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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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erteilen.«
    Johann ließ sich mitziehen, und wenig später verschwanden sie in einer kleinen Seitenstraße. »Ich muss dich warnen«, sagte er nach einer Weile. »Die wenigsten Leute wagen sich in die Nähe der Fronerei, schon gar nicht bei Nacht. Man sagt, dass es dort spuken soll. Die Seelen derer, die der Henker gerichtet hat, gehen dort angeblich um.«
    Annalena hatte für diese Geschichte nur ein müdes Lächeln übrig. Als Kind hatte sie immer gehofft, dass sich die Geister zeigen würden, doch gesehen hatte sie nie einen. »Ich habe weder Angst vor dem Henker noch vor vermeintlichen Hexen. Sie alle haben rotes Blut in den Adern wie wir auch.«
    »Du erstaunst mich wirklich, Jungfer Annalena. Ich habe noch nie eine Frau gesehen, die bei der Erwähnung des Henkers so ruhig blieb.« Johann griff nach ihrem Arm und befühlte die Haut. »Nicht mal Gänsehaut ist zu fühlen.«
    »Warum sollte ich Gänsehaut haben, es ist doch nicht kalt«, entgegnete Annalena prompt. »Und was die Froner angeht, ich …« Sie stockte nur für einen winzigen Moment. »… habe einmal einen kennengelernt, der recht nett war. Wenn man kein Verbrechen begeht, braucht man auch keine Angst vor dem Richtschwert zu haben.«
    Wenn du wüsstest, dachte sie . Ich habe schon mehr gesehen, als du glaubst. Und mehr gespürt. Um mir Angst zu machen, braucht es andere Dinge als einen Henker und eine Hexe.
    »Die Gerechtigkeit ist manchmal eine seltsame Sache«, entgegnete Johann, und etwas in seiner Stimme änderte sich plötzlich. »Manchmal trifft sie auch Leute, die nur die besten Absichten haben.«
    Annalena bemerkte, dass sein Blick nun ein wenig entrückt wirkte.
    »Hier«, sagte Johann plötzlich, als hätte er gerade eine seltsame Vision verjagt. »Ich hab was für dich.« Er vergrub seine Hand in der Hosentasche und reichte ihr dann einen Gegenstand.
    Im Dunkeln konnte sie nicht viel erkennen, aber Annalena spürte, dass es sich um einen kleinen, spitz zulaufenden Brocken Metall handelte. »Was ist das?«, fragte sie, während sie das kleine Stück befühlte.
    »Gold«, antwortete Johann ohne Umschweife. »Pures Gold. Ursprünglich eine Münze, der Forschung halber zusammengeschmolzen. Aber schon bald werde ich in der Lage sein, dir einen Regulus künstlichen Goldes in die Hand zu legen. Vielleicht sogar einen großen Batzen, der dich zu einer Königin macht.«
    Annalena überhörte das liebenswerte und gleichwohl unmögliche Versprechen und fragte stattdessen: »Du versuchst, Gold zu machen?«
    Johann nickte. »Ich versuche es nicht nur. Ich bin auf dem besten Wege zum Gelingen.«
    Annalena schüttelte ungläubig den Kopf. »Und wie willst du das anstellen?«
    »Ich habe einen Mann kennengelernt, der es mir beibringen wird, Lascarius ist sein Name. Hast du je von ihm gehört?«
    Annalena schüttelte den Kopf. »Dieser Name klingt, als gehöre er einem Wunderdoktor.«
    »Wunder vermag er auch zu vollbringen. Du wirst schon sehen. Nein, die ganze Welt wird es sehen!«
    Annalena gefiel der Unterton in seinen Worten nicht. Selbst wenn es der Wahrheit entsprach, dass man Gold machen konnte, warum sollte gerade er es können? Wo er doch einen Wunderheiler zum Lehrer hatte! Annalena hatte zu etlichen Gelegenheiten Wunderheiler kennengelernt, die nicht einmal die simpelsten Elixiere richtig brauen konnten. Ihr Vater hatte einen dieser Quacksalber ausgestäupt, weil er eine Frau auf dem Gewissen hatte.
    »Schon morgen werde ich es wagen«, fuhr Böttger fort, ohne die Zweifel in Annalenas Augen zu bemerken. »Und wenn es gelingt, werde ich bald einer der größten Männer der Stadt oder gar des Landes sein.«
    Annalena sagte darauf nichts. Sie ließ ihren Daumen noch einmal über den Regulus gleiten und gab ihn Böttger schließlich zurück.
    Ich glaube nicht, dass du das tun solltest, ging es ihr durch den Kopf, doch sie brachte die Worte nicht über die Lippen. Johann war viel zu sehr in seiner Euphorie gefangen, als dass er auf sie gehört hätte, das spürte sie.
    »Übrigens, dein Herr ist einer meiner Finanziers. Deshalb war ich bei euch. Er hat mir Geld vorgestreckt, damit ich meine Forschungen betreiben kann.«
    Jetzt blieb Annalena abrupt stehen. »Du machst Geschäfte mit Röber?«
    »Das klingt nicht, als hättest du eine hohe Meinung von dem Mann, bei dem du in Lohn und Brot stehst.«
    Wenn du gesehen hättest, was ich gesehen habe, hättest du das auch nicht, dachte sie, aber sie entschied sich für eine diplomatische Antwort: »Sag

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