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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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Adern gefrieren. Es war François de Telême.
    »Was … was wollen Sie?«, stotterte ich verblüfft.
    »Vigo, Sie müssen mit diesem Quatsch aufhören. Wissen Sie, wir wollen Ihnen helfen.«
    In diesem Augenblick wurde mir bewusst, dass ich ihn hasste. Ich hasste den Mann, der einst der Einzige gewesen war, den ich als einen Freund betrachtet hatte.
    »Wer ist wir?«, rief ich aufgebracht.
    »Ich … bin hier bei Doktor Guillaume.«
    Ich glaubte, mich verhört zu haben. Doktor Guillaume? Er lebte? Und er war bei Telême? Das war eine Falle. Eine neue Falle, die dieser Verräter mir gestellt hatte.
    »Vigo, wir machen uns große Sorgen um Sie.«
    »Ich glaube Ihnen nicht. Ich glaube Ihnen keine Sekunde. Doktor Guillaume ist tot.«
    »Nein, Vigo, Sie irren sich. Er steht hier neben mir. Und er macht sich genauso viele Sorgen um Sie wie ich. Warten Sie, ich gebe ihm den Hörer.«
    Meine Finger umklammerten das Handy.
    »Vigo? Hören Sie mich?«
    Kein Zweifel. Es war die Stimme meines Psychiaters. Ich glaubte, ich würde in Ohnmacht fallen.
    »Doktor? Aber … aber … Ich verstehe nicht …«
    »Vigo, Sie erleben gerade eine schwere Krise paranoider Schizophrenie. Sie müssen unbedingt unter Beobachtung stehen. Ihr Chef hat recht: Ich mache mir ernsthaft Sorgen um Sie.«
    »Aber … das Attentat. Ich dachte, Sie seien tot.«
    »Nein, wie durch ein Wunder habe ich überlebt. Wie Sie, Vigo. Ich war an jenem Morgen zu spät dran, und das hat mir das Leben gerettet. Sie stehen unter Schock. Und das ist völlig verständlich. Aber Sie dürfen sich nicht weiterhin gehenlassen. Vigo, Sie müssen unbedingt zu mir kommen. Sie müssen Ihre Behandlung wiederaufnehmen. Sie brauchen Hilfe.«
    »Aber … aber was haben Sie mit Telême zu tun?«
    »Nun, ich habe ihn aufgesucht, weil ich Sie nicht gefunden habe. Ich kenne ihn schon eine Ewigkeit, ich habe ihn Ihnen vorgestellt, erinnern Sie sich nicht? Ich dachte, er könnte wissen, wo Sie sind. Wo sind Sie denn, Vigo? Alle suchen Sie. Und Ihre Flucht neulich Abend war doch lächerlich. Monsieur de Telême wollte Ihnen nur helfen.«
    »Und meine Eltern?«
    Es herrschte Schweigen. Ein bisschen zu lange.
    »Ihre Eltern? Sie sind auf dem Laufenden. Auch sie machen sich große Sorgen. Sie geben ihnen aber auch allen Anlass dazu.«
    »Aber wo sind sie?«
    »Zu Hause …«
    »Das stimmt nicht!«, rief ich wütend. »Das ist alles nur ein Lügengewebe. Sie haben mich pausenlos belogen. Meine Eltern sind nicht zu Hause. Ich war dort. Sie sind nicht nur nicht zu Hause, jemand hat auch die Schlösser ausgewechselt.«
    Erneut herrschte Schweigen. Im Hintergrund hörte ich Flüstern. »Hören Sie, Vigo«, fuhr der Psychiater in väterlichem Ton fort. »Sie stehen unter Schock, und ohne Ihre Medikamente werden Ihre Halluzinationen immer stärker. Wissen Sie, was Sie gerade gesagt haben? Die Schlösser seien ausgetauscht. Vigo, Sie wissen genau, dass Sie einen Anfall von Paranoia haben. Und ich sage Ihnen, nach allem, was Sie durchgemacht haben, ist das völlig normal. Aber Sie können nicht in diesem Zustand bleiben, denn er wird sich verschlimmern. Kommen Sie so schnell wie möglich zu mir, ich muss Sie behandeln. Sagen Sie mir, wo Sie sind, und ich hole Sie sofort ab.«
    »Ganz bestimmt nicht. Halten Sie mich wirklich für so dumm? Ihre Praxis existiert nicht mehr. Meine Eltern stehen nicht im Telefonbuch. Ich bin nicht verrückt. Ich habe keinerlei Halluzination, verstehen Sie? Keine. Sie sind verrückt. Und ich lasse mich nicht mehr manipulieren.«
    »Vigo, sagen Sie mir, wo Sie sind, ich hole Sie auf der Stelle ab. Ihr Zustand wird sich verschlimmern, und ich bin laut Gesetz für Ihre psychiatrische Behandlung verantwortlich. Seien Sie vernünftig. Sagen Sie mir endlich, wo Sie sind.«
    »Scheren Sie sich zum Teufel!«
    »Vigo, zwingen Sie mich nicht, eine Zwangseinweisung zu veranlassen. Sagen Sie mir einfach, wo Sie sind, und alles wird gut.«
    »Sind Sie taub? Ich habe gesagt: Scheren Sie sich zum Teufel.«
    Und ich unterbrach die Verbindung.
45.
    Moleskin-Notizbuch,
Anmerkung Nr. 157: das Jahr 1988
    Ich weiß nicht, ob das wirklich etwas bringt, aber ich habe beschlossen, auf gut Glück einige Ereignisse des Jahres 1988 in Frankreich aufzuschreiben. Man kann ja nie wissen. Etwas könnte mich auf eine Spur führen.
    Andernfalls kann man das einfach meiner Besessenheit für Daten, meiner Arithmomanie, zuschreiben, wie Zenati, Psychologin, I. Stock links, sagte.
    4. März: Einweihung

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