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Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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unguten Geister der Winternacht um das Haus trieb und sie jammern und heulen ließ. Die Ungewißheit um den Verbleib des Vaters lag auf dem Hof wie etwas Unheimliches, Schweres, das den alten hölzernen Bau zusammenzudrücken drohte. Es lauerte in den Stuben und Ställen, drohte aus dem Dunkel der Ecken und Winkel, und er konnte es der Kathl nicht übelnehmen, daß sie es nicht mehr aushielt und an Lichtmeß vom Hof gehen wollte. Wäre der Vater einfach an einer Krankheit gestorben und man hätte ihn zu Grabe getragen, wäre der große Schmerz heute schon überwunden, denn gehen muß jedes einmal von dieser Welt. So aber ging es der Mutter zu sehr zu Herzen. Sie wurde immer verschlossener und grüblerischer, und die hohe Gestalt beugte sich im Gram. Sie war alt geworden in diesen Wochen, und ihre Haare waren eisgrau.
    Kommen würde der Vater nimmer, das ahnten sie. Einmal würde man ihn vielleicht finden, im Sommer, wenn der Schnee weg war, droben irgendwo im Wald. Dann erst würde die Mutter zurückfinden ins Leben. Wenn sie die Gewißheit hatte.
    Dann war er der Ranklhofer!
    Sonst hätte er wohl noch alt werden können, bis der Vater den Hof übergeben hätte.
    Dann brauchte er eine Bäuerin! Wird aber die Mutter schon noch alleine weiterwerken. Eine neue Dirn, und zur Sommerarbeit konnte man schon Helfer auftreiben. Überhaupt wird die Mutter nicht allein in den Austrag ins Beihäusel hinüber wollen. Da hatte es noch Zeit mit einer Bäuerin. Konnten sich ja ins Beihäusel einen Häuselmann nehmen, der zur Arbeit auf dem Hof stand.
    Das hatte noch Zeit mit einer Bäuerin – Tät er sich eine wissen?
    Vielleicht! Gar nicht weit! Und gerade in der letzten Zeit hatte er öfter daran gedacht.
    An die Barbara.
    Aber da hatte sich eine Kluft aufgetan zwischen den beiden Nachbarn. Nicht allein wegen dem Streit um den Feldrain am Nothackerwald, auch sonst schien da etwas zu sein, was man nicht beschreiben konnte. Bildete er sich das nur ein?
    Er hatte die Schwaigertochter nicht mehr gesprochen seit dem Tag, da er sie bis zur Mühle hatte aufsitzen lassen. Dem Tag, an dem der Vater nicht mehr kam.
    Und beim Nachbarn war auch etwas los. Entweder war der Schwaiger noch nicht genesen von dem Huftritt, den sein Gaul ihm angehängt hatte, oder die Barbara mied absichtlich jede Begegnung mit ihm, weil es der Zorn des Alten so wollte.
    Konnte ihm gleich sein.
    Aber nötig wäre es nicht. Mußten sie sich denn auch feindselig ausweichen, weil die Alten einen Streit hatten? Er war nicht geraten wie sein Vater, sondern in die Art der Mutter geschlagen, die mit allen Frieden haben wollte.
    Wenn man so nachdachte, dann wäre das schon etwas: die Bärbel als Ranklhoferin. Sie, die Einzige vom Schwaiger, und er, der Einzige vom Rankl. Grad, als wenn es so sein müßte, daß sie zwei zusammenkämen und daraus der größte Besitz in der ganzen Gemeinde sich ergab.
    Schien aber so, als tat sich schon ein anderer mächtig um, der Braun, der Gendarm. Eine Uniform und ein Beamtenpösterl waren halt für eine Dirn aus dem Dorf immer noch das erstrebenswerteste. Höchstens ein Schullehrer konnte da noch mitreden.
    Immer bekam die Barbara einen roten Kopf, wenn sie bei dem Gendarmen stand und der junge Rankl daherkam. Und der Braun kam anscheinend auch gern auf den Schwaigerhof. Zweimal war er schon dort in ganz kurzer Zeit. Da mußte halt der verschwundene Ranklbauer herhalten, damit der Grüne einen Vorwand hatte, um auf dem Schwaigerhof wieder einmal Besuch zu machen und der Barbara schön zu tun.
    Ja freilich! Der Schwaiger, der große und angesehene Schwaiger, dessen Bauernhof und Waldbesitz zweimal so groß war wie der des Ranklhofer, konnte seiner Tochter schon so viel mitgeben, daß es auch einem Gendarmen passen konnte! Einen schönen Hof, Wiesen, Felder und Wald, und alles gut beisammen! Wenn das ein feiner Schwieger einmal zu Geld machte, dann war er ein reicher Mann.
    Was aber ging das ihn an, ihn, den jungen Rankl? Gar nichts! Höchstens, daß man dem Braun einmal ein Bein stellen konnte und den Schwaigern zeigte, daß man nicht auf sie wartete.
    Er blies die Lampe aus und tastete im Finstern aus der Stube, die Stiege hinauf in seine Kammer.
    »Und was soll jetzt geschehen? Getan muß etwas werden«, sagte der Gruber zum Wachtmeister Braun, der vor ihm in der Gemeindekanzlei stand und nur die Schultern zuckte. »Haben Sie denn gar keinen Anhaltspunkt?«
    »Herr Bürgermeister, ich tappe im Dunkeln wie das ganze Dorf und werde, wenn

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