Das Kreuz am Acker
da drinnen niedergeschrieben habe. Jetzt müssen Sie schon noch eine Zeit Geduld haben, denn hexen können wir auch nicht.«
Die Ranklhoferin dachte gar nicht daran, dies als eine Zurechtweisung hinzunehmen, aber sie sah auch ein, daß sie hier umsonst gewesen war.
»Dann entschuldigen Sie halt.« Damit ging sie.
Der Hauptwachtmeister rief ihr noch nach: »Wenn die Kriminaler kommen, die werden sich dann schon bei Ihnen einfinden.
Die Gemeindewahl war für das Dorf keine aufregende Sache. Es gab, außer dem Kramer, niemanden, der sich um einen Sitz im Gemeinderat raufte, und so hatte schon die Aufstellung einer Liste keine Schwierigkeiten gemacht.
»Nehmt halt die Alten wieder«, war die allgemeine Einstellung der Dörfler, »und dazu den Schwaiger als Bürgermeister.«
So ging der Wahltag vorüber, ohne daß das Dorf und die Gemeinde aus der gewöhnlichen Ruhe gebracht wurden. Nur im Wirtshaus »Zum grünen Tannenbaum«, in dessen Nebenzimmer die Leute ihre Stimme abgaben, blieben die Mannsbilder an diesem Tag noch etwas länger hängen, um auszudiskutieren, ob der Schwaiger von allen gewählt würde oder ob jemand auch einen anderen Bürgermeister auf den Zettel geschrieben habe. Sie erfuhren es zeitig am Abend, daß nur einige weiße Zettel abgegeben wurden und zwei Stimmen für den Kramer als Gemeindevorsteher dabei waren.
Der Schwaiger hatte den ganzen Tag im Wahlraum gesessen und die »Wählenden kaum angesehen. Müde machte er sich nach der Auszählung auf den Heimweg, nachdem er zuvor noch den neuen Gemeinderäten zur ersten Sitzung am folgenden Sonntag eingesagt hatte.
Im Gastzimmer saß am Burschentisch auch der junge Ranklbauer, und er trank dem Schwaiger zu, als dieser an ihm vorbeikam.
Mit einem müden Lächeln quittierte der Bauer die Gratulation zur Bürgermeisterwahl.
Abgespannt ließ er sich daheim auf das Kanapee fallen. Die inzwischen verheilten Wunden schmerzten immer noch, wenn er lange sitzen mußte. Nur die Hauserin war daheim.
»Wo ist die Bärbel?« fragte er.
»Darf man schon gratulieren, Herr Bürgermeister?« hatte die Hauserin es wichtig.
»Meinetwegen, aber wo die Bärbel ist, hab ich gefragt!«
»Die ist ins Kino gegangen«, wollte die Hauserin die Frage schnell abtun, aber der Alte ließ nicht nach.
»Mit wem? Ich hab geglaubt, sie ginge nur ins Kino, wenn du mitgehst?«
Der Hauserin war diese Fragerei sichtlich peinlich:
»Mit wem? Ich glaub mit dem Gruber seinem Dirndl – ja, ja – richtig – mit dem Gruber seinem Dirndl ist sie gegangen!«
»Jetzt lügst, Hauserin! Ich mein, ich weiß, mit wem sie gegangen ist.«
»Vielleicht ist auch der junge Ranklhofer dabei, gewiß weiß ich es nicht«, flüchtete sich die Hauserin in das Nichtwissen.
»Ich sag dir, du weißt es, und ich weiß es auch. Gute Lust hätt ich und ging ihr nach. Tat der Heimweg rascher geh’n. Der Rankl Franz sitzt beim Wirt, daß du es weißt. Und daß sie mit einem andern bei der Nacht umeinanderlauft, das gibt es nicht. Die G’schicht mit dem Gendarmen wird bald ein Ende haben! Dafür sorg ich schon!«
Nun glaubte die Hauserin, mit dem müden Mann eher reden zu können als mit dem strengen Schwaigerbauern, der er morgen wieder sein würde.
»Laß ihr halt die Freud. Ein jedes Dirndl muß ein bissei scharmuzieren, auch bevor sie zum Heiraten kommt.«
»Ich scharmuzier dir gleich!«
»Wütend zog er die Schuhe von den Füßen und warf sie in die Ofenecke. »Diesem Windbeutel, diesem siebengescheiten, rennt sie nach, und dem Franzi – na ja, ich sag ihr morgen einmal das, was nötig ist.«
Die Hauserin schüttelte den Kopf und machte ein bekümmertes Gesicht. Sie wußte, daß der Bauer starrköpfig sein konnte, wenn er sich etwas einbildete, und ehvor der morgige Tag schon in der Frühe wieder mit einem Krach angehen sollte, wollte sie sich doch noch für die Bärbel wehren. Vielleicht ließ er mit sich reden. War so etwas zwischen den beiden seit einiger Zeit.
»Bauer, du kennst dein Dirndl zu wenig. Die ist von der trutzigen Art. Den Mann, den man der Bärbel aufzwingen will, den nimmt sie grad deswegen nicht. So ist sie, das kannst mir glauben. Sie nimmt ihn nicht, und wenn sie ihn selber gern möchte. Ja, so ist sie!«
»Und tut sich was an und rennt auf und davon!« spöttelte er. »Grad wie im Kino!«
»Laß das Essen hinten, hab keinen Hunger mehr!« knurrte er gereizt, als die Hauserin zum Ofen schlurfte und aus dem Rohr die Schüssel nehmen wollte. Er ging in die
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