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Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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Schlafkammer nebenan und schlug die Türe hinter sich zu.
    Es war kurz vor Mitternacht, als der Ranklhofer Franz die lustige Gesellschaft verließ und heimwärts ging. Die Mondscheibe stand an einem frostklaren Himmel, und die Wiesen um das Dorf lagen wie weißgoldene Seidentücher. Er hatte doch zuviel Bier getrunken, mußte er feststellen, als der Alkohol ihn vom Weg abdrängte und sein Schatten vor ihm von einer Wegseite zur anderen schwankte. Er war kein Biertrinker und mied die Wirtshäuser. Heute aber hatte er erstmals sein Recht als Gemeindebürger wahrnehmen und zur Wahl gehen dürfen, und da wollte er auch noch eine Weile bei den anderen sitzen. Hie und da einmal schadet es nicht, redete er sich ein und sah wiederum am Schattenspiel, daß er seine Rede auch mit Armbewegungen unterstrich. Dann war ihm auch etwas widerlaufen, das er jetzt erst überdenken wollte und das mit ein Grund gewesen war, warum er nicht auf die Menge Bier geachtet hatte, die er genoß. Den Schwaiger als Bürgermeister zu wählen war er gewillt, und als er den Wahlzettel in der Hand hatte, da war es ihm gewesen, als stünde sein Vater neben ihm und sagte: Tu es net! Und er hatte die Zeile, auf die er den Namen Schwaiger hätte schreiben wollen, unbeschrieben gelassen. Warum aber hatte er dann dem Schwaiger gratuliert? Weil er doch das Gefühl hatte, daß er ihn hätte wählen sollen?
    Ach was! Er ist es geworden, auch ohne mich. Der Herr Schwiegervater! Hatte die Barbara nicht recht? Es ist so lange eine Mauer gewesen zwischen den zwei Höfen, daß man sie auf einmal gar nicht abtragen konnte. Warum aber hatte der Schwaiger es so eilig, die letzten Reste dieser Mauer niederzureißen, und warum ließ er es so stark erkennen, daß er ihm als Schwiegersohn recht wäre?
    Wäre eine schöne Sach! Ha, das wäre ein Besitztum, wie nicht leicht ein zweites ringsherum, und einmal könnte der Bürgermeister auch Rankl heißen!
    In die enge Schlucht, durch die der Weg neben dem Elenderbach her aufwärts führte, drang das Mondlicht nicht. Blau geschattet lag dort der Schnee.
    Da gingen doch zwei vor ihm? Ineinandergehängt?
    Eisig rann es ihm durch die Glieder, als er die Uniform des Gendarmen erkannte. Da wußte er auch, wer seine Begleiterin war. Er blieb stehen und überlegte. Nahm eine Handvoll Schnee auf und rieb sich damit die Stirne.
    Bist ein saudummer Bauerntrottel, schimpfte er sich, da schau hin, da ist die Zukünftige! Die große Schwaigertochter! Die hat die Hände zu fein zur Bauernarbeit und wird lieber eine Beamtenfrau!
    Soll er jetzt schneller gehen und sie überholen, damit sie auch weiß, daß er sie gesehen hat? Oder soll er sich einen Haselstecken abschneiden und diesen dem Gendarm über den Schädel hauen? »Na ja, ich weiß, wie ich dran bin!« knirschte er und fing wieder zu gehen an.
    Als der Wald sich im Tal von Hintereben öffnete und der Mondschein die Gegend taghell machte, verhielt er, bis die beiden vor ihm über den Rücken am Ranklhof verschwunden waren. Als er dann seinen Weg fortsetzte, begegnete ihm der zurückkehrende Hauptwachtmeister Braun gerade noch vor dem Hof.
    »Ah, der Herr Rankl! Gute Nacht!«
    Der Franz blieb stehen und ließ den anderen nur so knapp vorbei, daß er in den Schnee treten mußte. Dem abstehenden Ellenbogen des jungen Bauern wich Braun durch eine Wendung aus, blieb aber dann auch stehen.
    »Gute Nacht, hab ich gesagt, Herr Rankl!« wiederholte er.
    »Das ist mir wurscht, was du sagst!« sagte dieser grob und ging über das Seitenwegl dem Hof zu.
    Wieder brannte in der Stube noch Licht. Auf der Ofenbank saß die Agatha und wartete.
    »Was tust denn noch auf?« fragte er grob. In der Stubenwärme erfaßte ihn wieder der Rausch, er taumelte zur Wandbank und ließ sich darauf niederfallen, daß die alten Bretter krachten.
    »Die Mutter – die Bäuerin ist ins Bett gegangen und – weil du so lang ausgeblieben bist – ich hab gemeint, wenn du noch etwas brauchst – etwas zu essen willst«, erwiderte sie schüchtern seine unfreundliche Frage.
    »Will nix mehr, kannst dich niederlegen!«
    Dann starrte er sie betroffen an. Über ihre Wangen kollerten Tränen.
    »Na na«, brummte er gutmütig, »wer hat dir denn was getan!«
    Sie schüttelte nur den Kopf und versuchte zu lächeln. »Hast ein bissei zuviel Bier erwischt? Soll ich dir helfen?«
    Die Füße von sich gestreckt, die Arme hängen lassend und den Kopf auf der Brust, fing er wieder zu grübeln an. Sie stand vor ihm und rührte sich

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