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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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die Angst, die in seinem Inneren tobte, machen.
    Als sie nach draußen traten, stürmte ihnen Annalena gerade entgegen. Sie sah Böttger und Röber in vertrauter Geste und blieb wie angewurzelt stehen. Es ist, als würde das Schaf gerade mit dem Wolf spazieren gehen, kam es ihr in den Sinn . Oder besser noch, den Wolf auf sich reiten lassen. Die Geste des Krämers hatte eine einnehmende Vertraulichkeit an sich, die ihr nicht gefiel. Röber wirkte, als wollte er Johann Zuversicht einflößen, wo es keine gab. Und Johann sah ganz so aus, als betrachte er den Krämer als seinen einzigen Halt. Beides ließ Annalenas Mut augenblicklich sinken.
    »Was suchst du hier?«, fuhr Röber sie an. »Hast du in der Küche nichts zu tun?«
    »Doch, das habe ich, aber ich wollte Euch sagen, dass ich gehört habe, wie …«
    »Wenn du den Ausrufer meinst, das haben wir auch mitbekommen, immerhin sitzen wir nicht auf unseren Ohren. Und jetzt scher dich wieder an die Arbeit!«
    Annalena bedachte Röber mit einem Blick, in dem sich mehr von ihrer Wut spiegelte, als sie es eigentlich wollte, dann knickste sie und verschwand hinter dem Vorhang. In der Küche angekommen machte sie sich daran, das Feuer in der Esse zu entzünden, und bereitete dann einen Brotteig zu, den sie zornig mit ihren Fäusten traktierte.
    Nach dem Morgengebet öffnete Röber nicht wie üblich seinen Laden, sondern ließ seine Bediensteten und Johann in seinem Kabinett zusammenkommen. »Wie ihr sicher mitbekommen habt, hat es heute Morgen einen Aufruf von Seiten des Königs gegeben. Obwohl es mir fernliegt, zum Ungehorsam aufzuwiegeln, lege ich euch ans Herz, weiterhin Stillschweigen walten zu lassen. Ich weiß, dass tausend Taler sehr viel Geld sind, aber denkt daran, dass ihr mich und auch euch selbst in Misskredit bringt, wenn ihr Verrat übt. Unser Gast hat in unserem Haus Asyl gesucht, und wie in einem Haus Gottes soll er hier nicht angerührt werden. Wer gegen dieses Gebot verstößt, wird es empfindlich zu spüren bekommen. Habt ihr verstanden?«
    Während Annalena wie alle anderen nickte, ließ sie ihren Blick aus dem Augenwinkel über die anderen Anwesenden gleiten. Thomas blickte seinen Herrn mit einer unergründlichen Miene an, während er die Mütze in seiner Hand knetete. Bedeutete das Unruhe? War er sich im Stillen uneins darüber, was er tun wollte? Hildegard schaute unterwürfig drein, sie würde ihren Herrn ganz sicher nicht verraten. Paul wiederum setzte eine furchtbar eifrige Miene auf und versicherte Röber nach seiner Ansprache wortreich, dass er gewiss keinen, der zu Unrecht verfolgt wurde, verraten würde. Annalena durchschaute ihn allerdings. Er würde Johann nur deshalb nicht verraten, weil er sich Hoffnung machte, eines Tages das Kontor zu erben. Ohne Frau oder einen Nachkommen, würde Röber nichts weiter übrigbleiben, als sein Kontor einmal einem Fremden zu übergeben. Natürlich konnte sich daran noch etwas ändern, aber Paul hegte zweifelsohne Hoffnung, dass Röber ihn bedenken würde, und diese Chance wollte er sich natürlich nicht verspielen.
    Und sie selbst? Annalena würde gewiss nichts tun, um Röber zu gefallen. Aber sie würde um Johanns willen schweigen.
    Nachdem der Krämer glaubte, sich seiner Angestellten gewiss zu sein, schickte er alle wieder an die Arbeit und schloss die Tür auf. Kunden warteten draußen nicht, aber im Laufe des Tages würden sicher einige kommen.
    Annalena ging stumm ihrer Arbeit nach. Sie fühlte sich hilflos und wurde zunehmend verzweifelter. Die Ahnung, dass etwas Schlimmes passieren würde, verfestigte sich in ihr, doch sie wusste nicht, was sie tun sollte. Wenn sie Johann bei den Mahlzeiten begegnete, wollte sie ihn am liebsten anschreien, damit er endlich zur Vernunft kam und sich nicht weiter auf Röbers Gunst verließ. Damit er endlich mit ihr fortging. Doch sie brachte keinen Ton über die Lippen. Aber das Lächeln, mit dem er sie bedachte, erwiderte sie auch nicht. Stattdessen sandte sie ihm einen flehenden Blick, der allerdings nicht ausreichte, um ihn zu einem Gespräch zu bewegen.
    Sie hatte auch nicht die Gelegenheit, ihn länger allein anzutreffen. Röber saß neuerdings wie ein Zerberus im Kabinett und damit vor Johanns Tür und Hildegard bewachte sie, als ahnte sie etwas von der Verbindung zwischen ihnen. Annalena blieben also nur ihre Blicke und die Hoffnung, dass ihre dunklen Ahnungen nichts als Hirngespinste waren.

    Röber stand vor dem Fenster seines Schreibzimmers, und es schien,

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