Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
Vom Netzwerk:
Hausmutter sozusagen?«
    Geschmeichelt und von dem freundlichen Lächeln, das die Frage begleitete, angenehm berührt, nickte die Hauserin fleißig: »Ja. Wissen Sie, das ist ein Mannsbildhof, eine Wittibersach. Der Bauer hat früh sein Weib verloren und hat nimmer geheiratet. Und da vertret ich halt die Bäuerin und hab das Dirndl großgezogen.«
    Wallenbeck schloß die Türe und fragte, seine Stimme etwas dämpfend: »Sagen Sie, was ist denn das für eine Geschichte mit dem Kreuz da droben auf dem Feld?«
    »Warum?« fragte vorsichtig die Hauserin.
    »Der Herr Bürgermeister ist heute ganz außer sich gewesen, als ich meinte, daß das Kreuz etwas verrückt werden müsse.«
    Die Hauserin zog sich zur Türe zurück und faßte nach der Klinke. »Lassen Sie bloß das Kreuz in Ruh! Wegen dem ist schon soviel Feindschaft und Unfried entstanden, daß der Bauer wirklich nichts mehr daran ändern lassen will.« Und in einem Zug sprach sie weiter: »Da im Kasten können Sie Ihr Zeug aufhängen, die Tür geht zur Altane naus, und wenn Sie sonst noch was brauchen, dann sagen Sie es halt.« Dann verließ sie hastig das Zimmer.
    Er sah sich nun erst in dem Raum um. Weißgekalkte Wände mit einigen alten Heiligenbildern, ein guter Bauerntisch mit schräggestellten Beinen, ein Bett, hellblau gestrichen und mit roten Rosenmustern hübsch bemalt, und der eintürige Kleiderkasten in der gleichen Farbe und denselben Mustern. So waren auch Tisch und Stuhl gestrichen, und rotkarierte Vorhänge an der Türe, die zum Balkon führte, ergänzten das farbenfrohe Bild. Er mußte sich wundern, daß ein Raum mit so wenigen und bunten Möbelstücken, so wohnlich und so vertraut aussehen konnte. Rotkariert war auch der Bettüberzug, und alles zusammen wirkte auf ihn so erheiternd, daß er sich pfeifend daran machte, den Koffer auszuräumen. Zum Waschen würde er wohl an den Brunnen vor dem Haus gehen müssen. Aber wenn schon, die paar Wochen wollte er einmal mit diesen Leuten richtig ländlich zusammenleben, und da bedurfte es wahrlich des Komforts nicht. Nach einer Weile unterbrach er seine Räumerei und trat auf die hölzerne Altane.
    Ein herrlicher Blick über das Tal von Hintereben und auf die bewaldeten Berge. Hier wollte er manche Feierabendstunde gemütlich versitzen. Noch eine zweite Türe führte vom Haus auf die Altane, stellte er fest. Das dazugehörige Zimmer lag neben dem seinen. Neugierig spähte er durch das in der Türe angebrachte Fenster. Es war fast genauso eingerichtet wie seine Stube. Nur waren die Möbelstücke in einem hellen, gelblichen Braun, und bunte Blumensträuße in blaugrundigen Feldern waren als Zierat aufgemalt.
    Er sah nach der Uhr.
    Wenn er am Abend noch wegfahren wollte, dann konnte er sich nicht mehr lange aufhalten. Als er in seine Stube zurücktrat, klopfte es an der Türe.
    »Nur herein!«
    In Socken und hemdsärmelig stand der Bauer in der Türe.
    »Haben Sie ein bissel Zeit für mich?«
    »Gern, kommen Sie nur herein, Herr Bürgermeister!«
    Da der einzige Stuhl vom Koffer belegt war, setzte sich der Schwaiger auf das Bett, während Wallenbeck vor ihm stehen blieb und wartete, was der Bauer von ihm wollte.
    »Herr Wallenbeck, ich möcht mit Ihnen was reden, und das kann ich drunten in der Stuben net tun. Die Weibsleut sollen net mithören. Es ist wegen dem Kreuz da droben.«
    Überrascht von dem verfallenen Aussehen des Schwaigers, wußte Wallenbeck nicht, was er dem Alten, der mit hängendem Kopf auf der Bettkante saß, sagen sollte. War denn diese Angelegenheit so wichtig und so dringend, daß der Bauer schon in der ersten Viertelstunde damit kommen mußte?
    Fast flehend und mit verhaltener Stimme sprach der Schwaiger weiter: »Ich möcht Ihnen nämlich sagen, warum ich darauf bestehen muß, daß das Kreuz net angerührt wird, und daß es auf jeden Fall auf dem Fleck stehen bleiben muß.«
    Für einen Augenblick sah der Schwaiger auf, und ein verzerrtes Lächeln, das freundlich sein sollte, verzog den zerfalteten, lippenlosen Mund. Aber in den Augen glommen Angst und Ruhelosigkeit und etwas Feindseliges. Die geballten Fäuste hatte er auf den Knien.
    „Ich weiß net, ob Sie mich verstehen werden, aber so ein Kreuz ist ein Familienstück und ist uns etwas Heiliges, das wir net anrühren lassen können. Wir im Wald sind einmal so. Das Kreuz steht schon von den Alten her und soll auch stehen bleiben. Es hat schon genug Unglück gebracht, und es bringt jedem Unglück, der sich daran vergreift. Ich möcht

Weitere Kostenlose Bücher