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Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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hineinriefen und fragten, ob ihm etwas fehle, fing er zu heulen an, laut und unartikuliert, wie ein geprügelter Hund, riß das Fenster auf und drohte: »Ich sag nix! Alle bring ich um! Geht mir keiner ins Haus!« Und heulte wieder, ein schreckliches Weinen, das den Leuten in der Heiligen Nacht einen Schauer über den Rücken jagte.
    »Laßt ihn«, meinte der Ödhofer, »der spinnt heut wieder einmal ganz laut.«
    Drüben beim Schwaiger brannte auch noch Licht. Der Bauer ging durch die Stube, den Gehstock schwer auf stoßend und vor sich hinredend. Die Weibsleute und der Knecht waren ins Dorf. Er hatte sie fortgeschickt und gesagt, daß er zum Haushüten genüge.
    In der Stubenecke stand auf einem Tischchen ein kleiner Christbaum und darunter, an dessen Stamm gelehnt, das Bild der Schwaigerin. Eine Weihnachtskrippe mit geschnitzten Figuren und einem wächsernen Christkind auf Stroh war auf einem Stuhl aufgebaut.
    Tief gebeugt blieb er vor dem Bäuml mit den gelöschten Lichtern stehen und sah auf das Bild seines früh verstorbenen Weibes.
    »Sei froh, Barbara, daß du das hast nimmer zu erleben brauchen«, murmelte er. »Ich weiß keinen Ausweg mehr. Wenn der Herrgott mir net hilft, dann wird unser Name in die Schande kommen, und ich kann nichts dafür. Du bist drüben in der anderen Welt und kannst herüberschauen. Du weißt es, daß ich nichts dafür kann und keine Schuld hab an dem, was über uns kommen ist.«
    Dann fing er seine ruhelose Wanderung wieder an und trat einmal vor die Haustüre, um in die erste der zwölf Rauhnächte hineinzuhorchen, was sie für Zeichen gebe.
    War das ein Hund, der drüben auf der anderen Talseite in die Nacht heulte? Nein!
    Unheimlich klang dieses Winseln und Jammern aus der Finsternis. Es war dem Schwaighofer gerade gegenüber.
    Der Hetscher!
    Und zwischen dem Heulen flatterten Fetzen von gebrüllten Worten.
    Da ging er in die Stube zurück und saß, aschgrau im Gesicht, auf dem Kanapee, saß noch so, als die Leute von der Mette zurückkamen.
    Er hörte, wie sich draußen jemand von der Barbara verabschiedete, und fragte dann die Eintretende, wer das gewesen sei. »Der Braun«, antwortete sie und schob die Oberlippe geringschätzig vor.
    »Was will der?«
    »Ach, der ist immer gleich da, wenn er mich irgendwo sieht, und einladen tut er mich auch immer, ich sollt einmal mit ihm ins Kino gehen.«
    Die Adern auf der Stirne des Bauern schwollen an. »Laß dich mit dem nicht zu oft sehen! Der will nichts Gutes von dir!«
    Betroffen stand die Barbara. Warum war der Vater so heftig?
    »Ich hab nichts mit ihm!« gab sie trotzig als Antwort und verließ die Stube, um ins Bett zu gehen.
    Der Schwaiger saß noch eine lange Zeit und überlegte.
     
    Am ersten Weihnachtsfeiertag war die Ranklhoferin schon in der Frühmesse im Pfarrdorf gewesen. Sie hatte die jungen Leute in das vormittägige Hochamt geschickt, indes sie den Mittagstisch bereiten wollte. Ruhig hantierte sie am Herd und sah nur hin und wieder aus dem Fenster in den hellen Wintertag. Die Sonne ließ die ganze Pracht des weißen Waldwinters aufleuchten, und die Eiszapfen, die vom Dach des Ranklhofes weitmächtig herunterhingen, glänzten silbern. Inmitten der Stube lag der Harro, und seine Augen folgten jeder Bewegung der Bäuerin.
    Bis er mit einem Male die Ohren spitzte, sich erhob und, die Vorderpfoten auf die Wandbank stellend, gegen das Fenster bellte.
    Sie sah aus dem Fenster, und erschrocken zuckte sie zurück. Über die Hofgred kam, schwer auf einen Stock gestützt, ein Mann. »Das ist doch der Nachbar!« flüsterte die Bäuerin ratlos.
    Wütend sprang der Hund gegen die Stubentür.
    »Kusch!« Sie faßte ihn am Halsband, und nur mit Mühe konnte sie ihn in die Kammer zerren.
    Schon klopfte es, und ein hartes »Herein« hieß den Schwaiger eintreten. Um Jahre gealtert, schlohweiß das Haupt, von dem er langsam den Hut zog, nach vorn gebeugt und auf den Stock sich schwer stützend, blieb er an der Türe stehen.
    »Grüß Gott, und Friede den Menschen auf Erden«, grüßte er heiser.
    »Die eines guten Willens sind«, vollendete die Ranklin den weihnachtlichen Gruß.
    »Wirst mich doch net ausschaffen?« fragte er. »Tät mir leid!«
    Die Arme eng an den Leib gezogen, stand sie mit verschlossenem Gesicht.
    »Was führt dich her, Schwaiger?«
    »Wär schon längst einmal da gewesen, aber wirst es ja erfahren haben, daß der Gaul mich bös zugerichtet hat.«
    Sie wies stumm auf den Stuhl, und ächzend nahm er Platz.
    »Mußt

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