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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Apostels durch. Sein Pferd ließ er in der
Herberge, die er im Schatten des Kastells Sant’Angelo
fand, und machte sich zu Fuß auf durch die engen Gassen
des Borgo, bis er vor der besagten Kirche stand. Es
wimmelte von Pilgern und Bettlern auf dem Platz davor;
um so auffälliger war der prächtige Zug fremder Ritter, die
von ihren Pferden abgestiegen waren und jetzt feierlich
ihren Einzug in die Basilika hielten. Das war der junge
König Peter von Aragon, der glorreiche Sieger über die
Mauren! Rik stand bewundernd wie alle anderen, bis auch
der letzte aus dem Gefolge durch das Portal geschritten
war, als er sich schließlich seines Auftrages erinnerte. Er
drängte, zusammen mit vielen Neugierigen – die Bettler
wurden von den Wachen strikt zurückgewiesen – ins
Innere. Schon im schummrigen Portikus war das
Geschiebe so groß, daß er kaum einen Blick von dem
erhaschen konnte was sich vorne vor dem Altar abspielte.
    Ein alter Mönch schien seine Not – und
Ahnungslosigkeit – zu spüren, er schob ihn in eine dunkle
Ecke, wo aber erhöhte Stufen eine bessere Sicht erlaubten.
Jetzt sah Rik den König, der vor dem Papst niederkniete,
und sein aufmerksamer Begleiter erklärte ihm, daß der
junge Monarch zum Zeichen seiner Huldigung dem
Heiligen Vater sein Schwert übergeben hätte und dafür
jetzt eine Krone aus ungesäuertem Brot aufgesetzt
bekäme, womit er Vasall des Heiligen Stuhls würde – eine
symbolische Geste voll tiefer Bedeutung, wie der Alte
meinte, zu der sich alle Herrscher des Abendlandes
bereitfinden sollten! Rik faßte Vertrauen zu dem Mönch
und fragte ihn, wie er es wohl am besten anstellen könne,
sich unter das Gefolge des Königs zu mischen, denn er
müsse dort jemandem eine wichtige Botschaft übergeben.
Den Alten schien das nicht sonderlich zu interessieren; er
wolle Rik gern behilflich sein, wenn er denn wüßte, wen
er suche. Rik wollte den Ring nicht preisgeben, so sagte er
nur: »Es gibt ein Erkennungszeichen!«
    Der Mönch nickte, hieß Rik warten und entschwand. Rik
sah, wie der Papst Innozenz III., ein hagerer Mann, dem
der Willen zur Macht ebenso ins schmale Gesicht
geschrieben stand wie sein Magenleiden, jetzt dem König
eine Fahne mit den gekreuzten Schlüsseln Petri
überreichen ließ und hörte, wie die Leute um ihn herum
ehrfürchtig murmelten: »Er ernennt ihn zum Alfiere, zum
Bannerträger unserer Kirche!«
    Beifall brandete auf. Zwei Männer in dunklem, strengem
Gewand traten neben Rik, drängten ihn die Stufen hinauf
zu einer Tür, die sich jetzt öffnete.
    »Wo ist der Ring?« zischten sie. Rik sah sich umstellt,
denn hinter dem Türspalt bewegten sich weitere Schatten.
Er mußte das Kirchenschiff wiedergewinnen, aber die
dunklen Gestalten schirmten ihn von der Menge der
neugierig frommen Pilger ab wie eine Mauer. »Den
Ring!« forderten sie drohend. Er sah bereits Dolche in
ihren Händen blitzen, da öffnete sich die Tür über ihm,
und Bewaffnete bildeten schweigend einen Gang. Rik
begriff, daß an seinem Ende ihn der Tod erwartete – wenn
er sich nicht des Ringes entledigte. Er führte langsam die
Hand zur Brust und wandte sich, seinem Schicksal
ergeben, zu den beiden schwarzen Soutanen um: Sie
waren verschwunden!
    Durch die Tür trat ein Ordensritter, der offensichtlich
einen höheren Rang bekleidete. »Rik van de Bovenkamp«,
sagte er spöttisch lächelnd, »ein weiter Weg vom Wald
von Forlat –.«
    Rik erinnerte sich plötzlich an den ›Heiligen Georg‹. So
wie er damals dem Hirtenjungen Stephan erschienen, zwei
arme Söldner mit einem Pferd ausgestattet, hatte er jetzt
ihn wieder in der Not gerettet. »Eigentlich hatte ich Oliver
von Arlon erwartet«, setzte Armand de Treizeguet leise
hinzu, »doch geht jetzt vor bis zum Altar, tretet neben den
Mann, der die Fahne hält, legt Eure Hand um den Schaft
und sprecht nur ein einziges Wort: ›Vaucouleurs‹! Das ist
das Schlüsselwort!«
    Rik nickte dem Ritter verwirrt, aber dankbar zu und
bahnte sich vertrauensvoll den Weg durch die Menge. Er
achtete nicht auf den König, nicht auf den Pontifex
Maximus, der gerade – umgeben von seinem prunkvoll
gewandeten Klerus – gemessenen Schritts von seinen
Dienern aus der Basilika getragen wurde. Riks gesenkter
Blick war einzig auf die Fahne gerichtet, die ebenfalls von
einem Ordensritter in weißem Mantel gehalten wurde, bis
seine Hand den Schaft umschloß.
»›Vaucouleurs‹!« sprach er fest, und die Stimme

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