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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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nach aufs Deck. Als
er sich nicht sofort wieder erhebt, greifen die
aufmerksamen Morisken zu. Ohne viel Federlesens wird
der hilflose Körper noch vor Erreichen des Hafenbeckens
ins Meer geworfen, hätte er doch den Wert der gesamten
Fuhre nur gemindert. Die Schwanzflossen der hier
lauernden Haie und das sich rot verfärbende Wasser
zeigen unerbittlich sein Schicksal an.
    »Ein unerfreuliches Schauspiel«, knurrte der Hafside,
»aber was, – bi ismil Sheitan! – hat Euch damals dazu
gebracht, Tunis, den Hafen des Gouverneurs anzulaufen,
anstatt direkt in Euren sicheren Felsenhort von Mahdia zu
segeln?«
    Kazar Al-Mansur schaute sein Gegenüber an, verwirrt
ob der unerwarteten Frage. »Sturm«, sagte er dann mit
entwaffnender Offenheit. »Ein plötzlich aufkommender
Sturm zwang mich, dort Zuflucht zu suchen, hatte ich
doch das junge Weib an Bord, dessen Leben ich nicht
gefährden wollte, um nichts auf der Welt! Melusine –.«
Seinen Seufzer unterbrach der Hafside: »Statt dessen
brachtet Ihr den gerade errungenen Besitz in Gefahr –.«
    »Ich durfte mit der Gastfreundschaft des Gouverneurs
rechnen, der war leider nicht zugegen! Der Obereunuch
Ahmed Nasrallah legte seine Machtbefugnisse recht
eigenwillig aus, doch das merkte ich erst, als er an Bord
meines Schiffes kam und die Prinzessin zu sehen verlangte
–.«
»Das ist sein Vorrecht als Beschnittener –.«
    »Ich gewährte ihm den Zutritt, ließ ihn auch
wunschgemäß mit Melusine allein in ihrem Zelt, nachdem
ich darauf hingewiesen, daß es sich um meine Frau
handelte, die Ehe bereits vollzogen –.«
    »Ich hätte dem gräßlichen Fleischberg sofort gehörig auf
den Finger geklopft!«
»Der Kabir at-Tawashi – so Ihr darauf anspielt – machte
von den ihm zustehenden Rechten keinen Gebrauch,
wurde auch keineswegs zudringlich, sondern gab sich
überaus freundlich und einfühlsam –.«
»Zweifellos ein Meister seines Fachs!« hämte Abdal
weit weniger rücksichtsvoll. »Melusine öffnete ihm ihr
Herz?«
»Offen in ihrer Art und zugleich verstört wie sie war
nach allem, was über sie hereingebrochen, versuchte sie,
schon für sich selber Klarheit in ihre Gefühle zu bringen.
So erzählte sie dem Ahmed Nasrallah von ihrer
verwüsteten okzitanischen Heimat, von dem blonden
deutschen Ritter, der sie gerettet und den sie nie
wiedergesehen hatte, von ihrem treuen Freund Pol, von
dem sie wiederum nicht wüßte, ob er noch am Leben sei.
Das alles fand der Eunuch fürchterlich aufregend und
pikant, so daß in ihm die Vorstellung reifte, eine solch
wilde Rose würde mit ihrem fremden Duft den Sultan im
fernen Marrakesch erfreuen, zumal sie eine Königstochter
war. Schließlich stand er, der ›Kabir at-Tawashi‹, dessen
Harem in Tunis vor, so sich der Miramolin dorthin begab.
Der treue Ahmed Nasrallah würde das erworbene Juwel
jedoch seinem Herrn als kleine Aufmerksamkeit nach
Marokko schicken – Das alles sagte er nicht, sondern
schenkte Melusine ein kostbares Halsgeschmeide,
verabschiedete sich galant, beglückwünschte mich, den
wartenden Ehemann, mit falscher Zunge zu dem guten
Fang und ließ mich nebenbei wissen, daß er mich zum
Abendessen im Gouverneurspalast erwarte –.«
»Da müssen bei Euch doch alle Nawaqia endlich Alarm
geläutet haben!?« erregte sich der aufmerksam lauschende
Abdal.
Der Emir nickte. »Mir war klar, was ich von dieser
Einladung zu halten hatte: Ich würde die Tafel nicht als
freier Mann verlassen, und wenn, dann um den Preis des
Verlustes von Melusine. Ich sprach mich offen mit ihr aus,
ohne ihr Vorwürfe zu machen, und sie willigte ein.
Ebenfalls instruierte ich meine Mannschaft. Mein mir treu
ergebener Kapitän bewog ein gerade eingelaufenes
Frachtschiff –.«
»Das gehörte mir«, schmunzelte der Hafside. »Es kostete
mich einiges, es wieder freizubekommen!«
»Laßt mich es Euch nachträglich danken«, fuhr Kazar
Al-Mansur bewegt fort. »Kaum hatte ich den
Gouverneurspalast betreten, setzte es sich gemächlich in
Bewegung und hielt auf die Hafenkette zu, zwischen den
beiden Wachtürmen. Die schwere eiserne Kette wurde
heruntergelassen, doch genau als der Kiel Eures Schiffes
über sie hinweggleiten sollte, da tat Euer Kapitän so, als
habe er sich in ihr verhakt –.«
»Hatte er geschickterweise auch, von den Wächtern
unbemerkt, die er mit einem Hagel von Verwünschungen
eindeckte, während er eisern auf der Stelle hielt!«
Der Hafside war stolz auf seinen Mann und der

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