Das Kreuz am Acker
an, und ich frag nichts danach. Meinst, daß der mich möchte? Schaut nit so aus!«
Die Hauserin kehrte aus dem Dorf zurück, und froh darüber, daß diese Stunde vorbei war, machte die Barbara sich wieder an die Arbeit, die der nahende Abend brachte. Die Waldfrühlingsnächte überfallen die Menschen ganz jäh. Das geheimnisvolle Leben und Weben in der Natur nimmt die Waldleute gefangen, und die herbe Luft macht sie müde. Wie ein schweres Aufatmen der Erde ist so ein Frühlingsabend, und der Waldruch strömt kräftig durch die Täler. Das Rieseln und Raunen, das Wehen und Lispeln gibt diesen Abenden den Laut von tausend leisen Stimmen. Bis gegen Mitternacht noch einmal die späten Fröste aus dem Boden steigen und in ihrer Kühle noch einmal stumm werden lassen, was Lenz und Sommer anzeigte.
An einem solchen Abend, als seidene Wolkenfahnen einen Teil der blanken Sterne verschleierten und die graue Dämmerung zur Nacht werden wollte, war die Ödbäuerin auf dem Heimweg vom Dorf. Als sie in Hintereben den rechten Hangweg hinaufstieg, schnürte ein Fuchs dicht vor ihr über den Weg und ließ sie, ob der Lautlosigkeit, mit der das Tier auftauchte und wieder verschwand, erschrecken. Dieses Vorkommnis riß sie aus dem Dahindösen, in dem sie den Weg gegangen und bei dem Gerede mit der Kramerin hängengeblieben war.
Nun achtete sie erst der anbrechenden Nacht und auf die groben Steine auf dem rauhen Fahrweg. Ein Brünnlein plapperte hurtig und hastig, und der Elenderbach brauste, als stritte er sich mit den Steinen und Sträuchern, die ihm im Wege standen. Drüben im Nothackerwald schrie ein Käuzchen.
Dann zuckte sie zusammen und hielt den Atem an. Aus dem Häusel des Besenbinders klangen Laute, die ihr eine Gänsehaut über den Rücken zogen.
Was hatte der alte Narr denn wieder?
Sang er oder jammerte er?
Ein Winseln war es, ohne Worte, ein Aufheulen mit gemurmelten Drohungen, und ihm folgte ein Kichern, böse und giftig. Schaudernd eilte die Bäuerin weiter, aber schon nach wenigen Schritten mußte sie stehenbleiben und verschnaufen. Bei ihrer Körperfülle hätte sie nicht mehr weitergekonnt, selbst wenn der Leibhaftige hinter ihr gewesen wäre. So ein närrisches Mannsbild konnte einen so einen Schreck einjagen! Saß in seiner finstern Stube und schrie und lachte sich selbst etwas vor!
Da fiel ihr Blick auf den dunklen Schatten des Nothackerwaldes, und sie bemerkte am Waldrand oberhalb der Steinäcker vom Rankl und vom Schwaiger ein seltsames Lichtlein.
Es war ein unwirkliches, trübflackerndes Feuerchen, das wie ein glühendes Auge aus dem schwarzen Hintergrund des nächtlichen Waldes lauerte. Es tanzte hin und her, wurde klein und verschwand und war plötzlich ein Stück weiter wieder da, groß und rotglühend.
Wer war da mit einem Licht unterwegs?
Dann aber wußte sie es, und sie spürte, wie ihr die Blässe über das Gesicht rann.
Die arme Seele des Ranklhofers! Gott sei ihm gnädig!
Huh!
Und dann fing sie zu laufen an und kam halbtot auf dem Ödhof an. Sie erzählte es ihrem Mann, aber der Ödbauer verwies ihr das Gerede, weil man weder einem Lebenden noch einem Verstorbenen nachsagen solle, daß ihn etwas treibe, was ihm in und außer der Welt keine Ruhe finden lasse.
Am nächsten Abend aber sah auch ein Störschneider, der von einem Ein Ödhof heimkehrte, das seltsame Licht, und ein andermal bemerkte es eine Bauerndirn. Wie ein roter Funken geisterte es gespenstisch auf den Steinäckern herum, sprang hin und her, stieg auf und ab, verschwand und kam wieder. Dann ging das Gerede durch den Ort undgelangte bis zum Pfarrer. Der Ranklhofer geht um! Droben am Steinacker geht er um!
Die schwere Sünd, die er auf sich geladen hatte, lasse ihnnicht zur Ruhe kommen. Man muß wieder ein Kreuz aufstellen lassen auf dem Stein im Acker, vielleicht findet dann die arme Seele ihren Frieden.
Kopfschüttelnd hörte sich der Pfarrherr das an, und am folgenden Sonntag kam er in der Predigt darauf zu reden.
Gerade an diesem schönen Frühlingsmorgen ging auch die Ranklhoferin wieder in den vormittägigen Hauptgottesdienst und mit ihr der Franz und die Agatha. Es war der Palmsonntag, und den Palmstrauß, die Weidenkätzchen und das Zweiglein Sevenbaum trug die Agatha, um es weihen zu lassen. An diesem Festtag konnte die kleine Kirche die vielen Gläubigen kaum fassen, und in den Weihrauchduft mischte sich der Kleidergeruch der Bauersleute und die frische Lenzluft, die den Sevenbaumsträußchen herb und bitter
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