Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
Vom Netzwerk:
Mannes. Es mußte ein Verbrechen geschehen sein! Vielleicht lag der Rankl erschlagen oder erstochen in einem Dickicht. Wer aber sollte eine solche Tat verübt haben und aus welchem Grunde? In seiner Pfarrgemeinde war keiner, dem er so etwas zutrauen konnte. In den zwei Jahrzehnten, die er nun hier war, hatte sich niemand zu einer Untat hinreißen lassen. Kleine Raufereien, Nachbar Schafts- und Familienstreite, mehr war nicht vorgekommen.
    Da klopfte es. Wer wollte schon zu so früher Stunde zu seinem Pfarrer?
    »Der Schwaiger?« begrüßte er erstaunt den Eintretenden. »Ist was passiert oder bist krank, weil du so verschreckt ausschaust?«
    Steif und ernst stand der Bauer: »Nein, Pfarrer, bin soweit schon wieder ganz gesund. Möcht heute einige Sachen erledigen, und da muß ich auch zu dir her.«
    »Dann setz dich erst einmal nieder«, lud ihn der geistliche Herr freundlich ein.
    Nach Worten suchend, drehte der Schwaigerhofer seine Mütze zwischen den Händen.
    »Weißt – hab’s dir doch schon einmal gesagt – möcht wieder ein Kreuz aufstellen lassen auf den Stein und hätte da gerne deinen Rat, was für ein Kreuz das sein soll. Kann schon etwas kosten.«
    Der Pfarrer nickte. Sein gesundes, rotes Gesicht, eingerahmt von dichtem weißem Haar, war immer von einem guten, alles verstehenden Lächeln gezeichnet.
    »Meinen Rat möchtest? Laß halt ein schmiedeeisernes Kreuz machen, der Schmied soll einmal versuchen, ob er noch nach alter Meisterart arbeiten kann. Laßt auch ein kleines Kästlein dranmachen mit einem Türl und auf das Taferl einen Spruch aufmalen. So ist das alte Kreuz gewesen, wenn ich mich recht erinnere, und so soll auch das neue sein.«
    »Dann weiß ich das Sprüchel schon, das darauf soll«, meinte der Bauer.
    Der Pfarrer merkte, daß der Schwaiger noch mehr sagen wollte, und wartete zu. Die roten Flecken auf den faltigen Wangen verrieten ihm, daß es etwas war, mit dem er nicht recht herausrücken wollte. »Dann noch eins – «, begann der Schwaiger nach einer Weile wieder. »Möcht gern für den Nachbarn, den Rankl, ein paar Messen aufschreiben lassen.«
    »Meinst, daß er nimmer lebt?« fragte der Pfarrer.
    »Ich hab halt gemeint – und wenn er – nimmer leben tat – dann tut ihm doch so ein Gedenken gut?«
    »Ist recht, Schwaiger.«
    Der Bauer räusperte sich. »Und wegen dem Bürgermeister – das wollt ich auch noch sagen. Hab mir das überlegt und laß mich aufstellen.«
    Prüfend und nachdenklich betrachtete der Geistliche den Mann, der gebückt und gealtert vor ihm saß.
    »Hast dich noch nicht ganz erholt. Solltest dir Zeit lassen.«
    »Pfarrer, ich habe eine Krankheit, von der ich mich nimmer erholen werde. Wird schon einmal die Zeit kommen, daß ich dir das sag.«
    Er erhob sich rasch und verabschiedete sich.
    Der Kramer stand vor der Türe, als der Schwaiger über den Dorfplatz ging. Hinterhältig grinsend verbeugte er sich: »Guten Morgen, Herr Bürgermeister.«
    Der Bauer knurrte einen knappen Gruß. Mit dem Botenfuhrwerk fuhr er in die Stadt und suchte den Schmied auf. Ein schönes, tischhohes Kreuz sollte er machen, mit einem vergoldeten Herrgott darauf und einem Blechkästchen am Fuß des Kreuzes, mit zwei Türl zum Aufmachen. Dann bestellte er beim Maler das Bildchen, das eine arme Seele im brennenden Fegefeuer darstellen sollte mit dem Sprüchlein: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.
    Den Heimweg in das Dorf machte er zu Fuß. Er suchte den Hutterer noch auf, den Dorfschreiner, und beauftragte ihn, im Hetscherhäusel das Notwendigste zu richten, einen Fußboden zu legen und dem Maurer Bescheid zu sagen, daß er den Ofen wieder instand setzte.
    »Kostet ein schönes Stückl Geld«, meinte der Hutterer.
    »Macht nichts! Die Gemeinde kann’s net leisten, aber so kann man den alten Narren net sich selber überlassen, sonst fallt ihm das Häusel einmal auf den Kopf.«
    Es war inzwischen dunkel geworden, und er suchte noch den Dorfwirt auf. Da es ein Wochentag war, hatte der Wirt die Gaststube nicht geheizt. In der Küche nahm der Schwaiger an einem abgenützten Tisch Platz. Der Wirt bemühte sich um den seltenen Gast und unterhielt ihn mit vielem Gerede, lobte ihn als den besten Mann für den Bürgermeisterposten und kam auf einem Umweg auch auf den verschwundenen Rankl zu reden. Der Schwaiger ließ ihn reden und hörte nur zu. Nur nach einer Weile meinte er gleichgültig:
    »Sag einmal: ich glaube, daß ich in der letzten Zeit auch oft ein wenig durchgelassen

Weitere Kostenlose Bücher