Das Kreuz am Acker
einmal kommen, Leni«, fing er an und sah zu Boden. »Ist net grad, weil mich das Gewissen drücken tat, aber ich bin ein Christenmensch und möcht meinen Frieden haben mit meinem Herrgott und mit den Nachbarn. Und da mein ich, ich muß mit dir einmal reden. Es ist da ein Unglück über euch kommen, und wenn man ein rechter Nachbar sein will, muß man wissen, was man zu tun hat.«
Immer noch gespannt wartend, ließ sie ihn weiterreden.
»Denkst dir, daß mir das erst spät eingefallen ist, aber mich hat das Fieber selber halb umgebracht. Und daß ich jetzt komm, wo doch eine Feindschaft zwischen uns gewesen ist? Die Feindschaft hätt net sein brauchen. Mit deinem Mann hat man nicht reden können, und jetzt möcht ich einmal mit dir reden.«
Er schwieg, und als sie immer noch nichts sagte, fuhr er fort:
»Ich möcht das mit dem Streit aus der Welt geschafft haben.« Stockend sprach er, als kämen ihn die Worte hart an. »Das möcht ich so tun, daß ihr damit zufrieden sein sollt. Und damit ich gleich sag, wie ich mir das denk: Gib mir den Acker droben am Nothackerwald, und ich geb dir meinen Seugenacker drunten am Bach, der an eure Wiesen grenzt. Ist ein Tausch, so ungleich, daß ihr nicht ausgeschmiert seid.«
Das Gesicht der Ranklhoferin entspannte sich.
»Ist ganz schön von dir, Schwaiger, daß du die Sach aus der Welt schaffen willst, aber ehvor net mein Mann – und wenn der nicht mehr kommen sollt, mein Bub – dazu etwas gesagt hat, möcht ich nix abmachen.«
Da hob der Bauer den Kopf und sah die Nachbarin an: »Freilich, hast recht, das soll in Ruh überlegt werden.«
In der Kammer nebenan tobte der Harro, bellte, winselte und kratzte an der Türe. Der Schwaiger seufzte und ließ seine Blicke durch die Stube wandern.
»Hätt net sein müssen, diese Streitsache, glaub mir das, Leni. Ich hab deinen Mann net begreifen können. Hätt er gesagt, gib mir ein anderes Stückl für den Rain, wenn du schon den Kreuzstein haben willst, ich hätt ihm viel dafür gegeben. Aber er hat mit sich net reden lassen.«
»Ich weiß es, Nachbar, er ist ein harter Schädel gewesen, und ich hab dagegen nichts sagen dürfen. Ich trag dir nix nach, und ich will auch net, daß du deinen guten Acker weggibst. Wird auf andere Art auch zu machen sein, daß du dir den ganzen Feldrain zumessen lassen kannst.«
»Ach ja«, grübelte er, »wenn es gegangen war, wie ich schon einmal gemeint hab, dann war das eh keine Frage gewesen. Du hast einen Buben – ich hab ein einziges Dirndl – « Er sah sie gespannt an.
»Davon wollen wir jetzt net reden«, wehrte sie etwas schroff ab.
Da kehrten die Leute von der Kirche zurück, und draußen gingen der Franz, die Kathl und die Agatha über die Gred und traten in die Stube.
»Der Nachbar?« verwunderte sich der junge Rankl. »Grüß Gott!«
Schnell wandte sich die Ranklhoferin an die beiden Weibsleute.
»Könntest der Agatha ein Stückl altes Gewand geben, damit sie bei der Stallarbeit helfen kann.«
Als sie die Stube verlassen hatten, sagte sie zum Franz: »Der Nachbar möcht uns den Acker auf dem Steinfeld oben abtauschen.« Und der Schwaiger erläuterte noch einmal sein Angebot.
»Es liegt an der Mutter«, meinte der junge Bauer nach einigem Überlegen. »Aber ich bin der Ansicht, daß der Tausch net ganz recht ist. Wär grad, als wenn wir dir eine Katz für eine Kuh geben täten.«
Der Schwaiger lächelte müde.
»Grad so ist es auch net. Der Seugenacker liegt für mich net gut. Hab keine gute Fahrt hin, und der Waldacker wäre für mich besser.«
»Das können wir ja noch einmal ausreden«, sagte die Ranklin.
»Möcht es halt bald geregelt haben«, drang aber der Schwaiger darauf.
Unbehaglich blickte die Bäuerin von einem zum an deren. »Ich weiß net, was ich sagen soll. Wenn mein Mann – «
Dann preßte sie die schmalen Lippen aufeinander und wandte sich ab. Der Schwaiger aber ließ nicht locker, und ein leichtes Rot stieg in seine Schläfen.
»Wenigstens könnten wir es so machen, daß ich im Frühjahr gleich den Waldacker anbaue und ihr den Seugenacker. Notarisch kann man ja alles später machen.«
»Ich sag dir noch Bescheid.«
»Wennst sonst noch eine Hilfe brauchst – « bot der Nachbar an.
»Dank dir, aber wir schaffen es schon.«
»Oder sonst was fehlt – «
Sie schüttelte stumm den Kopf.
Da erhob sich der Schwaiger: »Wollt euch das alles halt gesagt haben, und es freut mich, daß ihr habt mit euch reden lassen.«
Im Gehen drehte er sich noch einmal
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