Das Kreuz am Acker
Mißmutig und verärgert kam der Franz vom Kirchgang heim, nicht wie sonst in Begleitung der Schwaigerischen, sondern schon ein Stück vor diesen. Die Mutter fragte ihn nicht . Nachdem Essen ging er unschlüssig herum, bis er sich dann plötzlich entschloß, ein wenig zum Nachbarn hinüberzuschauen. Als er das Haus verließ, traf er auf dem Weg mit dem Hauptwachtmeister Braun zusammen, der im Begriffe war, wieder einmal beim Schwaiger vorbeizuschauen, sich aber, als er merkte, daß der junge Rankl den gleichen Weg nahm, gegen den Nothackerwald wandte und bergauf stieg.
Aha, dachte der junge Ranklhofer, jetzt bin ich dir ungelegen gekommen! Daß der Gendarm auch zum Schwaiger wollte, war ihm klar. Schon nach dem Hochamt am Vormittag hatte der auf die Barbara gewartet und sie eine Weile für sich in Anspruch genommen. Kann halt besser, schneller und gescheiter daherreden, so ein Staatsbeamter, als ein einfacher Bauernbursch, und den Dirndln imponiert das gleich. Geärgert aber hatte er sich nur, wenn er es sich überlegte, über das Verhalten der Bärbel und nicht des Braun. Sie hatte ihn ja stehenlassen, als der Gendarm angeschusselt kam. Mit keinem Blick hatte sie sich mehr nach ’hm umgesehen, gradso, als wollte sie damit dem andere, zeigen, wie gleichgültig der Bauernstoffel von Hintereben ihr war. Hatte er da nun einen Grund, jetzt gleich wieder einen Besuch auf dem Schwaigerhof zu machen? Wär gescheiter gewesen, wenn er heute auch daheim geblieben wäre und ein wenig seinen Bauernstolz gezeigt hätte. Sonst meinte die Bärbel noch, sie könnte ihm auf dem Kopf herumtanzen! Aber sollte er dem Grünfinken ausweichen? Vorläufig nicht, und wenn die Schwaigertochter sich etwa einbildete, ihn an der Nase herumführen zu können, weil auch ein Gendarm sich um sie umtat, dann konnte er ja auch wieder wegbleiben. War ganz gut, daß er die Barbara noch nicht hatte merken lassen, wie er gesinnt war.
Vielleicht aber war es auch besser, wenn er bald einmal den Mund auftat und ihr sagte, was er wollte, daß sie Bäuerin werden sollte auf dem Ranklhof und so weiter. War kein gutes Angebot, das er da zu machen hatte, einer gegenüber, die einmal Alleinerbin eines Hofes würde, der den Ranklhof dreimal aufwog.
Donnerdeixl!
Aber zu erkennen mußte er sich einmal geben, denn sonst hätte sein fleißiges Sitzweilgehen ein Dorfgerede zur Folge, und dann war er der Geleimte, wenn die Barbara doch lieber nach dem Gendarmen griff!
Das war ein hartes Tun! Wenn nicht soviel Ungreifbares zwischen den beiden Höfen stünde! Eine Spannung, die man mit den besten Worten und dem besten Willen nicht wegreden konnte. Es war schön vom Schwaiger, daß er jetzt gar nichts mehr von einer Feindschaft herauskehrte – aber warum tat er das?
Wird sich herausstellen, beschloß er seinen Gedankengang, als er den Schwaigerhof erreicht hatte.
Es ging keine rechte Unterhaltung an diesem Nachmittag. Der Schwaiger sprach wenig, und die Barbara stand viel am Fenster, als hielte sie nach jemandem Ausschau, der sich für heute angesagt hatte. Die Hauserin allein konnte die Rede nicht in Fluß halten, und der Knecht verschlief den Sonntag wieder einmal auf der Ofenbank. Da wurde auch der Franzi schweigsam und unterhielt sich nur mehr mit langen Zwischenpausen mit dem alten Bauern, der seinen Reden zerstreut folgte. Der junge Rankl wetzte noch eine Weile unruhig auf der Bank, und als die Barbara sich zum Ausgehen anschickte und erklärte, noch auf einen Sprung zur Tochter des Bürgermeisters ins Dorf gehen zu wollen, schloß er sich ihr an. Als sie das Haus verlassen hatten, fragte er sie gerade heraus:
»Es ist mir gradso, als wäre es dir nicht recht, wenn ich zu euch in die Stube komm! War mir lieber, du tätest das gleich sagen.«
Sie verzog spöttisch die Mundwinkel und sah ihn von der Seite an. »Ich hab nichts dagegen, wenn du kommst. Der Vater sieht es gern, und wegen meiner kommst du ja doch net!«
»So, meinst?«
»Wird schon so sein.« Nun wurde sie ernst und blieb stehen, so daß sie ihm ins Gesicht sehen konnte. »Franzi, es ist net so, aber es ist halt auch net anders, so wie du es gern haben möchtest. Ich hab es gern, wenn du kommst. Ist bei uns immer so langweilig gewesen die ganze Zeit her.«
Ihre Sicherheit machte ihn verlegen.
»Ist schon recht, Bärbel, aber ich wollt dir halt sagen, daß ich net allein wegen deinem Vater zu euch komm, sondern schon auch – wegen dir.«
Er wich ihrem Blick aus und sah zu Boden. Eine Weile
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