Das Kreuz am Acker
Gewalt, als der Alte sich kurz umdrehte und sie scharf ansah. »Ich bin doch net unfreundlich gewesen? Und das mit dem Kinogehen hättest net zu sagen brauchen.«
»Bist mir aber noch vor etlichen Tagen in den Ohren gelegen wegen dem Kino!«
»Wenn ich gehen will, dann nehm ich die Hauserin mit!«
»Oder den Grünfinken, den Gendarmen?« Gleich aber lenkte er wieder ein und meinte begütigend: »Ist doch nicht so unrecht, der Franz, ein braver und strammer Bursch, oder?«
»Warum sagst du das?« Kampflustig stemmte sie die Arme in die Hüften.
Er begann wieder seine Wanderung. »Weil ich halt mein, daß er öfter kommen möcht…«
»Ach, was sollt er denn hier schon wollen?« tat sie abfällig und geringschätzig.
»Das kann ich mir schon denken! Bist ja net unsauber, und was das für eine Sache war, wenn die zwei Höfe zusammenkämen!« Seine Augen lauerten sie an, während sich der Mund im gequälten Lachen verzerrte.
»Wenn er das will, dann soll er bleiben, wo er ist!«
Da fiel das Lachen aus den Zügen des Bauern, und die starken Muskeln der Wangen wurden straff. Er schluckte. Wie ein gereizter Hund knurrte er: »Du traust dir viel zu sagen! Aber ich sag dir nur, daß mir die Geschichte net zuwider war!«
Eine Röte stieg ihr in die Wangen. »Was weiß ich! Er ist mir ja fremd geworden. Ich glaub, ich kann ihn ja gut leiden.« Heftiger fuhr sie fort: »Aber warum denn auf einmal? Die ganze Zeit ist man verfeindet gewesen, da hätt der Franzi net einmal in die Näh von unserem Hof kommen dürfen!«
»Die Feindschaft hat ein End! Es war dem alten Rankl seine Feindseligkeit gegen uns. Mit den anderen haben wir nichts!«
»Wenn aber die Sache mit dem Rankl – « Da horchte er auf und blieb wieder stehen. »Was für eine Sache?«
»Ich meine, solange sich nicht herausstellt, wo der Nachbar hingekommen ist – «
»Was hast denn du damit zu tun?« Wieder blieb er vor ihr stehen.
Sie wurde bleich und stammelte: »Vater, als du krank gewesen bist – im Fieber – da hast du etwas gesagt – «
Der Schwaiger zuckte zusammen, als hätte er einen Schlag erhalten. Die Knie knickten ihm ein. Er wurde aschfahl im Gesicht, und mit vorgerecktem Kopf starrte er sie entgeistert an. »Was hab ich?« krächzte er. Die Arme hingen ihm von den Schultern, als hätten sie kein Leben mehr. Seine Hände zitterten. »Was hab ich gesagt?« Seine Stimme überschlug sich.
Sie begann sich zu fürchten, als er drohend sein Gesicht dem ihrem näherte und die Arme hob, langsam, als wollte er nach ihr greifen.
»Was hab ich – « stöhnte er.
»Du hast alleweil mit dem Rankl geredet. Hau net her, Rankl, hast gesagt und geschrien, hau net her, oder es passiert ein Unglück – «
Ihre Stimme erstickte in angstvollem Weinen. Er tastete nach rückwärts, stützte sich schwer auf den Tisch und ließ sich auf den Sessel fallen. Ganz eingesunken und vornübergebeugt saß er.
»Hast du das – jemandem erzählt – «
»Nein«, antwortete sie und unterdrückte das Weinen, das sie immer mehr ankommen wollte.
Er atmete schwer und preßte die Faust an die eingefallene Brust. »Das wollt ich dir auch net geraten haben! Ist dein Glück – « Plötzlich veränderte sich seine Stimme und er raffte sich auf. »Ist ja grad ein Fiebergerede gewesen. Was weiß eines schon, wenn es im Fieber liegt.« Falsch und leer klangen diese Worte, und in ihnen zitterten noch Schreck und Furcht.
»Ich geh ins Bett«, sagte sie, und er achtete nicht mehr darauf, hob auch den Kopf nicht, als sie aus der Stube ging
In dieser Nacht tappte der Schwaiger noch stundenlang in der Stube umher, und das Klappen der Lederpantoffeln klopfte im stillen Haus, daß die Barbara es bis in ihre Kammer hörte, in der sie schlaflos lag und mit brennenden Augen gegen die Decke starrte.
Am Morgen, als die Hauserin in der Wohnstube erschien, stand dort der Bauer schon im Feiertagsgewand, zum Ausgehen fertig.
»Werd vor dem Abend net zurück sein«, erklärte er und verließ das Haus, ohne die Morgensuppe anzurühren, die sie ihm hinstellte.
Der Pfarrer Kienleithner saß in seiner Studierstube und wärmte sich am Ofen. Er hing seinen Gedanken nach und horchte auf das Summen und Knistern des Holzes, das im eisernen Ofenbauch vom Feuer verzehrt wurde. Wenn er in solcher Morgenstunde seine Waldpfarrgemeinde überdachte, dann blieb er immer wieder am ungeklärten Verschwinden des Ranklhofer von Hintereben hängen und zerbrach sich den Kopf über das Schicksal dieses
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