Das kostbare Opfer
wir an zwei Hütten
vorbei. In beiden Fällen waren die Fensterläden geschlossen. Wir begegneten
keinem Menschen. »Die Gegend scheint wie ausgestorben zu sein«, meinte ich.
»Die Saison hat noch nicht
begonnen«, sagte Polnik. »Und wir sind außerdem mitten in der Woche. An den
Wochenenden finden Sie ein paar Leute hier draußen, aber das ist um diese
Jahreszeit auch alles.«
»Haben Sie Ihr Schießeisen
dabei?« fragte ich ihn.
»Klar«, sagte er. Dann
überlegte er. »Glauben Sie, daß wir es brauchen werden?«
»Schon möglich«, sagte ich,
»falls Vince in der Hütte ist.«
Der Pfad schwenkte vom Seeufer
ab und zog sich durch Bäume dahin. Nachdem wir weitere fünfzig Meter gegangen
waren, erblickten wir die Hütte. Polnik packte mich am Arm. »Das ist sie,
Leutnant. Ich bin vorhin nicht zu nahe herangegangen, um nicht zu riskieren,
von ihr gesehen zu werden.«
»Okay.«
»Was tun wir jetzt, Leutnant?«
»Wir sehen nach, was los ist«,
sagte ich.
Ich zog den 38er aus der
Schulterhalfter und entsicherte ihn.
»Sie gehen hinter das Haus.
Halten Sie sich im Schutz der Bäume. Ich lasse Ihnen zwei Minuten Zeit, dann
gehe ich hinein. Wenn Sie mich hineingehen hören, kommen Sie durch die
Hintertür. Alles klar?«
»Klar, Leutnant.« Er grinste.
»Wir machen wegen einer süßen kleinen Blondine ziemlich viele Umstände, wie?«
»Sie vergessen, daß sie sich in
Gesellschaft von Malone befinden könnte«, sagte ich.
In seinem Gesicht zeigte sich
Ernüchterung. »Ja, daran hatte ich einen Augenblick lang nicht gedacht.«
Vorsichtig huschte Polnik
zwischen den Bäumen dahin, und ich beobachtete ihn, bis ich ihn aus den Augen
verlor. Eine Gruppe von Bäumen, die zwischen meinem Standort und der Hütte
wuchsen, gewährte mir Schutz.
Ohne ein Fernglas konnte mich
niemand von der Hütte aus sehen, und es schien mir nicht wahrscheinlich, daß
sie eines benutzten.
Die zwei Minuten erschienen mir
endlos. Als es meinem Sekundenzeiger nach so weit war, näherte ich mich im
Schutz der Bäume der Hütte so weit wie möglich. Wenn man sich anschickt, in
einen Raum hineinzuplatzen, in dem möglicherweise jemand mit einer Waffe auf einen
wartet, denkt man nicht lange nach. Wenn man es trotzdem tut, kann man als
Polizist abdanken und sich nach einem Job als Parkwächter umsehen.
Ich drückte die Klinke nieder
und stieß die Tür mit solcher Wucht nach innen, daß sie gegen die Wand krachte
und jeden, der hinter der Tür auf mich lauerte, unschädlich gemacht haben
würde. Mit einem Riesensatz stand ich in der Hütte.
Drei überraschte Gesichter
starrten mich an. Vince Malone stieß einen kurzen Fluch aus. Gleichzeitig
verschwand seine Hand in der Tasche und kam mit einer Pistole wieder zum
Vorschein. Ich hielt mich nicht mit der Beobachtung auf, wen er damit
erschießen wollte. Ich drückte auf den Abzug des 38ers, und die Kugel erwischte
den Ex-Zuchthäusler in der Schulter und warf ihn aus dem Gleichgewicht.
Ich hatte keine Zeit,
gleichzeitig auch die beiden anderen im Auge zu behalten. Im nächsten
Augenblick sauste eine Handtasche auf mein Handgelenk herab, und der Revolver
wurde mir aus der Hand geschlagen und fiel auf den Boden. Malone fand sein Gleichgewicht
wieder. Die Pistole in seiner Hand beschrieb einen engen Bogen, bis sie genau
auf meinen Bauch zielte. »Das ist speziell für dich, Polyp!« fauchte er.
Mir blieb nichts anderes übrig,
als ein Stoßgebet zum Himmel zu schicken, und auch dafür schien es mir ziemlich
spät. Ich sah, wie sich sein Finger um den Abzug spannte und wünschte,
Immobilienmakler zu sein, der Hütten vermietete, anstatt in ihnen zu sterben.
Zwei Schüsse ertönten kurz
hintereinander, Malone bäumte sich nach hinten, die Pistole entfiel seiner
Hand. Er stieß einen schwachen Schrei aus, dann gaben seine Beine nach und er
stürzte zu Boden. Ich sah Polnik, der hinter ihm stand, den Revolver in der
mächtigen Faust. »Sergeant«, sagte ich aufrichtig. »Ich liebe Sie.«
»Es war mir ein Vergnügen,
Leutnant«, strahlte er mich an. »Ich hätte schon eher da sein sollen, aber die
Hintertür klemmte, und ich mußte sie erst auftreten.«
»Sie brauchen sich nicht zu
entschuldigen«, sagte ich. »Sie kamen gerade zur richtigen Zeit.«
Edna Bright, die Inkassoermittlerin,
sank neben Malone auf die Knie und begann, hemmungslos zu schluchzen. »Er ist
tot«, stöhnte sie. »Sie haben ihn getötet!«
»Lady«, sagte Polnik ernst,
»genau das war nicht zu ändern.«
Das dritte
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