Das Kreuz am Acker
mitgeklungen hatte, was nicht nur Spaß war. Er sah sie auch sehr aufmerksam, fast aufdringlich an und wandte sich dann erst ihrem Vater zu. Als dieser ihn in die Stube bat, mußte der große Mann sich etwas bücken, um durch die Türe zu kommen. Interessiert sah er sich um, bewunderte ein Armenseelentäfelchen in Hinterglasmalerei, das über dem Weihwasserkesselchen neben dem Türstock hing, begrüßte die Hauserin und fragte, ob sie die Bäuerin sei.
Über die familiären Verhältnisse auf dem Schwaigerhof klärte ihn der Bauer auf, und als er von der Barbara sprach als der einzigen Tochter, die ihm sein Weib hinterlassen hatte, musterte Wallenbeck diese wieder mit einem wohlgefälligen und bewundernden Blick. Da errötete die Schwaigertochter, schob trotzend die Unterlippe vor und verließ die Stube. Draußen lud sie die beiden Arbeiter, die der Ingenieur mitgebracht hatte und die, mit Meßstäben und Pflöcken beladen, vor der Türe stehen geblieben waren, ein, auf der Hausbank Platz zu nehmen.
In der Stube hatte sich indessen Wallenbeck einen Stuhl herangezogen, legte die Aktentasche auf den Tisch und wandte sich an den Schwaiger:
Also, Herr Bürgermeister, ich hab mir nun die ganze Strecke nochmals angesehen, soweit sie in Ihrer Gemeinde verläuft. Der erste Bauabschnitt wird von der Hauptstraße weg, gleich beim Dorfeingang, das wissen Sie ja, bis zum Nothackerwald reichen. Dieses Stück werden wir gleich nach Ostern vermessen, damit die Arbeiten auch gleich ausgeschrieben werden können. Wenn ich mich da herum irgendwo einquartieren könnte, hier in Hintereben, war mir das sehr sympathisch. Ich bin kein Biertrinker, und Dorfwirtshäuser als Quartier mag ich nicht, wenn es nicht unbedingt sein muß. Ein kleines Zimmerl tat mir genügen.
Der Schwaiger hielt überlegend das Kinn, musterte prüfend den jungen Mann und meinte dann bedächtig mit einem Blick auf die Hauserin:
»Wenn Sie keine großen Ansprüche machen, Herr Wallenbeck, dann könnten Sie schon unterzubringen sein. Was meinst du, Hauserin?«
Die Hauserin stemmte die Arme in die Seiten und sah den jungen Mann freundlich an. »Gehen tut das schon, aber ich mein halt, ob der Herr unsere einfache Bauernkost will? Wo soll er denn sonst zum Essen hingehen?«
Da lachte Wallenbeck: »Freilich, gerade die will ich ja! Bauernbrot, Geselchtes, Schmalznudeln, Schmarren und was es noch alles gibt. Darauf freu ich mich schon!«
»Na, alsdann bleiben Sie bei uns.« Das offene Wesen des jungen Vermessers freute den Bürgermeister.
»Gut, ich danke Ihnen! Dann können meine zwei Leute gleich den Koffer holen, der beim Dorfwirt steht. Inzwischen könnten wir gleich, wenn es Ihnen nichts ausmacht, mal einen Gang da hinauf machen und uns an Ort und Stelle über die Sache unterhalten. Am Abend fahre ich dann weg und komme erst nach Ostern wieder.«
Der Schwaiger nahm die Joppe vom Nagel und stülpte den filzigen Werktagshut auf die grauen Haare.
Rechts von der Stubentüre bemerkte Wallenbeck an der Wand eine Gitarre, der die Saiten fehlten. Er klopfte an die Holzdecke des Instrumentes und fragte:
»Ist wohl schon ziemlich alt, das Ding?«
»Zuletzt hat meine Frau darauf gespielt und dazu gesungen, und das ist schon arg lang her«, sagte der Bauer.
Wallenbeck hieß die beiden Arbeiter, Meßstäbe und Pflöcke hier zu lassen und seinen Koffer zu holen.
»Nun werde ich ja auch eine Weile so schön und ruhig wohnen wie Sie, dann helfe ich Ihnen beim Hühnerfüttern«, scherzte er, sich an die Barbara wendend, die vor dem Haus den Hühnern Futter gestreut hatte und ihnen nun zusah, wie sie sich um die Körner stritten.
Sie lächelte nur und sah ihn kaum an.
Dann wanderte der Ingenieur mit dem Bürgermeister gegen den Berg. Sie redeten über die Beschaffung der Arbeitskräfte und von den Vorteilen, die der Straßenbau für die arme Gemeinde bringen würde.
»Ich habe mir die Strecke in den vergangenen Tagen schon einmal angesehen«, erzählte Wallenbeck, »und es kann sein, daß wir uns nicht an die ursprüngliche Planung halten können, sondern da oben anders trassieren müssen, um besser auskurven zu können. Kann sich aber nur um einige Meter Verlegung handeln.«
Sie schritten die Strecke vom Nothackerwald bis zu den Hochfeldern ab. Als sie auf die Blöße der Felder hinausgingen, erklärte Wallenbeck: »Hier komme ich nicht ganz zurecht. Das ist die Stelle, an der wir etwas ändern müssen, um mit der Straße mehr in die Gerade zu kommen.«
»Da ist
Weitere Kostenlose Bücher