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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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hatte ich schon aufgegeben.
    Mit schnellen Schritten führten sie mich in den Gang, wie einen zum Tode Verurteilten, der durch den Todestrakt geführt wird. Sie drängten mich die Treppe hinab und hinaus in die sternenklare Nacht. Dann schoben sie mich auf den Rücksitz einer der beiden schwarzen Limousinen. Ein Chauffeur wartete auf uns. Die beiden Kolosse nahmen links und rechts von mir Platz, eine Hand in der Tasche und jederzeit bereit, bei der geringsten falschen Bewegung die Waffe zu zücken.
    »Los«, befahl der Mann zu meiner Rechten und drückte auf einen Knopf seines Kopfhörers.
    Die Scheinwerfer des Wagens vor uns leuchteten auf, dann startete er. Unser Chauffeur ließ ebenfalls den Motor an, und die beiden Autos fuhren hintereinander auf die Schotterallee. In dem kleinen Park hallte das Knirschen der Räder wider.
    In diesem Augenblick spürte ich ein Vibrieren in meiner Tasche. Es stammte von dem Handy, das Louvel mir gegeben hatte …
    Ich reagierte nicht.
    Das breite Gitter öffnete sich mit theatralischer Langsamkeit. Die Fahrzeuge bogen jetzt auf die kleine Landstraße ein. Ich wandte mich um und warf einen letzten Blick auf das Schlösschen. In der Ferne sah ich die bewegungslose Gestalt des Ministers, den starren Schatten eines lächerlichen Ränkeschmiedes hinter dem Fenster im ersten Stock. Ich konnte es nicht glauben, dass er so davonkommen sollte. Aber das würde er wohl. Ein Kerl wie er war nie zu überführen. Und schließlich hatte ich das bekommen, was für mich am meisten zählte: die Ursache meines Kopernikus-Syndroms, die Wahrheit. Die unglaubliche Wahrheit. Gewiss, nur sie, aber in voller Wucht.
    Das Schlösschen verschwand hinter den Bäumen.
    Ich stieß einen Seufzer aus, lehnte mich zurück und griff nach dem Handy.
    Der Kerl zu meiner Rechten riss es mir aus der Hand, aber zu spät. Ich hatte die Zeit gefunden, die SMS zu lesen, die ich erhalten hatte. Er las sie laut vor und krauste die Stirn. Ich lächelte ihn bedauernd an.
    »Wir sind da. SpHiNx.«
    Unvermittelt griff er an seinen Kopfhörer.
    »Wir haben ein Problem.«
    Was dann geschah, kam so plötzlich und mit einer solchen Heftigkeit, dass ich mich nur noch bruchstückhaft daran erinnere. Es begann mit einer riesigen Explosion, dann folgte ein Lichtblitz, und eine riesige Feuerkugel entstand, deren Leuchtkraft sich in unserer Windschutzscheibe spiegelte. Um uns herum wirbelten brennende Trümmer durch die Luft wie die orangefarbenen Tränen eines großen Vulkans, und hinter einer Rauchwand entdeckte ich die Überreste der ersten Limousine, die zur Seite gekippt war und in Flammen stand.
    Ein Mann, der ebenfalls in Flammen stand, kletterte mühsam aus dem Wrack, dann brach er zusammen und lag bewegungslos auf dem Asphalt.
    Alles hatte sich innerhalb von Sekunden abgespielt. Unser Chauffeur machte eine Vollbremsung. Ich fühlte mich, als würde ich aufgesogen. Instinktiv hatte mich der Kleiderschrank zu meiner Rechten um die Brust gefasst. Der Wagen geriet ins Schleudern und blieb dann plötzlich neben dem Graben stehen. Sogleich tauchten aus allen Richtungen Schattengestalten auf. Es waren bewaffnete Männer, vermummt, die unauffällig auf unser Auto zukamen.
    Der Chauffeur geriet in Panik und stieß einen Schrei aus. Er drehte sich zu uns um, die Augen weit aufgerissen. Dann gab es einen heftigen Knall, das Geräusch berstenden Glases. Im selben Augenblick wurde der Kopf unseres Fahrers nach hinten gedrückt, und mir spritzte Blut ins Gesicht.
    Die Kerle neben mir griffen unter ihre Jacken und zogen ihre Revolver heraus. Der Typ rechts von mir riss die Wagentür auf, beugte sich hinaus und schoss zweimal in Richtung der Angreifer. Dann packte er mich an der Schulter und zwang mich, ihm zu folgen. Ich leistete Widerstand. Er zog so stark, dass ich hinter ihm aus dem Wagen fiel. Meine Schulter berührte den harten Boden. Ich schrie auf. Er kauerte sich hinter die Wagentür, hielt mich mit einer Hand fest und zielte mit der anderen auf die beweglichen Schatten, die sich uns näherten. Die Verwirrung war grenzenlos. Ich hätte nicht sagen können, wie viele Männer uns umringten und wie weit sie von uns entfernt waren.
    Es folgte ein erneuter Schusswechsel, heftige Explosionen. Von allen Seiten flogen Kugeln durch die Luft. Der andere Typ stieg auf der anderen Seite aus und versuchte, seinen Kollegen zu decken, indem er blind durch die Gegend schoss. Ich richtete mich auf und verschaffte mir einen Eindruck der Lage. Ich

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