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Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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Tagen ist dein Vater auf dem gleichen Fleck gestanden, und er ist recht sonderbar gewesen – ja und weißt du, wenn ein Mensch einmal ein wenig durcheinander ist und er kann net mehr vernünftig denken – dann kann er leicht etwas anstellen – oder sich selbst etwas antun.«
    Der junge Rankl öffnete den Mund und wollte schon sagen, daß er das von seinem Vater nicht glaube, aber als der Gruber sich ihm jetzt wieder zuwandte, schwieg er. »Du gehst jetzt zur Gendarmerie hinüber und meldest, daß dein Vater abgängig ist, und ich laß gleich einsagen. Müssen wir halt suchen.«
    »Ja«, nickte der Rankl, »und ich dank schön, Bürgermeister.«
    Als er schwerfällig aus der Stube ging, begegnete ihm der Gemeindediener. Auf der anderen Seite des Dorfplatzes, beim Dorfkramer, hatte die Gendarmerie zu ebener Erde einen Dienstraum. In diesem Zimmer saßen zwei junge Landgendarmen hinter ihren Schreibtischen.
    »Der Herr Rankl!« sagte der ältere, »Sie wünschen?«
    »Mein Vater ist abgängig, seit vorgestern, Herr Wachtmeister!«
    Der Wachtmeister Braun zog einen Bogen Papier heran und tat gemächlich: »So? Und was sollen wir da tun?«
    »Ich weiß es net, wenn Sie es net wissen«, meinte der Rankl bockig, »ich hab es halt gemeldet, und beim Bürgermeister war ich auch schon. Die Gemeinde will suchen lassen.«
    Dann begann der Wachtmeister sich Notizen zu machen und zu fragen, während sein Kollege mit großem Eifer im Ofen herumstocherte und heftig mit den Ofentüren klapperte, als ahnte er eine verdrießliche Beschäftigung.
    Was der Franz angeben konnte, war sehr wenig. Am Mittag war der Vater auf den Nothackerwaldacker gegangen, und als er beim Dunkelwerden noch nicht zurück war, hatte er Nachschau gehalten und nur die Schaufel und den Hut gefunden. Und der Vater ist einfach nimmer heimgekommen.
    Nachdenkend kaute der Gendarm an seinem Bleistift und sah zum Fenster hinaus. Mehr war fürs erste aus diesem jungen Mann wohl nicht herauszubringen.
    »Ist recht, Herr Rankl, ich komm einmal zu Ihnen hin auf nach Hintereben. Hoffentlich findet sich aber der Ranklhofer bis dahin selber wieder ein.«
    Dann stand der Franzi wieder auf dem Dorfplatz, unschlüssig, was er nun jetzt tun sollte. Da rief ihn der Bürgermeister noch einmal an und erwartete ihn vor seinem Haus.
    »Werden gleich die Leut beisammen sein. Bleib gleich da, kannst sie dann zum Suchen einteilen. Du kennst dich da oben am besten aus.«
    Aus dem Dorfe kamen inzwischen die Männer zusammen, teils Bauernsöhne und Knechte, aber auch halbwüchsige Burschen, denn Arbeit gab es auf den Höfen in dieser Frühwinterzeit nicht viel, und wenn man zu einer Hilfsaktion gerufen wurde, war es Ehrensache für jedes Haus und jeden Hof, mindestens eine Person abzustellen.
    Der Bürgermeister besprach sich mit ihnen, und sie beschlossen, in Gruppen von je drei Mann sternförmig auseinanderzugehen und den Wald um Hintereben bis hinüber über den Höhenzug abzusuchen, der gegen das Zellertal grenzte. Er selber hielt den Feuerwehrkommandanten, den Kramer, noch etwas zurück, während sich die Leute mit dem jungen Rankl entfernten.
    »Wir wollen warten, ob sie etwas finden, und ich mein, wir suchen derweilen droben beim Stegmüller im Mühlenwehr.«
    »Meinst, daß er sich etwas angetan hat?« überlegte der Kramer.
    »Wer kann das sagen«, gab der Gruber mit einem Schulterzucken zurück.
    Sie folgten dem Haufen, der sich bereits dem Waldrande bei der Schlucht näherte, durch die der Elenderbach aus dem Hochtal von Hintereben herunterkam, und sich dort nun in einzelne Gruppen teilte. Wo der Bach dem Dorf zustrebte, rauschte er in eine Mulde und wurde von einem Stauwehr aufgehalten. Ein Kanal führte dann das gebändigte Bergwasser über ein Mühlenrad. Einmal war dort die Stegmühle, heute aber beherbergte das kleine Mühlenhaus eine Werkstätte, in der der Stegmüller und seine Familie an Kreissägen und Drehbänken standen und Wäscheklammern, Kleiderbügel, Feilenhefte und andere Holzwaren herstellten. Alt und grau waren die niederen Gebäude und der Mörtel längst von den Außenmauern gefallen. Die hölzerne Radstube stand schief und vermoost, und über das Rauschen des Wassers kreischten die Kreissägen und rumpelten die eisernen Kammräder in den Wintermorgen. Als die beiden Männer in die lärmende Werkstätte traten, aus der ihnen eine staubige und warme, nach Holz riechende Luft entgegenschlug, wandte der Stegmüller sich ihnen zu. Ein älterer, gebückter

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