Das Kopernikus-Syndrom
schätzte, dass es ungefähr fünf oder sechs Männer waren, die uns umzingelten. Die Salven kamen von allen Seiten. Der Schusswechsel wurde heftiger, gefolgt von grellen Blitzen. Die Explosionen vermischten sich mit überraschten Aufschreien, dem Lärm gesplitterter Scheiben und von Kugeln, die in Blech krachten.
Die Gefahr machte mich munter, und ich versuchte, die allgemeine Verwirrung zu nutzen, um meinen Leibwächter loszuwerden. Mit einer heftigen Bewegung stieß ich seinen Arm zurück, warf mich nach hinten und versetzte ihm einen Schlag gegen die Beine. Er verlor das Gleichgewicht.
Jetzt oder nie.
Mein Herz hämmerte so heftig, dass ich glaubte, es explodiere. So schnell ich nur konnte, rannte ich in die Gegenrichtung, weg von dieser Hölle aus Metall und Feuer. Meine Schritte glitten auf dem Asphalt dahin. Das Feuer hinter mir zeichnete tanzende Schatten auf der kleinen Straße, als würde ich von einer Gespensterarmee verfolgt.
Der Schusswechsel wurde wieder heftiger. Das Geräusch meiner Schritte, das Blasen des Windes, das Hämmern meines Blutes, das Prasseln der Flammen, alles vermischte sich und trieb mich in die Nacht hinaus. Plötzlich traf mich ein heftiger Stoß im Rücken. Der Kerl hatte mich eingeholt. Er warf sich auf mich und nagelte mich am Boden fest. Ich spürte das kalte Metall seines Revolvers an meiner Schläfe.
»Wenn du noch mal so was versuchst, du Scheißkerl, bist du tot.«
Hinter uns wurde weitergeschossen. Mein Leibwächter richtete sich wieder auf und sah sich nach seinem Kollegen um, der in der Ferne mehr schlecht als recht versuchte, die Angreifer abzuwehren. Er packte mich am Kragen und zwang mich aufzustehen. Er drückte mir den Lauf seiner Waffe zwischen die Schulterblätter und stieß mich vor sich her, zu dem Graben.
Es erfolgte eine erneute Explosion. Ich zuckte zusammen. Der zweite Wagen wurde von einem Flammensturm vom Boden gehoben.
»Geh weiter«, brüllte der Typ, ohne sich um seinen Kollegen zu kümmern, dessen Leiche vor einem feuerspeienden Krater lag.
Das Summen in meinen Ohren vermischte sich mit dem unbeschreiblichen Chaos. Ich stieg in den Graben hinab, glitt auf dem Gras aus, wäre fast auf den Rücken gefallen. Die Männer, die uns angegriffen hatten – Badjis Kollegen waren da, um mich rauszuholen, das war eindeutig –, zielten nicht in unsere Richtung. Sie hatten sicherlich Angst, dass mich versehentlich eine Kugel treffen könnte. Mein Koloss wusste es und nutzte es aus. Ich war sein menschlicher Schutzschild. Zumindest im Augenblick.
Als wir auf der anderen Seite des Grabens wieder herauskletterten, gab er mir ein Zeichen, meine Schritte zum Wald zu lenken. Ich warf einen flüchtigen Blick auf die Straße, um herauszufinden, ob Badjis Männer uns folgten. Doch schon versetzte mein Zerberus mir mit dem Ellbogen einen Schlag gegen die Wange. »Schau nach vorn, Luppo, und beeil dich.«
Jetzt wusste ich mit einem Mal, mit wem ich es zu tun hatte. Natürlich hätte ich es schon früher erraten sollen. Ich hatte es mit einem Transkraniellen zu tun. Einem kleinen Soldaten von Dermod, einem von der neuen Generation. Der Generation, die das Töten gelernt hatte. Doch trotz Farkas' Erklärungen hatte seine Anwesenheit keine epileptische Krise in mir ausgelöst. Ich hörte keine Stimme in meinem Kopf.
Ich spürte wieder die Waffe in meinem Rücken und beschleunigte meine Schritte. Im Laufschritt verschwanden wir im Wald, wie zwei gejagte Tiere. Bald war der Feuerschein der beiden brennenden Autos völlig hinter den großen Bäumen verschwunden, und wir hörten nur noch das Geräusch unserer Schritte, als wir über Blätter und Zweige liefen.
»Bleib dort stehen.«
Ich erstarrte.
»Auf die Knie, Hände hinter den Kopf!«
Ich blickte ihn an. Er hatte immer noch seine Waffe auf mich gerichtet. Ich gehorchte. Er trat zwei Schritte zurück, um einen Sicherheitsabstand zu wahren und sich vor einem Angriff meinerseits zu schützen. Er wusste, mit wem er es zu tun hatte. Die Geheimnisse des Nahkampfs waren irgendwo in meinem Gedächtnis gespeichert. Ich war auf der Hut, und er fühlte es wohl.
Mit sicherer Bewegung wechselte er das Magazin. Ich ließ ihn nicht aus den Augen. Ich studierte seinen Blick, als ob ich ihn durchdringen wollte, um endlich seine Gedanken zu hören. Ich musste mich konzentrieren, musste versuchen, den richtigen Moment abzupassen. Es musste eine Möglichkeit geben, seine Gedanken zu lesen.
Plötzlich sah ich ihn lächeln, als ob
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