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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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glaubte er die Stimme des Unbekannten zu
kennen. »Wer sagt Euch, Chevalier«, antwortete er
unwirsch, »daß ich Palermo so bald wieder den Rücken
kehren werde – und ganz gewiß will ich mit diesem Ring
nichts mehr zu schaffen haben!«
    Der Fremde lachte leise durch die Atemlöcher seines
Kübelhelms. »Beides liegt nicht in Eurer zuverlässigen
Hand, Rik van de Bovenkamp!«
    Die Stimme senkte sich wieder zum sachlichen
Flüsterton. »Ihr seid hier schutzbedürftiger denn je und
tätet gut daran, meinen Wünschen Folge zu leisten, andere
möchten weniger behutsam mit Euch verfahren.«
    Er zog mit starker Hand Rik nahe zu sich heran. »Ihr
seht dort Niklas, den ehemaligen Anführer des Kreuzzugs
der deutschen Kinder, dem Ihr auch angehörtet« – Rik
leistete dem Druck Folge und erblickte den ›Heiler‹, der
sich gerade, von den Mönchen mit einer Decke
ausgestattet, im großen Saal seinen Schlafplatz suchte – »–
Ihr werdet nicht von seiner Seite weichen, mir alles
berichten, was er zu erzählen weiß, und vor allem dafür
sorgen, daß ihm nichts zustößt, denn der dumme Kerl ist
noch gefährdeter als Ihr.«
    »Und wenn ich mich weigere –.«, muckte Rik auf, als
der Deutschordensritter schon eine Tür geöffnet hatte, um
sich wieder zu entfernen.
»Ihr wollt doch Melusine de Cailhac wiedersehen –?«
    Die Stimme war so leise geworden, daß sie auf einen
drohenden Unterton verzichten konnte. Ebenso
geräuschlos schloß der Fremde die Tür hinter sich.
    Rik war sich jetzt sicher, Armand de Treizeguet
begegnet zu sein, doch wenn der Chevalier sein Gesicht
nicht zeigen wollte, hatte er dafür seine Gründe, und er
selbst würde gut daran tun, sie zu respektieren. Rik begab
sich also zu Niklas, der hocherfreut war, nach so langer
Zeit einen seiner ersten Anhänger wiederzusehen. Er
schloß ihn sofort in sein törichtes Herz.
    Rik bedachte die Situation des Armand de Treizeguet –
so jener es denn wirklich war, der sich hinter der eisernen
Maske verbarg. Der umtriebige Chevalier mußte seinen
Gegenspieler in der Stadt wissen, auch Rik konnte die
Präsenz des Monsignore förmlich riechen: Durch alle
Ausdünstungen des Schlafsaals hindurch, allen
Schweißgeruch der Fußlappen frommer Pilger zog sich
der Dunst von Moschus und Myrrhe, der dem Gilbert de
Rochefort zu eigen war.
    Dankbar hatten Rik und sein Schutzbefohlener Niklas
die Erlaubnis des Chevalier aufgenommen, täglich
zweimal der stickigen Enge des Hospizes zu entfliehen
und mit der Kutsche durch die Stadt zu fahren, von Kirche
zu Kirche, bis es Rik dämmerte, daß diese
Zurschaustellung nur dazu diente, den unsichtbaren
Gegner aus der Reserve zu locken, ihn auf den Heiler zu
hetzen. Klar wurde ihm das, als Niklas sich vertrauensvoll
an ihn wandte und ihn fragte, was es nach Riks Meinung
mit ›einem Tempel des Zeus‹ auf sich haben könnte, ›der
stolz ins Meer rage‹? Rik faßte nach und erfuhr etwas
wirr, daß dies der geheime Treffpunkt sei, an dem sich der
Herr Inquisitor mit den beiden Handelsherren verabredet
habe, die ihm die Schiffe für den Transport der Kinder
gestellt. Wenn er den Ort wüßte, gestand ihm der Heiler,
dann wolle er sich schnurstracks dorthin begeben, um
ebenfalls an Bord eines Schiffes zu gelangen, das ihn nach
Jerusalem brächte, wo er sich endlich wieder mit allen
vereinen könne, die jetzt die Reise ohne seine Führung
bestehen müßten. Rik nickte einverständig, merkte sich
die Worte und versprach, sich kundig zu machen.
    Elgaine d’Hautpoul bekam den eigenmächtigen Diener der
Kurie zwar nicht zu Gesicht, aber dessen Macht
handgreiflich zu spüren. Am hellichten Tag inmitten des
königlichen Palastes wurde ihr ein Sack über den Kopf
gestülpt, ein strenger Geruch – war es Moschus? War es
Myrrhe? – nahm ihr den Atem, ohne daß sie sich wehren
konnte. Über geheime Treppengänge wurde sie in die
Kellergewölbe geschleppt wie eine willenlose Puppe. Der
Sack wurde ihr erst abgenommen, als sie stöhnend
anzeigte, daß sie ihr Bewußtsein wiedererlangt hatte.
    Das Inquisitionstribunal tagte in einem dunklen Saal,
den Elgaine vorher nie gesehen hatte. Im flackernden
Licht der Fackeln saßen die schwarzgewandeten Männer
mit langen, spitzen Kapuzen, die nur schmale Sehschlitze
freiließen. Mit den Lebensgeistern war auch ihre übliche
Forschheit zurückgekehrt, das Hoffräulein ging zum
Angriff über.
»Monsignori!« blaffte sie. »Was Ihr auch immer glauben

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