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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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Stirn. Etwas in seiner Haltung …
    »Pardon?«, stotterte ich.
    »Sie suchen die Praxis Mater, nicht wahr?«, wiederholte er.
    Er trug einen grauen Trainingsanzug mit einer Kapuze, die er zurückgeschlagen hatte. Er sah ein bisschen aus wie ein Student einer amerikanischen Universität. Sofort erinnerte ich mich, dass ich ihn vorhin in der Nähe der Information gesehen hatte. Er stand etwas abseits, als warte er auf jemanden. Alle meine Sinne vibrierten. Alle meine Alarmglocken schlugen an. Höchste Dringlichkeit. Als ob mein Unbewusstes in diesem Mann einen Feind erkannte. Eine Gefahr.
    Die Worte der Frau klangen noch in meinem Kopf. In der 44. Etage waren die Technikräume.
    Ich richtete mich auf.
    »Nein, nein«, log ich und wollte mich entfernen.
    »Aber ja«, beharrte der Mann und packte mich am Arm. »Ich habe Sie doch fragen gehört.«
    Ich zögerte nicht einen Augenblick. Mit einer schroffen Bewegung löste ich meinen Arm aus seinem Griff und rannte davon, so schnell ich konnte. Ich hörte, wie er meine Verfolgung aufnahm. Mein Instinkt hatte mich nicht getäuscht. Dieser Typ war hinter mir her. Aus was weiß ich für einem unersichtlichen Grund.
    Ich rannte schneller, auf die linke Seite der Grande Arche, und eilte die Treppen zu einem breiten Fußgängerüberweg hinauf, ohne mich um die Leute zu kümmern. Oben angelangt warf ich einen Blick zurück. Und glaubte, meinen Augen nicht zu trauen. Sie waren jetzt zu zweit. Zwei Kerle, die hinter mir herrannten. In ihren grauen Trainingsanzügen.
    Eine Halluzination. Das ist vielleicht nichts anderes als eine Halluzination.
    Aber ich verspürte keine Lust, es zu überprüfen. Und rannte weiter, an einer Gruppe verblüffter Helfer vorbei. Ich überquerte den Fußgängerüberweg und hielt mich am Geländer, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Als ich am Ende des Überwegs angelangt war, rannte ich die Stufen so schnell wie möglich hinunter und stürzte auf die Straße. Ich lief weiter, ohne anzuhalten, und wandte den Kopf um. Die beiden Kerle waren mir auf den Fersen, schon ganz nah. Und in meinem Kopf verfolgten mich diese bedrohlichen Stimmen.
    Allmählich ging mir der Atem aus. Verdammte Zigaretten. Ohne stehen zu bleiben, machte ich kehrt und eilte auf den Eingang zum Untergeschoss von La Défense zu. Ich hatte kein Ahnung, wohin ich lief, und rannte eine ins Halbdunkel getauchte Straße entlang. Bald hörte ich das Echo der Schritte meiner Verfolger, die auf das Trottoir hämmerten. Ich beschleunigte mein Tempo, so gut ich konnte. Ich war überrascht, wie schnell ich rennen konnte. Wahrscheinlich verlieh mir die Angst Flügel.
    An einer Kreuzung bog ich abrupt in eine Straße zur Linken ab, die noch düsterer war. Fast hätte ich das Gleichgewicht verloren, als ich einem Mülleimer auswich. Ich stützte mich auf eine Barriere und lief geradeaus weiter. Der Boden war rutschig, voller Staub, aber ich durfte nicht aufgeben. Ich wusste nicht, wer diese Männer waren, aber eines war sicher: Sie hatten nichts Gutes im Sinn.
    Meine Beine schmerzten, auch meine Brust, wie von einer unsichtbaren Faust zusammengepresst. Ich fragte mich, wie lange ich noch in diesem Tempo rennen könnte. Ich gelangte ans Ende der Straße, überquerte sie und schlug einen Weg zu meiner Rechten ein. In der Ferne sah ich Tageslicht. Ich fasste wieder Mut. Ohne mich umzudrehen, steuerte ich auf das Licht zu. Als ich schließlich am Ziel war, im Tageslicht, entdeckte ich eine neue, von der Polizei errichtete Barriere. Man verließ hier den Sicherheitsbereich. Die Straße führte direkt zum Boulevard Circulaire, der den Außenring von La Défense bildete. Ungeschickt sprang ich über das Gitter. Als ich den Kopf hob, sah ich einen Bus auf mich zukommen, ungefähr hundert Meter entfernt. Es war die Nummer 73. Er steuerte eine Haltestelle an, an der ungefähr zehn Personen warteten. Ich strich mir über die Stirn und warf einen schnellen Blick nach hinten. Ich hatte noch etwas Vorsprung. Ich versuchte, meine Chance zu nutzen, und raste auf den Bus zu. Die Straße stieg leicht an, aber ich glaube, ich rannte mit letzter Kraft noch schneller und hoffte, es würde bald vorbei sein.
    Als der Bus hielt, fehlten mir noch etwa fünfzig Meter. Ich fluchte. Wenn ich ihn verpasste, hatte ich keine Kraft mehr, weiterzufliehen. Aber ich hatte noch eine Chance. Eine winzige Chance. Ich ballte die Fäuste und sammelte meine ganze Kraft. Immerhin hatte ich ein Attentat überlebt. Ich werde mich durch

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