Das Kreuz der Kinder
verdeckter
Feindschaft zu seiner nicht minder umtriebigen Schwester,
der Hofdame der Königin und Vertrauten des
Kronprinzen. Doch es gelang ihm nicht, das Treffen des
Gilbert de Rochefort mit dem blonden Knaben zu
belauschen, sondern er sah nur, daß Jacov mit einem Pferd
versehen und losgeschickt wurde.
Der Mohr hörte nur die salbungsvollen Worte, die der
Monsignore zum Abschied sprach.
»– so wird sich Euer Ungewisses Los zum Guten
wenden, im Namen unseres Herrn Jesus Christus – und
weil Ihr so blond und deutsch –.«. Dabei übergab er dem
Boten ein versiegeltes Schreiben. »– die Empfänger
werden Euch reich belohnen – und nun macht Euch
möglichst ungesehen auf den Weg, schon um nicht den
Neid der anderen zu erregen, denen solch’ Glück nicht
zuteil –.«
Timdal gelang es auch nicht, den Davonreitenden zu
stellen und ihm Näheres über seinen Auftrag zu entlocken.
Aber sein Argwohn war erwacht. Besonders als er Gilbert
kurz darauf bei dem ›Legaten‹ Daniel, seinem Vertreter,
und Niklas antraf, wo sich auch gerade ›Armin‹
eingefunden hatte. Erst jetzt vernahm der ›Heiler‹ vom
Tod seines Obristen Ripke.
»Ich weine ihm keine Träne nach«, sagte Niklas, »wollte
er mir doch die gottgewollte Führung des wundervollen
Marsches auf Jerusalem streitig machen, der jetzt mit
Hilfe unserer genuesischen Freunde zu einem glorreichen
Abschluß gelangt.«
»Gottes Segen schwebt über Eurem löblichen
Unternehmen, mein lieber Niklas –.«, begann der
Monsignore einschmeichelnd, »doch ist ihm das ebenso
herzlose wie gewinnsüchtige Verhalten der Genuesen
zuwider,« – er gab seiner Stimme den Tonfall größter
Trauer und tiefster Betroffenheit – »die Euch an der Nase
herumführen, nur die besten Körner aus Eurem Aufgebot
mutiger und hoffnungsvoller junger Menschen
herauspicken wollen, aber nicht im geringsten vorhaben,
Euch auf ihren Schiffen ins gelobte Land zu fahren.
Davonjagen werden sie Euch! Mit Waffengewalt von hier
vertreiben!«
»Aber wir sind uns doch mit ihnen einig geworden!«
begehrte Daniel auf.
»Ist der Vertrag unterschrieben?!« fuhr ihm sofort
›Armin‹ übers Maul. »Ich sehe nur, daß nicht einmal die
Tore der Stadt uns offenstehen und daß meine Leute vor
Hunger krepieren!«
Damit hatte sie ungewollt Wasser auf die Mühle des
Inquisitors gegossen. »Da habt Ihr den Beweis, lieber
Daniel, daß Euer Abkommen nicht das Pergament wert ist,
auf dem es geschrieben!«
Er wandte sich dem betrübten Heiler zu. »Die heilige
Kirche läßt ihre Kinder nicht im Stich«, sagte er. »Ich
mache mich anerbietig, Euch zu Pisa so viele Schiffe zur
Verfügung zu stellen, wie notwendig sind und das für
Gottes Lohn, denn dort weiß ich fromme Seefahrer, denen
das Heil ihrer Seele mehr wiegt als der Geldsack, auf dem
die Genuesen sitzen! Zieht also die Küste hinab zu dieser
deutschfreundlichen Stadt –.«
Gil bemerkte die Unschlüssigkeit der Anwesenden, die
bittere Enttäuschung und Empörung, die es nun zu
beschwichtigen galt. »Im übrigen mache ich mich
anheischig«, das war jetzt wieder an Daniel gerichtet,
»diesen Geizkragen ohne Verzug den Proviant
abzuknöpfen, dessen Eure hungrigen Mäuler bedürfen, um
auf dem kurzen Weg keine Not mehr zu leiden!«
Das gab den Ausschlag. Niklas verfügte, daß am
nächsten Morgen der Aufbruch stattfinden sollte, Daniel
wurde beauftragt, sofort die Abwerbung zu unterbinden,
indem man verlauten ließ, daß alle Knaben, die sich in die
Listen eintrugen, in Wahrheit von den Genuesen als
Galeerensklaven vorgesehen waren. Der Inquisitor begab
sich zu den Behörden der Stadt und bot ihnen an, sie von
der gesamten Plage zu befreien. Außer der
Marschverpflegung erhielt er auch eine stattliche Summe
baren Geldes, wie Timdal in Erfahrung brachte.
Dem Mohren schwante, daß der blonde Bote nach Pisa
entsandt war und daß dort den Kindern bei ihrer Ankunft
ein ähnliches Schicksal blühen könnte wie denen in
Marseille, wo der Monsignore wahrscheinlich auch seine
Hand im Spiel hatte. Der Unterschied war nur, daß Timdal
unter den Deutschen keine Freunde hatte, deren Los ihn
hätte bekümmern sollen. Es war auch sinnlos, sich gegen
den Lauf der Dinge zu stellen, denn, wenn er den
einflußreichen Agenten der Kurie hier öffentlich angeklagt
hätte, würde ihm weder einer glauben, noch jemand ihn
schützen. So verkaufte der Mohr die ihm liebgewordene
Kutsche samt Pferden und Knechten. Aus seinem
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