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Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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er da hinüberkam? Ihm wurde schwindelig, und wenn er zur Höhe sah, wanderten die Lichter aus den Fenstern am Hang oben an ihm vorbei. Jähe Hitze lief ihm über den Rücken.
    Das Fieber kam. »War ihm schon gleich! Er mußte hinüber.
    »Wissen muß ich, wie ich dran bin!« knirschte er und setzte mit langen Schritten über das Brett. Drüben sank er in den Schnee und mühte sich vor Schmerzen stöhnend wieder in die Höhe.
    Der jähen Hitze folgte nun eine Kälte, die ihn schüttelte und ihm die Füße unter dem Leib wegziehen wollte.
    Mit aller Kraft werkte er den steil ansteigenden Hang hinauf und stolperte auf ein Häusel zu, das sein Dach auf der Rückseite in den Hang bohrte und vorne von dunkel ragenden Kirschbäumen umgeben war. Hinter einem zum Teil mit Pappe versehenen Fenster flackerte eine Kerze. Der Bauer mußte sich bücken, als er durch die niedere, schief hängende Haustüre eintrat und nach der Stubentür tastete, durch deren Ritzen der Lichtschein ihm entgegenleuchtete.
    Dann starrte er in das entsetzte Gesicht des Hetscher, der beim Ofen kauerte und sich die Füße mit alten Lumpen umwickelt hatte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht lehnte der Bauer sich an die Wand und verschnaufte. Da faßte sich der krüppelhafte Besenbinder, und kreischend hob er die Hände, hielt sie schützend über seinen Kopf.
    »Schwaiger, tu mir nix!«
    Als der Bauer sich nicht rührte, griff der Hetscher langsam nach einer Hacke, die neben ihm am Boden lag. In das Gesicht des Schwaiger quälte sich ein verzerrtes Lachen.
    »Was hast denn Narrisches, Hetscher? Ich tu dir nix! Möcht ja grad wissen, ob du meine Besen schon gebunden hast.«
    »Noch nicht«, stammelte der Binder, »noch nicht, Bauer, aber morgen gleich in aller Früh – ja, morgen fang ich gleich an – heut nacht noch – kann eh net schlafen ja – « Seine irrenden Augen suchten durch die Stube, als müßten sie sich nach einem Ausweg umsehen.
    »Warum stellst dich denn so verschreckt an?« heuchelte der Schwaiger und wankte zu dem einzigen Stuhl, der in der dumpfen Stube stand.
    »Bin net verschreckt!« beteuerte der Hetscher eifrig. »Bin gar net verschreckt, und gleich morgen mach ich die Besen, schöne Besen, das beste Reisig nehm ich her, und binden tu ich sie, daß sie taugen.« Er kicherte krampfhaft. »Ja, ja!« beteuerte er noch einmal und sah angstgrau auf den Bauern, dessen brennende Augen ihn nicht losließen.
    Eine »Weile war es still in der niederen Stube. Der Schwaiger sah sich im flackernden Kerzenschein um, als wollte er sich vergewissern, daß niemand weiter in dem Raum war. Ein Teil des Fußbodens war verfault und verrottet und die dadurch entstandenen Löcher mit Erde ausgefüllt. Der Kalk war größtenteils von den Wänden gebröckelt, und die grauen Feldsteine, aus denen die Mauern gebaut waren, glänzten feucht. Unter der schadhaften Decke hingen die Spinnweben, und grauer, schimmeliger Belag fleckte die Wand der Ofenseite. Grünfleckig schien darauf Moos zu wachsen. Außer dem Stuhl, auf dem der Bauer saß, war in der Stube nur noch ein wackliger Tisch und eine aus rohen Brettern schief zusammengenagelte Liegestatt mit einer Schütte dunklem Stroh. In der Ecke lag ein Haufen Birkenreisig, und es roch nach faulendem Holz und beizendem Rauch.
    Dann blieben die bohrenden Blicke der grauen Augen wieder auf dem Hetscher haften. Der Schwaiger rückte den Stuhl enger an ihn heran.
    »Sag einmal, Hetscher«, flüsterte er heiser, »bist du net an dem selbigen Abend – du weißt schon, was ich meine – im Nothackerwald oben gewesen?«
    Über das Gesicht des Alten lief wieder die Furcht. Er stotterte: »Bin lang schon nimmer droben gewesen – weiß nix – weiß wirklich net, was du meinst, Schwaiger!«
    Da rückte der Bauer den Stuhl ganz nahe heran und sah dem Besenbinder scharf in die ängstigen, blutunterlaufenen Augen. »Du bist oben gewesen, als der Rankl – «
    Da fuhr der Alte kreischend auf: »Ich weiß nix und sag nix!«
    Langsam griff die langfingerige, hagere Hand des Bauern nach ihm und faßte ihn an der Kehle. »Sag, was du weißt!« zischte er.
    »Hilfe!« gurgelte der Hetscher und tappte mit der Rechten nach dem Beil. Das aber war dem Schwaiger nicht entgangen, und er stieß mit dem Fuß die Hacke fort. Mitten in die Stube.
    »Bist droben gewesen?« Die Faust drückte zu.
    »Naa!« röchelte der Hetscher.
    »Weißt du gar nix?«
    »Ich weiß nix!«
    Da verließ auch den Schwaiger wieder die Kraft, und das Fieber schoß ihm

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