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Das Kreuz des Zitronenkraemers

Das Kreuz des Zitronenkraemers

Titel: Das Kreuz des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Bonerz , Johanna Kirchen
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Ambrosius war aber noch nicht zufrieden. Er wollte ein bestimmtes Wort hören. „Das waren bislang zwei Wörter. Nenn mir ein drittes. Das größte von allen Wörtern mit L!“
    Giulia neben ihm senkte den Kopf zu Boden. Ihr zartes Gesicht hatte eine rosa Farbe angenommen. „Ach hör auf, dieses Spiel ist langweilig. Das kann ich doch schon alles, ist was für kleine Kinder … sieh mal, Ambrosius!“, sie deutete mit dem Finger nach vorn. Dort fuhr der Wagen, auf dem Onkel und Vater saßen und ihr Pferd abwechselnd vorantrieben. „Da haben sie Flügel und wollen trotzdem lieber auf dem Wagen reisen.“
    Ambrosius sah die drei Buntfinken, die am Ende der Ladefläche auf dem Karren saßen. Sie blickten zu Ambrosius zurück, so, als sähen sie ihn an. Irgendetwas schien sie aufgeschreckt zu haben, denn sie erhoben sich plötzlich alle drei gleichzeitig in die Lüfte und verschwanden.
    „Liebe“, sagte Giulia neben ihm leise. „Was?“ Ambrosius hatte immer noch das Bild mit den Buntfinken im Kopf. „Liebe ist das größte Wort mit L. “ Das Mädchen schaute immer noch auf den Boden. „Du hast Recht, Giulia.“ Auch Ambrosius war nun still. Bald würde er sie in diesem Kloster abgeben müssen. Dann würde er sie vielleicht niemals wieder sehen. Er wurde mit einmal so traurig wie noch nie zuvor. Er wollte diesen Moment festhalten, ihn für immer in seiner Erinnerung behalten. Beide sprachen kein Wort mehr. Bald ruckelten sie über die holprige Steinstraße zum Burgtor hinauf. Onkel Ambros drehte sich auf dem Kutschbock des vorderen Wagens fröhlich zu ihnen um. Er winkte: „Wir sind in Cochem, Ambrosius!“
    „Ich weiß“, flüsterte er zurück und half Giulia beim Hinunterklettern aus dem Karren.
     
    Abends lagen Vater und Onkel satt und zufrieden in der kleinen Burgkammer, die ihnen zugewiesen worden war. Sie hatten ein gutes Geschäft gemacht. Ambrosius hatte mitgefeilscht und die Qualität ihrer Ware angepriesen. Lachend hatte Thomas vorhin zu Ambrosius gesagt: „Wir müssen aufpassen, dass wir in Trier noch ein paar Zitronen übrig haben, sonst wird der Erzbischof sehr enttäuscht sein.“ Dabei hatte er Ambrosius stolz auf die Schulter geklopft. „Unsere Reise steht in diesem Jahr wahrlich unter einem guten Stern, vielleicht liegt es daran, dass du dabei bist“, hatte Onkel Ambros noch augenzwinkernd hinzugefügt. Jetzt schnarchten beide leise. Giulia war in der Kammer der Dienstmägde untergebracht. Ambrosius fand keinen Schlaf. Im schummrigen Schein einer kleinen Kerze kratzte er mit einem Stück Kohle auf ein Blatt Pergament. Er hatte den Wagen bereits gemalt. Jetzt versuchte er sich an den Vögeln. Er rief sich das Bild von heute Nachmittag in Erinnerung. Er zeichnete drei Buntfinken, die auf der Ladefläche saßen und zu ihm zurück schauten. Als er fertig war, begutachtete er sein Bild. Drei Vögel auf einem Karren, die zurückschauten. Er war zufrieden. Er schrieb seinen Namen darunter. Er würde es Giulia zum Abschied schenken. Vielleicht würde sie ja dadurch Ambrosius Carove, Zitronenkrämer aus Lenno in Italien, immer in Erinnerung behalten und nicht vergessen, bis er wiederkehren würde.
     
     

Kapitel 8
     
    „Autsch!“, Claire biss sich auf den Finger. „Verdreckte Rosenhecke“, schimpfte sie und zupfte sich vorsichtig den spitzen Dorn aus der Hand. Irgendwo bellte in der Ferne ein Hund. Claire kam von den Knien hoch und streifte sich die Haare aus dem Gesicht. Vielleicht sollte ich doch einfach den Vordereingang benutzen, dachte sie, als sie sich ihre zerkratzen Unterarme im Vollmondlicht betrachtete.
    Bestimmt schon eine halbe Stunde robbte sie jetzt hier herum. Der schwarze Sportdress war völlig verdreckt, außerdem taten ihr der Rücken und die Knie weh.
    Sie sah die Scheinwerfer eines Autos kommen. Der Wagen wurde langsamer und sofort ging Claire wieder in die Hocke. Aha, der Nachbar kam heim. Claire hörte das Tor von nebenan summen. Mit einem Stöhnen suchte sie weiter. Der Haupteingang war zu gefährlich. Die gesamte Umgebung wusste vom Mord an Bernd und auch sicher, dass das Haus noch nicht freigegeben war. Außerdem prangte ja das Polizeisiegel am Tor. Sie konnte nicht einfach allein da reinspazieren, selbst mit einem Schlüssel nicht. Irgendjemand würde sie bestimmt sehen und die Polizei anrufen.
    Das Auto kam quietschend zum Stehen und setzte noch einen kleinen Stolperer hinterher, bis der Motor endlich den Geist aufgab und verstummte. Der Mann hievte sich

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