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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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vor dem Haus stand, spürte ich, wie sich meine Muskeln langsam entspannten. Ich war zu Hause, an dem Ort, an dem ich mich auskannte. Ich war fast beruhigt.
    Ich öffnete die große Tür zum Treppenhaus, stieg die Stufen empor und holte den Schlüssel aus meiner Tasche. Ich steckte ihn ins Schloss und bemerkte verblüfft, dass es nicht verschlossen war.
    Ich runzelte die Stirn. Hatte ich vergessen, die Tür abzuschließen? Ja, sicher. Ich war völlig überstürzt aus dem Haus gerannt, voller Sorge, daran war nichts Erstaunliches.
    Aber als ich das Wohnzimmer betrat, begriff ich, was hier geschehen war.
    Jemand hatte die Wohnung durchwühlt.
18.
    Moleskin-Notizbuch,
Anmerkung Nr. 109: die Mâyâ
    In der hinduistischen Philosophie gibt es einen Begriff, der das Unbehagen ausdrückt, das ich empfinde. Es lag nicht daran, dass ich allein war, aber vor einem Abgrund steht man besser in Gesellschaft.
    Die Mâyâ bezeichnet die Illusion der physischen Welt. Sie ist das, was wir von der Welt wahrnehmen können, was aber nicht der Realität entspricht. Nach dieser Philosophie ist die Welt, so wie wir sie sehen, nur eine relative Darstellung der Realität. Die Realität ist verschleiert, unterschwellig und erhaben, transzendent.
    Ich bin wie ein Kind, das den Schleier zu lüften versucht. Meine Nägel sind schon ganz brüchig vom Kratzen an der Wirklichkeit.
19.
    Das große weiße Wohnzimmer meiner Eltern war auf den Kopf gestellt worden. Es sah aus wie nach einem Erdbeben. Die Schubladen der Kommode und des kleinen Sekretärs standen offen, der Inhalt bedeckte den Boden. Die Papierkörbe waren umgestülpt worden, die Sofakissen lagen überall herum. Der Teppich war von hinten aufgerollt und zur Seite geschoben worden. Bücher, Papiere, Nippsachen, Kugelschreiber, Stofffetzen übersäten den Fußboden. Der Couchtisch war in Tausende von Glassplittern zerbrochen. Die fünf oder sechs Aschenbecher, die ich immer überall herumstehen habe, waren ebenfalls im Raum verteilt.
    Eine Ewigkeit verweilte ich mit offenem Mund. Ich rieb mir die Augen, ich konnte es nicht glauben. Ein Einbruch? Nein, das wäre zu viel des Zufalls gewesen. Das hier hatte zwangsläufig mit meinen Geschichten zu tun. Mit diesen Kerlen, die mich durch die ganze Stadt verfolgt hatten. In was war ich nur hineingeraten?
    Ich trat langsam vor, mit hängenden Armen und fassungslos. Ich bewegte mich behutsam auf das Schlafzimmer meiner Eltern zu – vielleicht waren die Einbrecher noch in der Wohnung. Das Schlafzimmer befand sich im gleichen Zustand. Ich ging weiter in mein Zimmer, das auch nicht verschont worden war. Vielleicht war mein Zimmer sogar am brutalsten verwüstet worden. Man hatte mein Bett umgekippt wie einen Dominostein. All meine Bücher, meine Lexika, türmten sich am Fuß meines Bettes und bildeten eine Art weißen Berg, der zur Lawine zu werden drohte. Meine Kleidungsstücke lagen auf dem Boden und auf meinem Sessel.
    Ich stieß einen Fluch aus. Meine Bücher, meine armen Bücher!
    Ich kehrte ins Wohnzimmer zurück. Hob hie und da etwas auf, wie um mich zu vergewissern, dass ich nicht träumte. Ich schob einen Lampenschirm beiseite, der mir den Weg versperrte, und in diesem Augenblick erblickte ich aus dem Augenwinkel etwas am anderen Ende des Raums, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    Entsetzt richtete ich mich auf. Ich hatte mich nicht getäuscht. Dort hinten, unter einem Bild, entdeckte ich eine kleine Überwachungskamera, die vermutlich auf die Schnelle installiert und schlecht versteckt worden war. Vollkommen verblüfft blieb ich in Reichweite der Kamera stehen, unfähig, mich zu rühren. Dann ging ich in einem plötzlichen Anfall aus Wut und Angst geradewegs auf diesen indiskreten Spion zu und zerrte daran. Unter dem Bild kam das Kabel zum Vorschein, die winzige Kamera fiel zu Boden.
    Ich konnte es nicht glauben. Eine Kamera! Bei mir! Man hatte eine Überwachungskamera bei mir installiert. In meinem Wohnzimmer. Ich hatte bestimmt eine heftige Halluzination, eine paranoide Wahrvorstellung. Ich musste mich zusammenreißen, überlegen. Es war absolut lächerlich, grotesk.
    Ich schloss die Augen und öffnete sie wieder. Die Kamera war immer noch da, zu meinen Füßen.
    Ich zertrat sie mit dem Absatz. Sie zersplitterte krachend. Ich zog an dem schwarzen Kabel, das daran befestigt war, und folgte seinem Lauf. Ich entdeckte, dass es mit der Telefondose verbunden war. Ungläubig riss ich es heraus. Dann machte ich kehrt und eilte in mein

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