Das Kreuz am Acker
schwieg sie und forschte aufmerksam in seinem Gesicht.
»Weißt es, Franzi, daß noch vor ein paar Wochen eine Mauer gestanden hat zwischen dem Ranklhof und uns Schwaigern! Mir ist, als könnt man so eine Mauer gar net in dieser kurzen Zeit abtragen. Wenn sie aber einmal weg ist, dann ist das dir zu verdanken, und ich vergeß net, daß du keine Feindschaft gehabt hast mit uns, wenn du dich auch hast zurückhalten müssen. Drum ist es mir lieb, wenn du kommst. Ein bissei fremd sind wir uns halt geworden. Ich kann auch nix dafür.«
Er fing wieder zu gehen an.
»Ich weiß halt jetzt net, was ich darauf sagen soll. Ärgern möcht ich dich auch net«, meinte er etwas bedrückt. Als sie den Ranklhof erreicht hatten, fragte er:
»Wenn ich noch ein Stück mit dir ginge? Hätt fast Lust, mir eine Halbe Bier beim Wirt zu kaufen.«
»Bleib lieber da, ich geh gern allein«, versuchte sie zu scherzen.
»Ja, ja«, gab er schnell spottend zurück, »oder mit einem andern.«
Zornig sah sie ihn an und ließ ihn dann stehen.
Donnerkeil! Betreten blieb er noch eine Weile auf dem gleichen Fleck stehen, so sehr hatte ihn diese Abfuhr überrascht. War doch eine richtige und resche Frauensperson, die Barbara! Und wie ihr der Zorn zu Gesicht stand! Die Hände in die Taschen der Pelzjacke gestemmt, schritt sie des Weges und wandte sich nicht mehr um.
Bis er ihr das einmal so richtig gesagt haben würde, daß er sie als Bäuerin möchte, das würde noch hart werden. Das war keine, zu der man das kurz und gut sagen konnte. Die wollte das wahrscheinlich hören, wie es in den Romanhefteln stand, von denen ein ganzer Packen auf dem Fensterbrett im Schwaigerhof lag.
Er kratzte sich den Hinterkopf. Wie die gescheit daherredet! Seine Anspielung hatte sie so schnell und einfach abgetan, daß er jetzt gar nicht wußte, wie ihm geschah.
Wenn er sich nicht fest zusammennahm, dann war er ihr vielleicht gar nicht gewachsen. Jedenfalls mußte er sich Zeit lassen, sonst verdarb er sich alles.
Diese Gedanken setzte er auch noch fort, als er den Rest des Nachmittags daheim versaß. Einsilbig verbrachte er die Stunden, und sooft auch die Agatha versuchte, mit ihm ein Gespräch anzufangen, er ging nicht darauf ein, und so schwieg sie schließlich und nahm die Hausbibel zur Hand, um sich damit den Sonntag zu verkürzen. Es war in der ersten Märzwoche, als die Ranklhoferin sich auf den Weg machte, um sich beim Bürgermeister zu erkundigen, was man zur Auffindung ihres Mannes unternommen habe, und ihn darum zu bitten, daß nunmehr, da sich der Schnee gesetzt hatte, noch einmal die Wälder abgesucht würden.
Der Gruber zuckte die Schultern und meinte, daß man getan hätte, was man tun konnte, und man erst wieder suchen könnte, wenn der Schnee ganz weg wäre. Sie solle aber zur Polizei gehen und dort einmal nachfragen. Er sei ja nur mehr vierzehn Tage Bürgermeister, und da wolle er sich nicht mehr festlegen, was geschehen sollte.
Sie ging auch gleich auf die Gendarmeriestation und traf dort die beiden Landpolizisten, den Hauptwachtmeister Braun, der zugleich Postenführer war, und den Oberwachtmeister Eder.
Hier wiederholte sie ihre Frage, ob nicht wieder etwas geschehen könnte, um die Ungewißheit aus der Welt zu schaffen.
Es sei alles getan, klärte Braun sie auf, was man fürs erste hätte tun können. Die Sache sei nun bei der Staatsanwaltschaft, und diese werde wohl mit der Kriminalpolizei kommen.
»Vielleicht finden die Herren den Rankl eher«, sagte er und zog dabei die Mundwinkel verächtlich nach unten. Dann tat er wichtig: »Sie müssen verstehen, Frau Rankl, daß wir auch nicht alles sagen können. Ganz umsonst ist meine Arbeit nicht gewesen, und die Vernehmungen füllen schon einen dicken Akt.« Er zog ein Aktenstück hervor und wog es in der Hand. »Da ist alles drin, und mehr kann die Kriminalpolizei auch nicht herausbringen. Wenn ich die Sache allein weiterführen könnte, dann wüßten Sie in zwei Monaten, wo Ihr Mann geblieben ist.«
Ein enttäuschter Blick auf die dicke Akte und die Abweisung in ihrer Miene zeigten dem Hauptwachtmeister, daß die Bäuerin davon nicht viel hielt. Sie sagte es auch:
»Meinen Sie, daß man die Sach auf dem Papier wieder regeln kann? Da drinnen finden Sie meinen Mann net!«
Da ärgerte sich Braun und schlug das Aktenstück auf den Tisch.
»Das verstehen Sie nicht, Frau Rankl. Ich hab meine Anhaltspunkte, und ich werde auch auf den Spuren bleiben, die ich gefunden habe, wenn ich sie auch nicht
Weitere Kostenlose Bücher