss man einräumen. Und sie wussten nicht genau, was es mit dem Programm, dem sie unterworfen waren, auf sich hatte. Das war eine riesige Dummheit! Das Pentagon hat es bitter bereut. Sagt Ihnen das Golfkriegsyndrom etwas?«
    Ich riss die Augen auf, mein Erstaunen wuchs.
    »Vigo, Sie scheinen sich nicht bewusst zu sein, welchen Umfang das Protokoll hat. Denken Sie nach! Als man die Gründe des Mitgefühls, das Sie entwickelt hatten, besser verstand, war der Gewinn beträchtlich. Beträchtlich! Können Sie sich das vorstellen? Dermod hatte das Mittel entdeckt, die Menschen mit einer Art Teleempathie auszustatten. Das war eine regelrechte Revolution. Heutzutage sind sechs Nationen in das Protokoll 88 verwickelt. Jährlich werden Millionen Dollar investiert, und die Anwendung geht weit über das Militärische hinaus …«
    Langsam begann ich, das wahre Ausmaß der Sache zu begreifen, aber ich hatte noch Mühe, daran zu glauben. Die Gruppe SpHiNx und ich selbst hatten keine Vorstellung von den Dimensionen, die dieses geheimnisvolle Programm angenommen hatte. Und letztlich waren sie viel erschreckender, als wir gedacht hatten.
    Ich musterte kurz den Innenminister, der in seinem Sessel in seinem Jagdschlösschen saß. Ich fragte mich, weshalb er mir all das erzählte. Hatte er Gewissensbisse? Die Hoffnung, Vergebung zu erlangen? In seinem Alter? Ich war vom Gegenteil überzeugt. Auch wenn er mir erklärt hatte, er habe sich von der Firma Dermod getrennt, schien er das Protokoll 88 immer noch als Projekt zu betrachten, an dem er teilhatte. Er bedauerte nichts.
    »Seit Ihrer Generation, Vigo, hat man viele Fortschritte gemacht. Die Fähigkeiten der Transkraniellen sind heutzutage bei weitem besser als Ihre.«
    »Die Transkraniellen? Sie reden, als ob … als ob es viele wären.«
    Ein zynisches Lächeln überzog das Gesicht des alten Mannes. Meine Naivität schien ihn zu amüsieren.
    »Es sind Zigtausende auf der ganzen Welt. Allein in Frankreich gibt es inzwischen sechstausend Transkranielle. Sechstausend. Freiwillige, denen es sehr gutgeht und die die Gedanken der Menschen hören.«
    Unwillkürlich ließ ich mich in den Sessel fallen, der dem des Ministers gegenüberstand. Ich war davon überzeugt gewesen, dass ich hier Antworten finden würde, hatte aber nicht mit dieser Art von Enthüllungen gerechnet. All das erschien mir immer unglaublicher, immer … irrealer. Ich fragte mich, ob sich der Minister nicht über mich lustig machte. Doch er wirkte ganz ernst.
    Und das Schlimmste war, dass seine Geschichte, auch wenn sie noch so unglaublich klang, stimmig war. Alles, was ich bis jetzt entdeckt hatte, machte sie glaubwürdig. Unerträglich glaubwürdig.
    »Vigo, haben Sie sich noch nie gefragt, was Ihre Krisen auslöste?«
    Ich schwieg. Auch wenn ich hätte antworten wollen, stand ich zu sehr unter Schock, um auch nur ein Wort über die Lippen zu bringen.
    »Wissen Sie, bei den Transkraniellen der ersten Generation lösen zwei Dinge die Krisen aus. Das erste ist eine starke Gemütsbewegung. Angst, Freude, Traurigkeit, Beklemmung … Das zweite …«
    Er legte eine Pause ein, den Blick auf das glühende Ende seiner Zigarre gerichtet.
    »Und

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