Das Kreuz am Acker
Gescheiteste. Der Ranklhof war grad noch etwas für einen Altenteil. Ist eh ein Hof, der net leben und net sterben kann.«
Der Schwaiger hatte sich wieder beruhigt.
»Hauserin, da mußt du dich einlegen! Ich kann net hinter dem Madel herlaufen, und du bist auch ein Weibsbild, auf dich hört sie besser.«
»Ich tu, was ich kann – aber Bauer, sag nichts, daß ich dir verraten hätt, wer da war.«
»Na ja!«
Die Kathl hatte am Lichtmeßtag den Ranklhof verlassen. Sie war in der Frohnauermühle eingestanden, und der Müller hatte ihre Truhe abgeholt, weil ein Gaul des Rankl, der schon seit der Weihnachtszeit krankte und deshalb schon nicht mehr beim Holzziehen verwandt werden konnte, noch immer nicht zum Einspannen war. Die Agatha trat nun völlig ihre Arbeit als Dienstmagd an. Sie ging still ihrem Tagwerk nach, und die Ranklin dachte, daß das Dirndl noch der Mutter so sehr nachtrauere, weil sie so schweigsam war.
In diesen Tagen hatte der Schwaiger durch seinen Knecht dem Rankl auch das Holz vom Berg fahren lassen, und der Franz, der dabei mithalf, kam dadurch schon am Morgen auf den Schwaigerhof und half dem Knecht auch abends beim Ausspannen der Gäule. Auch sonst ging er manchmal auf eine Stunde zu einem Abendplausch, wenn der auch nicht lange dauerte. An den Sonntagen richtete er es so ein, daß er beim Kirchgang mit den Schwaigerhoferischen zusammentreffen mußte. Stand so lange am Fenster, bis er die Nachbarn kommen sah, und ging dann mit ihnen zur Kirche. Und einmal, da dies wieder der Fall war und die Ranklhoferin und die Agatha allein zurückblieben und das Essen bereiteten, hatte die Bäuerin das Gefühl, als wollte das Rothkopfdirndl sie um etwas fragen, denn immer hielt sie sich geschäftig in ihrer Nähe, und oft schien es, als setzte sie zum Reden an und verschluckte das erste Wort gleich wieder. Sie brauchte aber nicht lange zu warten, bis die Agatha herausrückte mit dem, was sie wissen wollte.
»Ist der Franzi früher auch öfter in die Sitzweil zum Schwaiger gegangen?«
Die Bäuerin schüttelte den Kopf: »Nein, geht erst seit Weihnachten hinüber.«
Die Dirn spann ihre Gedanken weiter und setzte nach einer Weile fort: »Wär eine schöne Sach, wenn die beiden Höfe zusammenkommen täten.«
»Wär wohl eine schöne Sach, muß aber net sein«, sagte die Ranklin entschieden, »aber es ist doch net alles, wie es sein soll.«
Ein Seufzer hob die Brust der jungen Dirn, und sie wurde unter dem Blick der Ranklhoferin rot bis unter die Haarwurzeln. Ein leichtes Lächeln spielte um die schmalen Lippen der Bäuerin.
»Meinetwegen kann der Franzi sich die Seinige einmal suchen, wo er will. Ich bin als armes Dirndl da hereingekommen, und der Rankl ist deswegen auch net ärmer geworden.«
»Gell?« bekräftigte die Agatha fleißig. »Das Geld macht es net aus. Es muß eine zu ihrem Mann halten und muß arbeiten mögen.«
»Recht hast!« bestätigte die Ranklin gutmütig.
»Das freut mich, daß du das sagst, Bäuerin. Ich werde auch einmal net nach dem Geld schauen.«
»Hast ja auch noch allerhand Zeit«, mußte die Bäuerin lachen.
»Jetzt tu ich gleich die Stallarbeit, damit ich am Nachmittag stricken kann«, sagte die Agatha fröhlich, und verwundert stand die Ranklin, den Kochlöffel in der Hand, und sah ihr nach, wie sie flink zur Türe hinaushuschte. So hell und gut gelaunt hatte das Dirndl noch nicht dahergeredet, seit es auf dem Hof war. Noch nicht einmal vor einer Stunde. Diese Wandlung war so schnell gekommen, daß die Alte darüber den Kopf schüttelte.
Wie sehr hatte sie sich einmal ein Dirndl gewünscht, und so brav und eingezogen, so einfach und voller Gemüt hatte sie sich das eigene Kind vorgestellt. So, wie es dieses Häuslerdirndl war. In diesen wenigen Wochen hatte sie die Agatha, die so fleißig und willig, so gut und aufrichtig war, tief in ihr Herz geschlossen und schon einmal daran gedacht, wie das etwa wäre, wenn der Franzi gar nicht so weit zum Freien ginge, sondern einfach das Dirndl nähme. Wenn sie aber an die Barbara als Schwiegertochter dachte, befiel sie ein Unbehagen, obwohl sie gegen die Schwaigertochter nichts hatte.
Sie wurde alt, und dieser Winter hatte ihr soviel an Ungutem gebracht, daß ihr Lebensmut sehr klein geworden war. Den Hof verließ sie kaum mehr. Nur zur Frühmesse ging sie noch. In der kommenden Woche wollte sie aber einmal zum Bürgermeister und zur Gendarmerie gehen, um zu erfahren, was man wegen ihres Mannes zu unternehmen gedächte.
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