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Das Kreuz des Zitronenkraemers

Das Kreuz des Zitronenkraemers

Titel: Das Kreuz des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Bonerz , Johanna Kirchen
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die Wachen den Beginn des neuen Tages ankündigten.
     
    Als erstes würden sie Giulia zum Kloster bringen. Auf dem Weg dorthin sah sie ihn nicht an und sprach noch immer kein Wort. Aber sie hielt seine Hand so fest wie ein verängstigtes Kind. Onkel Ambros führte die Gespräche am großen hölzernen Eingangstor, welches der einzige Durchlass in den hohen Mauern war. Die wundervollen Augen versteckten sich unter einem dicken Schleier aus Tränen, als Giulia ihm doch noch einen letzten Blick schenkte. Ohne sich nochmals umzudrehen, schritt das Mädchen schließlich durch das Portal und verschwand aus Ambrosius Leben.
    Aber er hatte gesehen, dass sie sich fest an einer Rolle Pergament geklammert hielt, die sie unter dem Ärmel trug. Er wusste, dass es das Bild war. Sein Bild mit der Erinnerung an die fahrenden Karren mit den Vögeln, die zu ihm zurückschauten. „Ich werde zu dir zurückkehren“, flüsterte er leise. „Ich verspreche es!“
    Der Onkel drückte ihm eine Münze in die Hand. „Hier“, sprach er, ohne Ambrosius anzusehen, „dein erstes selbst verdientes Geld. Die Äbtissin hat bereits Botschaft von Borse erhalten und den Lohn für dich verwahrt.“
    Ambrosius umgriff den Goldflorentiner mit seiner Hand. Nur zu einem Zweck würde er diese Münze einsetzen. Für seine nächste Reise nach Trier. Wie zum Schwur streckte er der Mauer seine erhobene Faust mit der Münze darin entgegen. Dann würde er Giulia zu sich nehmen. Wenn sie es dann noch wollte.
    Der nächste Weg führte die drei Caroves quer durch die belebte Stadt zur kurfürstlichen Residenz. Das alte römische Palantium war vom Vorgänger des heutigen Kurfürsten umgebaut und umgestaltet worden.
    Ambrosius war beeindruckt von dem riesigen Bauwerk und bewunderte den halbrunden Apsisturm und die Westseite des langen Baus aus alter Zeit. Die nördliche Mauer war neu hochgezogen worden und Ambrosius erfuhr, dass der Kurfürst und Erzbischof den ebenfalls neu gestalteten Ostflügel bewohnte.
    Ehrfürchtig schritt er durch die Halle, deren Ausmaße er sich in seinen kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können. Philipp Christoph von Sötern hielt Audienz.
    Ambrosius musste sich mit seinem Onkel und Vater in die Reihe einstellen. Er erkannte Adelige, die sich durch ihre Kleidung von der einfachen Bürgerschaft abgrenzten. Die einfachen Leute trugen Kleidung aus gemeinem Tuch und Schuhe aus Leder. Die Adeligen trugen ausladende Hüte mit Bändern, weite Gekräusel über samtenen Mänteln in allen Farben, verbrämte Hosen, bunte Strümpfe und Pantoffel aus Seide. Goldkordel und silberne Ringe trugen sie zur Verzierung und manch einer war mit güldenen Messerscheiden und Degen ausstaffiert.
     
    Der Erzbischof dagegen sah armselig aus. Alt und gebrechlich saß er auf einem mit grünem Damast bezogenen Sessel am Ende der Halle. Außer einem Ring aus kleinen grauen Locken hatte er ein kahles Haupt. Die Nase lief starr und spitz geradewegs nach unten und versteckte damit fast die schmalen, verkniffenen Lippen. Das Kinn wurde von einem Ziegenbärtchen verdeckt. Sein weißer Kragen war steif und klein. Darunter trug der Bischof einen grauen Rock, verziert mit gestickten Ornamenten.
    Endlich waren sie an der Reihe. Philipp Christoph zeigte keine Anzeichen eines Wiedererkennens, als Onkel Ambros mit ihm sprach. Dennoch wies er seinen Schatzmeister an, 6 Pfund Zitronen zu kaufen.
    Ambrosius war von dieser großen Menge überrascht, aber sein Vater Thomas war enttäuscht, als sie die Halle verließen. Er hatte sich mehr erhofft.
    Aber es blieb ihnen ja noch der Marktplatz. In der Nähe des Brunnens bauten sie aus einem der Karren ihren Stand. Wie sie erfreut feststellten, waren sie die einzigen Zitronenhändler auf dem Platz. Das ließ hoffen. Schleppend begann das Geschäft, aber bis zum Nachmittag hatten sie etwa ein Drittel ihrer Früchte an den Mann bringen können.
    Ambrosius wollte die Stadt besichtigen und vor allem sein Versprechen einlösen: Er wollte im Dom vor dem heiligen Gewand eine Kerze stiften.
    Er musste nur den Fischmarkt überqueren und sah bald die beiden eindrucksvollen Türme, die rechts und links die Apsis flankierten. Die Ecken des Doms waren durch Treppentürme betont und vor dem rechten Portal wunderte Ambrosius sich über das Bruchstück einer wohl ehemals gigantischen Säule. Er klopfte auf den am Boden liegenden Stein. Granit.
    Ehrfürchtig schritt er durch das Tor. Er bestaunte steinerne Figuren und Wandreliefs. Er wandelte

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