Das Kreuz des Zitronenkraemers
an den bewusstlosen Andreas gekettet und würde mit ihm zusammen hier verrecken. Denn daran, dass Schönemann Hannes abknallen würde, wenn er seine Papiere hatte, zweifelte sie keine Sekunde.
Ob Claire wirklich mit dem Schmuck unterwegs war? Oder hatte Hannes nur geblufft?
Sie schickte Paula weg. Wenigstens der Hund sollte noch mal lebend hier raus kommen. Aber Paula wich ihr nicht von der Seite. Liebevoll leckte sie ihr ständig das vor Tränen nasse Gesicht. „Aus, Paula“, schrie sie, als die Hündin sich nun daran machte, interessiert an dem stinkendem und schmutzigen Verband um Andreas Hand zu knabbern.
Andreas wachte dadurch wieder auf. Er versuchte, den Hund zu tätscheln und griff immer wieder dabei ins Leere. Er murmelte irgendwelche Worte. Anne glaubte, den Namen Newton heraus zu hören. Dann auf einmal ganz deutlich: „Bernd, bist du auch da?“
Anne schaute dieses verrückt gewordene Häufchen Elend an. Er lächelte und versuchte, Paulas Schnauze zu küssen. „Hör doch auf, Paula“, jammerte Anne und fühlte sich so hilflos, wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Sie weinte wieder.
Dann sah der Hund plötzlich auf. Mit einem Satz sprang Paula von der Matratze und rannte in den dunklen Gang. Auch Anne konnte jetzt die Schritte hallen hören. „Anne!“ Hannes Stimme. „Oh mein Gott“, etwas anderes konnte Anne vor lauter Dankbarkeit nicht über die Lippen bringen. Dann sah sie ihn auf einmal im Eingang der schummrigen Höhle stehen. In seinen Shorts und dem alten T - Shirt.
Atemlos und voller Hektik kniete Hannes neben ihr nieder und nestelte an dem Kabelband herum. Endlich war sie frei. Sie fiel in seine Arme und weinte. Endlos, wie es ihm erschien.
„Es ist vorbei!“, flüsterte er leise in ihr Ohr. „Komm, lass uns hier verschwinden.“
Hannes versuchte, Anne hochzuziehen. Sie hatte immer noch Angst. „Aber … wo ist er …?“
Jetzt lachte Hannes verschmitzt. „Oh, mach dir um ihn keine Sorgen. Er genießt gerade Peters Gesellschaft.“
Anne kam endlich auf die Beine. „Woher wusstest du, wo ich …“ Hannes unterbrach: „Erzähl ich dir alles später, jetzt lass uns endlich von hier verschwinden.“ Er zog sie am Arm. Anne stockte. „Und Andreas? Wir können ihn doch nicht hier liegen lassen, er muss dringend ins Krankenhaus.“
„Notarzt und Polizei sind unterwegs.“ Hannes betrachtete Andreas, der wieder eingeschlafen war. „Wir sollten auf die warten, ich glaube nicht, dass wir ihn auf die Beine schaffen können.“
„Er hat ihm den Finger abgeschnitten“, begann Anne eine Erklärung für seinen Zustand und machte sich mit Hannes zusammen auf den Weg nach draußen. „Ich weiß, Claire hat heute Morgen angerufen. Sie hatte ihn in der Post. Du kannst dir sicher vorstellen, wie es ihr geht.“
„Moment mal“, schrie Anne dazwischen und war stehen geblieben. Sie riss sich aus Hannes Arm und lief zurück in die Höhle, um bald darauf wieder aufzutauchen. Sie klopfte den Staub von einem schwarzen ledernen Buchrücken. „Was hast du da?“, wollte Hannes wissen.
Anne umschlang das Buch mit beiden Armen. „Dies nehme ich an mich, bevor die Polizei hier eintrifft. Es ist das Tagebuch von Ambrosius Carove. Darin steht, wie diese Geschichte hier ihren Anfang nahm.“
Hannes schüttelte nur den Kopf und zog sie endlich in das strahlende Sonnenlicht hinein. Dort saß ein mit Klebeband gefesselter und geknebelter Schönemann auf dem Boden. Sein Kopf war blutverschmiert. Peter hielt eine Waffe in seine Richtung und ließ ihn nicht aus den Augen. Paula lag mit hechelnder Zunge an Peters Seite.
Aus der Ferne hörten sie Tatütata näher kommen.
Peter reichte Hannes sein Handy zurück. „Du hattest in der Zwischenzeit einen Anruf“, sagte er, ohne den Blick von Schönemann zu nehmen. „Diese Claire hat angerufen und mich wüst beschimpft, dass sie vor deiner Haustür stünde und du nicht da wärst.“
Hannes tippte hastig auf dem Apparat herum. „Ich muss sie zurückrufen. “
„Brauchst du nicht mehr“, meinte Peter ohne Regung in der Stimme, „sie ist schon auf dem Weg hierher. Nachdem sie mehrfach gekreischt hatte, sie hätte den Finger ihres Ehemanns dabei, hab ich ihr erzählt, dass wir gerade den Rest von ihm gefunden haben.“
Jetzt schaute Peter Hannes sorgenvoll an. „Er lebt doch noch, oder? Ich hab dieser Frau gesagt, es geht ihm gut.“
„Mehr oder weniger“, stammelte Hannes.
Endlich sahen sie den Notarztwagen.
*
Trotz der Hitze in
Weitere Kostenlose Bücher