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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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Ich habe meine Bewegungen perfekt unter Kontrolle.«
    »Es kann auch eine Sprachstörung vorkommen, woran Sie auch nicht zu leiden scheinen. Auch wenn Sie die Neigung haben, beim Reden schnell in die Luft zu gehen«, fügte sie lächelnd hinzu.
    »Das kommt daher, weil ich ziemlich konfus bin, verstehen Sie, etwas gestresst. Und was noch?«
    »Die Kranken sind häufig starke Raucher, man sieht das an ihren gelben Fingern oder an den Zigarettenlöchern in ihrer Kleidung.«
    Ich studierte meine Hände. Meine Fingerkuppen waren völlig braun.
    »Nun, schließlich rauchen nicht nur die Schizophrenen wie die Verrückten. Das beweist nicht viel. Und was noch?«
    »Wissen Sie, ich kenne nicht alle Symptome auswendig. Ich müsste einen Blick ins Handbuch werfen. Zum Beispiel kann ich Ihnen sagen, dass man bei den Patienten häufig mehr oder weniger bewusste Versuche der Selbstmedikation beobachten kann. Wählen Sie ab und zu Ihre Medikamente selbst aus?«
    »Mag sein. Und was noch?«
    »Es kann ein katatonisches Verhalten auftreten, Stimmungsschwankungen …«
    »Ja, das habe ich schon mal. Stimmungsschwankungen. Aber das erleben doch alle, oder?«
    »Eine Besessenheit für Details, Kalender, Daten, was man als Arithmomanie bezeichnen kann.«
    »Und was noch?«
    »Hören Sie, es bringt nichts, alle aufzuzählen. Sie sagen selbst, dass Sie an auditiven Halluzinationen leiden. Vielleicht sollten wir uns als Erstes darum kümmern. Es wäre vernünftiger, wenn Sie einen Psychiater aufsuchen, der Ihnen Medikamente verschreiben könnte.«
    »Nein, nein. Keine Medikamente mehr! Ich habe alle probiert, Neuroleptika, alle. Als Pillen, als Spritzen. Das bringt nichts, ich habe dadurch nie die Stimmen in meinem Kopf verloren.«
    »Monsieur Ravel, im Rahmen der Schizophrenie ist das sogenannte therapeutische Bündnis wirklich wichtig. Eine durchgehende Behandlung muss gewährleistet sein, wenn möglich mit demselben Psychiater und demselben Pflegeteam. Die Probleme, die Ihnen zu schaffen machen, sind viel zu wichtig, als dass Sie sie auf die leichte Schulter nehmen dürften. Sie müssen sich nicht nur einer Behandlung auf der Basis von Neuroleptika unterziehen, sondern auch einer Psychotherapie. Ich verweise Sie an einen Spezialisten.«
    »Nein. Ich will keinen weiteren Doktor Guillaume aufsuchen. Ich will lediglich Ihren Rat. Den Rat einer Frau wie Sie. Sie können mich nicht zwingen«, sagte ich und richtete mich auf.
    »Nein, natürlich nicht. Sofern Sie keine Bedrohung für die öffentliche Ordnung darstellen. Glauben Sie, dass Sie eine Bedrohung für Ihre Mitbürger darstellen?«
    »Nein, nein. Ich habe noch keiner Fliege etwas zuleide getan. Madame, Sie müssen mir helfen. Ich verlange nicht viel von Ihnen. Ich möchte nur, dass Sie mir helfen, herauszufinden, ob die Stimmen in meinem Kopf Halluzinationen sind.«
    »Aber was sollen sie sonst sein?«
    Ich zuckte die Schultern. Das war eines der Hauptargumente von Doktor Guillaume gewesen. Was sollen sie denn sonst sein? Das war tatsächlich die Frage. Die einzige gültige Frage.
    »Ich habe es Ihnen ja gesagt. Ich glaube, es sind die Gedanken der Menschen. Ich höre die Gedanken der Menschen.«
    »Wie lange schon hören Sie diese Stimmen?«
    »Ich weiß nicht. Ich erinnere mich nicht gut an meine Vergangenheit. Aber ich glaube, es sind mindestens fünfzehn Jahre.«
    »Und Sie hören sie die ganze Zeit?«
    »Nein, nicht immer. Bevor ich sie höre, gibt es Anzeichen. Migräne, Schwindel und Doppelbilder. Eine Art epileptischen Anfall. Im Augenblick zum Beispiel höre ich nichts.«
    »Sie hören meine Gedanken nicht?«
    »Nein.«
    Ich verzog den Mund.
    »Sie glauben mir nicht, nicht wahr? Weil ich Ihre Gedanken nicht höre, glauben Sie mir nicht.«
    »Monsieur Ravel, es geht nicht darum, ob ich Ihnen glaube. Ich kann Ihnen nur helfen, klarer zu sehen. Und vor allem würde ich Ihnen gern helfen, sich nicht zu ängstigen. Sie wirken schrecklich verängstigt.«
    »Wären Sie nicht verängstigt, wenn Sie die Stimme der Terroristen in Ihrem Kopf gehört hätten, ein paar Sekunden bevor La Défense in die Luft flog?«
    »Und was sagten Ihnen diese Stimmen? Sagten sie, Sie sollten die Bomben legen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Aber nein. Absolut nicht. Ich verstehe sehr gut, worauf Sie hinauswollen. Sie unterstellen, dass vielleicht ich die Bomben gelegt habe, in dem Fall wäre ich wirklich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, und zack haben Sie mich los und können mich einweisen

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