Das Kreuz am Acker
anfeuchten, damit es auch hält.«
Die Barbara mußte aus dem Keller zwei Flaschen Wein holen. Im Halbschlaf brummend, tappte der Knecht aus der Stube, und auch die Hauserin und die Barbara machten Miene, sich zu verabschieden. Aber der Bauer befahl sie an den Tisch, und sie mußten mit vom Wein trinken.
Nun beteiligten auch sie sich am Gespräch, und es wurde wieder von den Dingen des dörflichen Alltags geredet, Lustiges und Trauriges, und mit sichtlichem Wohlgefallen ruhten immer wieder die Blicke der Barbara auf dem strammen Ranklhofer, der ruhig sprach und nun lieber die anderen reden ließ, aber aufmerksam zuhorchte. Das jungenhafte Gesicht zeigte die erste Strenge, wie die Bauernarbeit und die ersten Lebenssorgen sie um den Mund der Männer schreiben. Wenn er auch dem Schwaiger nach wie vor Rede und Antwort stand, so achtete er doch um so genauer auf das, was die Barbara an Worten an ihn richtete.
Der alte Bauer war etwas schweigsamer geworden und schien über etwas nachzudenken. Plötzlich sagte er:
»Das ist heute ein schöner Abend gewesen. Drum mein ich, du könntest öfter einmal zu einem kleinen Plausch kommen. Da wär es net so langweilig bei uns.«
»Hm«, tat der Rankl und sah dabei die Schwaigertochter an. Als diese ein wenig lächelte, ohne ihn anzusehen, sagte er: »Wird sich schon machen lassen.«
Er schickte sich zum Gehen an. Der Schwaiger ging in der Stube hin und her, als wollte er ergrübeln, was er etwa noch zu sagen vergessen habe. Dann nahm er die Pfeife vom Nagel, und während er sich angelegentlich damit beschäftigte, sagte er so nebenbei:
»Die Bärbel wollt doch schon lang einmal ins Kino gehen. Kannst sie da net einmal mitnehmen?«
Vor Überraschung fand der Franz nicht gleich die richtige Antwort. Dann stotterte er:
»Freilich, ich geh zwar net oft – aber wenn ich – wenn sie mitgehen will – «
Die Barbara saß mit verzogenem Gesicht und biß sich auf die Unterlippe. Dann, als hätte sie sich erst entschließen müssen, meinte sie etwas abfällig: »Jetzt im Winter ist mir der Weg in der Nacht zu weit.« Einen vorwurfsvollen Blick warf sie auf den Vater und wandte sich dann ab. Der junge Rankl ging.
»Komm nur wieder!« rief ihm der Bauer noch nach.
An diesem Weibsbild kenn dich aus, sagte der Ranklhofer für sich, als er durch die frostklirrende, sternklare Nacht heimwärts schritt. Es war spät und die Mutter würde wohl schon schlafen gegangen sein.
Aber nein! Es brannte ja noch Licht in der Stube. Wartete sie, um zu erfahren, wie sich der Nachbar angestellt hatte wegen des Ackertausches?
Aber nur noch die Agatha saß auf der Ofenbank und sah ihm fragend entgegen.
»Bist du noch allein aufgeblieben?«
»Ja«, antwortete sie schüchtern, und ihre blauen Augen sahen ihn dabei an, als wollten sie mehr sagen, als es der Mund tun konnte, oder ein freundliches Wort erbetteln.
»Schau, Dirndl, du mußt dich ja ausschlafen!« scherzte er, »bist ja noch im Wachsen. Und morgen geht’s wieder auf den Berg! Bist denn net müd geworden heut bei der Schinderei?«
Die blond bewimperten Lider sanken über die Augen, und das blasse Gesicht wurde noch schmaler. »Warum sagst du alleweil Dirndl zu mir? Weil ich so klein bin? Ich bin halt vor Not net größer geworden! Aber tu ich die Arbeit net wie eine andere? Bin ich denn noch ein kleines Kind?«
Betroffen sah er sich nach ihr um: »Bös ist es ja net gemeint, Agatha.«
»Gute Nacht«, sagte sie bedrückt und ging aus der Stube.
Bist halt ein bissei empfindlich und verschreckt, dachte der Franz, wirst dich schon an uns gewöhnen. Er löschte das Licht und suchte seine Kammer auf. Durch das Fenster sah er, daß auf dem Schwaigerhof noch Licht brannte.
Der Schwaiger ging, die Hände auf dem Rücken übereinandergelegt, in der Stube hin und her. Vom Kanapee bis zur Kammertüre und wieder zurück. Die Lederpantoffeln klappten hart auf den Boden bei jedem Schritt.
Die Hauserin war gegangen, und als auch die Barbara mit einem verärgerten »Gute Nacht« die Stube verlassen wollte, hielt er sie zurück. »Du bleibst noch ein bissel da!«
Nun wartete sie. Endlich blieb der Vater vor ihr stehen und fuhr sie rauh an:
»Paßt es dir vielleicht net, wenn der Rankl Franz zu uns in die Sitzweil kommt?«
»Warum?« fragte sie erstaunt. »Ich habe doch nichts dagegen gesagt!«
»Dann hättest ein Stückerl freundlicher sein können!«
»Pah!« Verächtlich schob sie die Unterlippe vor, doch schnell hatte sie sich wieder in der
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