Das Kreuz am Acker
Ranklhofer – «
Da unterbrach den Gendarmen die angstkreischende Stimme des Alten:
»Ich weiß nix, ich sag nix!«
Immer wieder versuchte Braun aus dem Besenbinder etwas herauszubringen, aber weder auf gütiges Zureden noch auf die Drohung mit dem Gefängnis erhielt er eine andere Antwort als das wimmernde: »Ich weiß nix!«
Da ging dem Hauptwachtmeister die Geduld aus. Er trat ganz nahe an den Alten heran und knirschte: »Sie Trottel, Sie Verrückter! Wenn Sie mir jetzt keine anständige Antwort geben – «
Da fuhr die Hand des Hetscher zur Seite und ergriff das Beil.
»Mensch, bist du ganz verrückt!« entfuhr es Braun, und mit einem Schlag auf den erhobenen Arm des Alten und einem raschen Griff bemächtigte er sich des Beiles. »Bist du immer so schnell bei der Hand mit der Hacke?«
»Ich weiß nix!« knurrte der Hetscher nun böse.
Überlegend betrachtete Braun die kleine Hacke: »Das Ding nehme ich einmal mit.« Dann verließ er das armselige Häusel.
Es fiel schon die Dunkelheit ein, und drüben, auf der anderen Hangseite, glühten die Lichter aus dem Ranklhof und dem Schwaigerhof.
»Das ist ein Närrischer, der sich an nichts mehr erinnern kann.« Es ging auf Weihnachten zu, und der Schnee häufte sich in Hintereben. Er lag wie ein dichtes Bettuch auf den Wiesen und Feldern und hing in schweren Lasten an den Bäumen im Wald ringsum. Der Wind trug ihn zu hohen Wehen zusammen, die wie Dünen vom Wald herniederliefen und die ausgeschaufelten Wege wieder zudeckten. Die Nächte wurden still und lang.
Einmal schlug gegen Mitternacht im Ranklhof der Hund an, bellte und winselte, und draußen klopfte jemand an die Haustüre.
Die Ranklin fuhr aus dem Schlaf, und als sie sich schnell ankleidete und in die Flötz ging, um nachzusehen, wer vor dem Haus sei, war auch der Franz schon dort.
Draußen stand huschelnd und verhärmt das Rothkopfdirndl. Sie ließen es schnell in die warme Stube. Zitternd vor Kälte hielt die etwa Zwanzigjährige einen wollenen Schal um Kopf und Schultern, und über das blasse Gesicht mit den dunkelbraunen Augen rannen die Tränen.
Nur unter Schluchzen brachte sie die Bitte heraus, es möchte doch jemand so gut sein und den Pfarrer holen. Die Mutter habe ihn verlangt, sie sei im Sterben.
Sofort schlüpfte der Franz in die Kleider und machte sich auf den Weg. Die Ranklhoferin weckte die Kathl und ging dann mit dem Dirndl, um der alten Rothkopfin beizustehen in ihrer letzten Stund, wenn man überhaupt noch etwas für das arme Weib tun konnte.
Noch in der Nacht schloß die Häuslerin die Augen, und der Rankl geleitete den Pfarrer zurück ins Dorf.
»Tut für die Agatha etwas, ich weiß kein besseres Dirndl in der Pfarrei«, sagte er.
»Werd es der Mutter sagen«, verabschiedete sich der junge Rankl.
An dem Tag, auf den der Heilige Abend fiel, wurde die Rothkopfin im Dorffriedhof begraben. Es war ein einfaches Begräbnis, und vergeblich wartete der Wirt auf die Gäste zum Leichentrunk. Wer sollte ihn auch bezahlen! An den Häuslerleuten im Wald war im Leben und im Tod nicht viel zu verdienen.
Auf dem Heimweg meinte der Franz zu seiner Mutter:
»Wir brauchen eine Dirn, wenn die Kathl auf Lichtmeß geht. Könnt sein, daß die Agatha sich verdingen möchte. Was will sie alleine in dem Häusel! Ist ein braves Dirndl, hat der Pfarrer gesagt.«
»Wenn sie will, wär es mir gar nicht zuwider«, meinte die Ranklhoferin.
Und als sie eine Weile schweigend weitergegangen waren, hub der junge Bauer wieder an:
»Mutter, eigentlich könnten wir die Agatha heute abend zu uns kommen lassen! Die sollt doch den Heiligen Abend nicht allein verbringen müssen, so kurz nach dem Tod ihrer Mutter!«
Ein prüfender Blick streifte ihn, und dann entschied die Ranklin kurz: »Kannst ihr’s ja sagen!«
Ein heller Schein war dabei über das strenge Gesicht der Bäuerin gelaufen, und er hatte es gesehen, wie ein Schmunzeln. Darüber wurde er eifrig.
»Dann wart ich auf sie und bring sie gleich mit.«
Er blieb zurück.
Die Hauserin vom Schwaigerhof und die Barbara gingen vorbei, und ein fragender Blick der Schwaigertochter streifte kurz den Franz. Ein leichtes Nicken nur war ihr Gruß. Er griff an den Hut und sagte auch kein Wort. Die Hauserin übersah ihn völlig und meinte wohl, daß bei der Feindschaft zwischen den beiden Höfen das Abhängigkeitsverhältnis zum Schwaiger ihr verböte, den jungen Rankl anzusehen oder gar zu grüßen.
Das Gesicht des jungen Mannes verfinsterte sich, und er sah
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