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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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geführten
Blöcken rheinaufwärts. Dafür sorgen unter Führung ihres
Obristen Karl Ripke die Leibgardisten des Niklas.
Gemeinsam haben sie die Idee ausgebrütet, den
Judengemeinden der Städte, die es zu passieren gilt, die
Kosten für die Verpflegung abzupressen, sei es in Form
von Lebensmitteln oder in barer Münze. So werden
›Fouragetrupps‹ vorausgeschickt, die zumeist aus den
berittenen Söhnen des Kleinadels bestehen, Raubritter und
Habenichtse.
    Mainz ist die erste größere Stadt, bei der sie anklopfen.
Doch wider alle Erwartung verbietet ihnen der mächtige
Erzbischof Siegfried von Eppstein, die Stadt auch nur zu
betreten, sondern läßt sie sogar der Bannmeile verweisen.
Sollte auch nur einer ihrer Haufen dies Gebot mißachten,
würde er das als Angriff auf seine Souveränität betrachten
und sie allesamt über die Klinge springen lassen.
    Die Eintreiber begnügen sich also damit, in sicherer
Entfernung des erbosten Reichsfürsten einige Dörfer zu
plündern, in denen, wie man ihnen heimlich zusteckt,
reiche Juden leben. Dann kehren sie zu ihren Anführern
zurück, die mittlerweile bereits durch das Rheintal an
Koblenz vorbei vorgestoßen sind.
    Getreu der Anweisung ihres Protektors Daniel halten
sich Randulf und seine Schwester Dörte stets in
unmittelbarer Nähe des Niklas auf, den sie inzwischen
hoffnungsvoll ihren ›Heiler‹ nennen, nachdem das Wort
vom ›Scharer‹ nunmehr verpönt ist. Auch der neue
Ausdruck ruft nur milden Spott des ›Legatus Domini‹
hervor. »Solange ihr Niklas nicht zum ›Salvator mundi‹
erhebt«, gibt Daniel dann aber doch dem Titel seinen
Segen.
    Das mag der stolze Wortschöpfer Randulf so nicht auf
sich sitzen lassen. »Wer von euch ohne Fehl, der werfe
den ersten Stein«, erwidert er trocken dem eitlen
Priesterzögling, worauf der den Krüppel schuldbewußt
umarmt und dafür sorgt, daß noch mehr Behinderte,
Verstümmelte, von unheilbaren Leiden Befallene auf dem
vierrädrigen Leiterwagen reisen können, der Niklas
befördert. Ein Ochsengespann zieht das Gefährt, und alle
streiten um die Ehre, es lenken zu dürfen. Diese sichtbare
Bevorzugung der Ärmsten unter den Armen sorgt bei den
Klöstern und Kirchlein am Rand ihres Weges für
mildtätige Herzen und bringt dem ›Heiler‹ immer
größeren Zulauf von Leidenden, die sich von ihm ein
Wunder erwarten. Niklas fühlt sich erstaunlicherweise in
ihrer Nähe sauwohl, denn sie hängen an seinen Lippen und
bejubeln seine Ansprachen – ein dankbares Publikum!
Außerdem ersetzen sie jede Art von Leibwache, schlafen
sie doch wie treue Hunde rings um seine Lagerstatt und
würden sich eher zerreißen lassen, als hinzunehmen, daß
ihm ein Leid geschehe. Daniel selbst tritt dabei so wenig
wie möglich in Erscheinung, schon um Karl Ripke nicht
zu reizen, der eifersüchtig auf den Erhalt seiner Stellung
als Oberbefehlshaber, Stellvertreter und offizieller
Sprecher des Niklas achtet, und der Ausdruck ›Heiler‹
gefällt ihm ganz und gar nicht. Doch die eigene
Hausmacht des Obristen, die ursprünglichen
Leibgardisten, sind allesamt als Unterführer auf die
einzelnen ›Heeresblöcke‹ verteilt, so muß er das um
Niklas gescharte ›lebensunwerte Krüppelpack‹
mißbilligend in Kauf nehmen. Gewiß nicht für alle
Zeiten…
    »Kurz vor Worms –.«, unterbrach Daniel seine
Niederschrift und wandte sich an Irm und Rik, »stießt Ihr
mit Oliver von Arlon und einigen jungen Rittern, die sich
Euch angeschlossen hatten, zum ›Kreuzzug der deutschen
Kinder‹ – wieso?«
    Der Secretarius nahm die Frage zum willkommenen
Anlaß, sich seine klammsteifen Finger zu reiben, so bot er
auch gleich das Gegenargument an. »Eigentlich wolltet Ihr
doch nach Marseille, hättet Euch also von Styrum gleich
gen Süden wenden müssen?!«
    Irm zuckte mit den Achseln. »Das habe ich mich damals
auch gefragt, aber –.«
Rik kam ihrer Erinnerung zu Hilfe.
»Wir waren kaum losgeritten, da trafen wir auf Gilbert
de Rochefort.«
»Zufall?«, entfuhr es Daniel unüberlegt, um dann selbst
eine Antwort zu suchen. »Oder spionierte der hohe Herr
mir etwa nach?«
Rik lächelte über den späten Argwohn – es war wohl
Eitelkeit. »Der Herr Inquisitor – oder welches Amt auch
immer er im Klerus bekleidete – erzählte uns beglückt…«
»Äußerst geschwätzig!« fuhr Irm grob dazwischen.
»– zumindest mit großem Stolz auf Euch, lieber Daniel,
daß er zu Mainz den Kreuzzug habe vorbeiziehen

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