Das Kreuz am Acker
vorbeigehen. Aber der Teufel schien den Hauptwachtmeister zu reiten.
Na, warum so unfreundlich, Herr Rankl? Übrigens, in der Nacht nach dem Wahlsonntag, haben Sie sich benommen wie ein Rüpel. Wollte Sie damals nur nicht zur Rede stellen, weil ich sah, daß Sie sternhagelvoll waren.
Der verletzende Ton und das spöttische Lächeln trieben dem jungen Ranklhofer das Blut ins Gesicht.
Was wollen Sie eigentlich? Ich will mit Ihnen nix zu tun haben!
Ich will gar nichts von Ihnen, Herr Rankl. Möchte Ihnen nur sagen, daß Sie sich wegen der Schwaiger Barbara nicht lang den Kopf zerbrechen sollten. Wir haben uns verlobt, und da möcht ich Ihnen nur sagen, daß Sie das gar nichts angeht.“
Wie ein Betrunkener lallte Braun, und er spürte, wie ihn alle Vernunft verließ. Nur das Bedürfnis hatte er, sich an irgend etwas zu reiben und den inneren Groll abzuladen.
Lassen Sie mich in Ruh und schlafen Sie Ihren Rausch aus , meinte der Ranklhofer kalt und wollte gehen, als ihn der andere an der Brust packte:
Wer hat denn einen Rausch? Willst du mich etwa spötteln, Bauernlümmel?
Lassen Sie aus, sag ich! Sind Sie denn narrisch?
»Wer ist narrisch?« Er schüttelte den jungen Bauern, doch der riß sich los und sprang zurück.
»Ich sag dir noch einmal: laß mich in Ruh!« schrie der junge Bauer und stand mit gespreizten Beinen und erhobenen Fäusten am Weg. Zwinkernd sah Braun ihn an, und Ernüchterung überkam ihn. Wortlos ging er weiter.
Er hätte sich selbst ohrfeigen können. Zu welchem Unsinn hatte er sich da hinreißen lassen!
Kopfschüttelnd sah der Rankl ihm nach.
Der sah aber nicht aus wie ein Verlobter. Aber wenn er es schon sagte, dann mußte es wohl so sein.
Na ja, eine Uniform und ein Beamtenpösterl!
Da hatte er es aber eilig gehabt mit der Verlobung! Vielleicht, weil er nicht mehr lange im Ort war, wie man hörte. War nicht schad um ihn, sollte nur fortkommen und die stolze Barbara mitnehmen. Dann könnte es wieder ruhiger werden.
Am Nachmittag polterte das Fuhrwerk vom Schwaigerhofer nach Hintereben. Auf einer Schütte Stroh lag das neue Kreuz für den Stein im Nothackerwaldacker. Der Bauer selbst kutschierte.
Als sie sich dem Hofe näherten, liefen die Barbara und die Hauserin ihnen schon entgegen.
»Ein schönes Kreuz, ein wunderschönes Kreuz!« wunderte sich die Hauserin. »Und der schöne goldene Herrgott drauf!«
Dem Sepp befahl der Bauer, Hammer und Meißel und die Eisenkeile zu holen, er selber führe mit dem Gespann gleich auf den Steinacker.
»Kannst die Roß gleich in den Stall bringen, ich mach das Kreuz selber auf«, entschied der Schwaiger dann und machte sich allein an die Arbeit, den alten verrosteten Kreuzstumpen aus dem Stein zu schlagen und das neue Kreuz aufzurichten. Mißtrauisch sah er sich dabei des öfteren um, als fürchte er, beobachtet zu werden.
Die ersten Gräser sproßten um den Stein, und die Grabstelle, an der der verrinnende Schnee die rote Erde hinterlassen hatte, war mit Rasenstücken abgedeckt.
Dann klangen die Hammerschläge kurz und dumpf vom Wald zurück, und der Vogelgesang verstummte. Es war ein feierliches Schweigen um die Lichtung, als der Bauer das Kreuz hob und in den Stein steckte. In der sinkenden Sonne leuchtete der Gekreuzigte, und das grobgemalte Fegefeuer im kleinen Eisenkästchen zu Füßen des Herrgotts flammte rot und düster. Aus diesem Feuer streckte ein Mensch flehend die Hände, und auf schwarzem Grund leuchtete weiß die Inschrift:
»Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.«
Der Hauch, der von den Bergen kam, hatte ausgesetzt, und reglos umstanden die grünenden Birken und die steifen Fichten die Äcker.
Ein Frösteln schüttelte den Bauern.
Hastig trieb er die Keile ein, die das Kreuz festigten. Nahm dann den Hut vom Kopf und deutete ungelenk ein Kreuzzeichen auf die Brust. Stand gebückt und neigte das Kinn zur Brust. Wirr standen die grauen Haare um den eckigen Schädel, und die groben Hände faltete er zu einem murmelnden Gebet: Herrgott, du weißt, warum ich dir dieses Kreuz setze. Laß mich net in die Schand kommen in dieser Welt. Und wenn es schon dein Wille ist, daß mein Unglück lautmäulig wird, dann nimm midi vorher noch weg von der Erd. Nimm mich in dein Fegefeuer und verdamme midi net in die Höll! O Herr, gib allen Verstorbenen die ewige Ruhe, Amen!
Leise klirrte das blecherne Türl, als er es zuklappte. Mit gellendem Gekreisch schoß ein Häher über die Äcker und den Wald hin.
Die hagere Faust des
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