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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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gehen.
    Kunckel bemerkte die Enttäuschung der jungen Frau, aber sosehr er wollte, er konnte ihr nichts versprechen. »Habt Ihr für die Nacht ein Quartier?«, fragte er also.
    Annalena schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin es allerdings gewohnt, die Nacht draußen zu verbringen.«
    »Das braucht Ihr nicht«, gab Kunckel zurück. »Ich werde Euch für diese Nacht ein Quartier in meinem Haus geben, wenn Ihr wollt. Wie Ihr gesehen habt, ist dieses Anwesen groß, ich hätte sogar genug Platz, um Euch eine Weile hier aufzunehmen.«
    Annalena spielte schon mit dem Gedanken, das Angebot auszuschlagen, denn sie wollte Kunckels Aufbruch nicht im Wege sein. »Wann wollt Ihr losreisen, um Johann zu helfen?«
    Kunckel schmunzelte. »Keine Sorge, meine Abreise soll nicht von Eurem Aufenthalt hier abhängig sein. Und außerdem ist es mir ein Vergnügen, die Freundin eines Mannes zu beherbergen, den ich wie einen Sohn schätze. Also, wie steht es?«
    Annalena dachte nach. Heute war es schon spät und sie wollte morgen nach dem Jungen schauen, den sie unter dem Wagen hervorgeholt hatte. »Ich nehme Euer Angebot gern an«, sagte sie schließlich. »Allerdings nur für eine Nacht. Ich werde am kommenden Morgen in Dresden erwartet.«
    »Oho, Ihr werdet erwartet! Sollte sich unser Johann vielleicht Sorgen machen?«
    Annalena bekam rote Ohren. Die ständigen Anspielungen waren ihr unangenehm. »Ich möchte nur nach einem verletzten Kind schauen, weiter nichts.«
    »Ein verletztes Kind?«
    Annalena deutete auf die Blutflecken. »Als ich über einen Marktplatz in Dresden geritten bin, habe ich beobachtet, wie zwei Kutschen aneinandergeraten sind. Ein Kind war dazwischengekommen, ich habe es unter den Wagen hervorgeholt.«
    »Dann seid Ihr ja eine Heldin! Dabei fällt mir ein, Ihr habt mir immer noch nicht Euren Namen genannt.«
    »Annalena«, antwortete sie und senkte ein wenig verlegen den Kopf. »Mein Name ist Annalena Habrecht.«
    »Ein guter Name«, entgegnete Kunckel und nahm den Brief dann wieder auf. Er faltete ihn sorgsam zusammen und ließ ihn in seinem Hemdsärmel verschwinden. »Unverwechselbar, genau wie Ihr.« Er lächelte, kam mit einer einladenden Geste auf sie zu und legte ihr schließlich die Hand auf die Schulter. Der Geruch nach Chemikalien, wie Johann sie nannte, wurde durch seine Nähe stärker, darunter mischten sich die Ausdünstungen seines Schweißes. Diese waren Annalena genauso unangenehm wie seine Berührung, aber sie ließ sie über sich ergehen. Für Johann, dachte sie. Ich darf um keinen Preis die Hilfe dieses Mannes aufs Spiel setzen.
    Als sie das Jagdzimmer verlassen hatten, löste er sich auch schon wieder von ihr. Offenbar wusste er genau, wo die Grenzen des Schicklichen lagen.
    »Martin!«, rief er nach seinem Diener, der sogleich dienstbeflissen herbeigeeilt kam. »Richte Er ein Zimmer für die Dame her und begleite sie nach oben. Und dass Er dafür sorgt, dass sie keine Störungen zu erleiden hat.«
    »Sehr wohl, Herr«, entgegnete der Diener, und Annalena konnte ihm deutlich ansehen, dass er sich fragte, warum sein Herr solch ein zerlumptes Wesen wie sie in ihrem Haus aufnahm. Doch er wagte nicht, den Befehl in Frage zu stellen. Also verneigte er sich vor seinem Herrn und ging dann zur Treppe.
    »Ihr seid doch sicher nicht zu Fuß hierhergekommen, nicht wahr?«, fragte Kunckel und Annalena verneinte. »Nein, auf einem Pferd.«
    »Dann werde ich Martin auftragen, sich darum zu kümmern. Und wenn Ihr einen Wunsch habt, scheut nicht, ihn meinen Dienern mitzuteilen.«
    Annalena nickte, doch sie wusste, dass sie die Dienste der beiden Männer nicht in Anspruch nehmen würde. Wer war sie denn, dass sie Diener befehligen konnte? Sie würde sich über das weiche Bett freuen und im Morgengrauen zurück nach Dresden reiten. Sie bedankte sich bei Kunckel und folgte dem Diener dann nach oben, wo sie tatsächlich ein gemütlich eingerichtetes Zimmer erwartete.

    Friedrich August III., herrschender Spross des Hauses Wettin, Kurfürst von Sachsen und seit einigen Jahren auch König von Polen, betrachtete sich in dem goldgerahmten Spiegel seines Schlafzimmers. Sein Schneider, ein Mann mit grauer Perücke und tadellosem, wenngleich einfachem Rock, zupfte an seinem Habit herum, richtete dort eine Spitze, glättete da eine Falte und rückte an einigen Stellen ein paar Zierschleifen zurecht.
    »Niemand wird bestreiten können, dass Seine Majestät eine stattliche Erscheinung abgibt«, schmeichelte er ihm dann, und

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