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Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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Film gezeigt. Ich könnt Ihnen die Karte besorgen.«
    »Möcht schon gern diesen Film sehen, aber von Hintereben geht Jahr und Tag niemand ins Kino, und allein freut es mich auch nicht.«
    »Dann darf ich Sie vielleicht am Sonntag abholen?«
    Sie lachte: »Das muß ich mir erst überlegen.«
    Die Hauserin kam dazu, und sie trennten sich.
    Die Schwaigertochter sah dem jungen und schneidigen Gendarmen noch nach und wandte sich dann mit einem trotzigen Zug um die vollen Lippen ins Haus zurück.
    In der stickigheißen Stube hatte inzwischen der Schwaiger unruhig auf das Gerede der beiden vor dem Haus gehorcht.
    Was sie nur noch zu reden hatten! Wahrscheinlich würde der Grüne das dumme Mädel ausfragen, ob sich nicht doch noch etwas finden ließe, um ihn, den angesehenen Schwaigerbauern, in diese Geschichte hineinzuziehen! Sein altes Herz klopfte wie wild.
    Ist einer oben gewesen – Teufel noch einmal – ist einer am Abend noch droben gewesen, sagt er – der Hetscher? – das muß ich wissen! Da hab ich keine Ruh, bis ich das net sicher weiß!
    Der Schweiß lief ihm in dicken Tropfen über das Gesicht.
    Am Abend dieses Tages, nachdem er stundenlang wortlos gelegen hatte, fragte er plötzlich die Barbara: »Haben wir noch genug Stallbesen?«
    Verwundert blickte sie auf. Wie kam der Vater jetzt auf eine so seltsame Frage?
    »Freilich, langen für diesen Winter leicht aus.«
    »Wenn sie aber doch net auslangen? Muß ich mich noch um alles kümmern, auch wenn ich hier lieg?«
    »Aber sie langen leicht!« Was er nur auf einmal mit den Stallbesen hatte! Sprach er im Fieber?
    »Hole nur morgen gleich den Hetscher, damit ich ihm sagen kann, daß er noch ein Dutzend binden soll.«
    »Aber Vater«, wollte sie ihn beruhigen, »das ist doch jetzt net wichtig! Wenn wir wirklich noch ein paar Besen brauchen, die hat der Hetscher später auch schnell gebunden.«
    Wütend fuhr der Kranke auf, und sein knöcheriger Arm, an dem nur noch die Sehnen sich strammten, drohte: »Den Hetscher holst du, sag ich! Oder ich hol ihn morgen selber!«
    »Aber Vater! Reg dich net auf! Soll ich dir einen Umschlag machen?«
    Keuchend war der Schwaiger wieder zurückgesunken.
    »Mach, daß du ins Bett kommst!« Und fast schreiend setzte er hinzu: »Schaut, daß ihr alle zwei ins Bett kommt! Ich möcht meine Ruh haben!«
    Die Barbara nahm ihr Strickzeug zusammen und verließ mit der Hauserin, die mißbilligend den Kopf schüttelte, die Stube.
     
    Durch die ersten Schneewehen stapfte am frühen Nachmittag gegen Hintereben der Pfarrer Kienleithner, ein großer und starker Mann, vom Alter schon ein wenig gebeugt, immer wieder stehenbleibend und verschnaufend. Zwanzig Jahre war er nun schon der Seelenhirte dieser Walddorfgemeinde mit ihren Sonderlingen und Einschichtigen, den Einfachen und Schwierigen, wie sie hier in das Leben wuchsen und wieder gingen. Er kannte sie mit ihren Sorgen und Nöten und in ihren bescheidenen Freuden. Sie waren ihm alle in ihrem Wesen schon so vertraut, daß er aus ihrem Lebensablauf ihr Schicksal lesen konnte wie in einem Buch. Hier lebte und starb der Arme arm und der Reiche reich, starb der Bauer von der Arbeit weg und die Waldbäuerin vom Hof. Solange die Füße sie trugen und die Hände zu arbeiten vermochten, blieben sie in einem gleichen Alltag. Das Alter ertrugen sie nur, wenn es ihnen noch etwas zu tun übrigließ. War ihre letzte Kraft verbraucht oder nahm eine Krankheit sie für längere Zeit von ihrem Tagewerk weg, dann wandten sie sich dem Abschied zu und lebten nicht mehr lange. So verging das Dasein der meisten Dörfler und Einöder. Oft einmal aber nahm es auch einen anderen Lauf, abgedrängt von der Schicksalslinie durch Haß und Neid oder auch vom unverschuldeten Unglück geschlagen.
    Dann suchten sie, die Gerechten und Ungerechten, die Verfolgten und die Verfolger, bei ihrem Pfarrer Rat oder Rechtfertigung ihres Tuns, trugen Schuld und Not in die Kirche, und er kannte sie: die einen, die sich ungebärdig auflehnten und glaubten, sich gegen das Geschick stemmen zu können, und die anderen, die geduldig ertrugen oder verzweifelten.
    War der Schicksalshammer wieder einmal niedergefallen und hatte diesmal den Ranklhof getroffen? Dann war es kaum von ungefähr gekommen, sondern hatte so kommen müssen, weil ungerechter Bauernzorn es so haben wollte.
    Eigentlich müßte es in so einem schönen Erdenwinkel, wie es dieses Hochtal von Hintereben war, nur Frieden und Eintracht geben.
    Ihm wurde warm bei diesem Anstieg,

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