Das Kreuz der Kinder
Königshofs von Palermo vorgestellt
hatte, und Alekos, wenig ehrerbietig, den sogleich mit
seiner direkten Frage nach dem Ring anging.
»Seine Existenz konnte nicht an Euch vorübergegangen
sein, verehrter Herr, Euer Eingreifen in Rom beweist es!«
Der Grieche zeigte weder Neugier noch Scheu. »Wer
hatte ihn?!« und er fügte die Antwort gleich hinzu. »Ich
sage: Ihr!«
Armand de Treizeguet schmunzelte. »Klug gefolgert,
doch nicht schlüssig!«
Der Chevalier wandte sich an seinen Gastgeber. »Ihr
habt Euch recht gescheite Chronisten ins Haus geholt, die
vor den Ungereimtheiten der Geschichte nicht
kapitulieren, auch, wenn sie den Beweis ihrer kühnen
Thesen schuldig bleiben.«
Der Emir lächelte geschmeichelt, doch Alekos wollte
diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen. »Andernfalls
war der Überfall im Kloster auf Elgaine d’Hautpoul
fingiert und sie selbst hat im Stall –?«
Dem damit angesprochenen Rik verschlug es die
Sprache, sollte er selbst im Schlaf Opfer eines Anschlags
gewesen sein? Die Leiter fiel ihm ein, die am Abend nicht
dort gestanden hatte.
Der feine Herr Armand grinste. »Ihr werdet es erfahren,
wenn der erlauchte Kazar Al-Mansur es Euch gestattet, die
in Frage kommenden Verdächtigen auf ihrem weiteren
Weg zu begleiten –.«
»Das könnte denen so passen!« empörte sich der Emir
und winkte den Mohren streng zu sich heran. »Timdal, Ihr
wißt, was ich von Euch erwarte – ohne Umschweife!«
Er sah die betretenen Gesichter aller anderen in der
Bibliothek Anwesenden. »Mein Wort gilt: Keiner von
Euch wird von mir wegen seiner Aussage, egal welchen
Gehalts oder welcher Form, zur Rechenschaft gezogen.«
»Sozusagen freies Geleit für ein offenes Wort!« scherzte
der Gesandte. »Das mag ich nun für mich gleichfalls in
Anspruch nehmen!«
Er nahm den Emir unter den Arm und führte ihn aus der
Sala al-Kutub.
»Gehen wir in meine Gemächer«, bot Kazar Al-Mansur
dem Chevalier an, »dort sind wir ungestört.«
»Keine Löcher in der Decke, kein Lauscher an der
Wand?!«
Armand de Treizeguet besaß eine leichte Hand, mit
schwierigen Situationen umzugehen.
Der Emir schüttelte abweisend den Kopf, ganz sicher
war er sich nicht. Sie saßen sich gegenüber in dem
geräumigen Eckturm, dessen hohe Fenster auf den flach
abfallenden Friedhof, die Maqbara, hinabblickten und
dahinter auf das geschützte, in den Fels geschnittene
Hafenbecken.
»Es ist für meinen Herrn, den Sultan im fernen Kairo,
gut zu wissen, daß er in Eurem König stets einen
zuverlässigen Freund hat, selbst, wenn Friedrich
demnächst die Kaiserkrone tragen wird.«
Der Emir erwartete auf diese formale Bestätigung des
bestehenden ersprießlichen Verhältnisses nichts anderes
als eine Replik, die das gleichlautende Interesse beteuern
würde. Statt dessen lehnte sich Armand de Treizeguet
zurück, nippte an dem heißen Minztee und wartete, bis der
servierende Diener sich zurückgezogen hatte.
»So sollte es sein«, hob er dann vieldeutig an, was den
arglosen Kazar Al-Mansur aufmerken ließ, »doch gerade
die Krönung zum Herrscher des Imperium Romanum, die
nur der Papst vornehmen kann, birgt die Gefahr, daß sich
der Status quo zwischen Sultanat und Reich verändern
könnte.«
Der Emir ließ ihn weitersprechen. »Der Pontifex
Maximus macht zur ›conditio sine qua non‹ der Krönung,
daß sich der gesalbte Kaiser danach unverzüglich an die
Spitze eines gewaltigen Heeres stellt, das seiner Macht
und Würde entspricht, und auszieht, das Heilige Grab zu
befreien –.«
»Das wird er, ein Mann von Ehre, jedoch nicht –?!«
»Wieso ›nicht‹!?« unterbrach ihn sarkastisch der
Gesandte. »Höchste Ehr und Pflicht eines allerchristlichen
Herrschers: Ein Kreuzzug wider die bösartigen Heiden!«
»Das sind wir«, war die bittere Erkenntnis des Emirs, es
ärgerte ihn, sie ausgesprochen zu haben. »Vergessen sind
plötzlich alle geistreichen Briefe, in denen die Toleranz
zwischen unseren Religionen gepriesen, unverbrüchliche
Brüderschaft beschworen wurde –.«
Kazar Al-Mansur spürte, daß schlichte Empörung
gegenüber dem Überbringer der unerfreulichen Botschaft
nicht angebracht war, zumal der selber darüber nicht
glücklich schien, so begnügte er sich damit, Trauer und
tiefe Enttäuschung zu zeigen. »Wie alle seine
ungebildeten, engstirnigen und starrköpfigen Vorgänger
als Heerführer des christlichen Abendlandes will sich jetzt
auch der feinsinnige und unserer Kultur
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