Das Kreuz des Zitronenkraemers
ziemlich angetan von Anne.“ „Und wieso war er von dir angetan?“ Hannes starrte Anne an. „Wieso, ist das so unwahrscheinlich? Ich meine, dass ein Mann von mir angetan ist?“ Anne war beleidigt. „Quatsch, so hab ich das doch nicht gemeint“, beschwichtigte er sofort, „ich meine, woher kennst du ihn überhaupt?“
„Na aus der Bibliothek. Ich hab doch eine Zeit lang ständig Jutta dort besucht und in Sachen Carove recherchiert.“
„Stimmt ja“, erinnerte sich Hannes. „Du warst ja ganz besessen davon. Und jetzt fallen dir diese Papiere von deinem Ambrosius sozusagen aus dem Himmel in deine Hände. Schon irgendwie ein komischer Zufall.“ Hannes lehnte sich zurück und nippte nachdenklich an seinem Sekt.
„Auf jeden Fall wollte Micha Anne ständig bei ihren Recherchen helfen und sie sogar mal besuchen, wegen des Wappens, du weißt schon.“ Jutta machte eine zweideutige Geste. „Ich glaube, er war in Anne verknallt.“
„Oder er wollte wirklich an die Dokumente.“ Hannes legte seine Hand auf Annes Unterarm. „Du solltest vielleicht doch zur Polizei. Wer sagt, dass dieser Typ aufgegeben hat? Vielleicht steigt er ja noch mal bei dir ein. Irgendwie muss er ja Wind davon bekommen haben, dass hinter diesem Wappen was versteckt war.“
„Du hast ja Recht Hannes, aber was du eben gesagt hast, stimmt auch. Die Polizei wird die Papiere einbehalten und weg sind sie, bevor wir wissen, was eigentlich wirklich drin steht“, gab Jutta zu bedenken.
„Wisst ihr was, Leute, ich werde zu einem Anwalt gehen oder so, vielleicht kann er mir ja irgendwas aufsetzen, eine Bestätigung, dass diese Dokumente mir gehören. Dass ich sie gefunden habe, in meiner Wohnung, oder halt so was in der Art.“
Anne wirkte selbst nicht so richtig überzeugt von ihrem Plan. „Das kann höchstens ein Notar bekunden, glaube ich zumindest“, gab Hannes zu bedenken.
„Also da hab ich eine Idee“, Anne blickte bedeutungsvoll in die Runde. „Morgen werde ich unseren gemeinsamen Freund Wilhelm Lehnertz aufsuchen, Hannes. Du weißt schon, dein Anwalt“, klärte sie ihn auf und reagierte damit auf den fragenden Blick. „Er kann mir sozusagen Rechtsbeistand leisten und außerdem befindet sich in dem Gebäude, wenn ich mich recht erinnere auch eine Notarkanzlei. So kann der gute Willi Lehnertz mir vielleicht gleich einen Termin beschaffen. Zumindest hatte er behauptet, ich könne jederzeit zu ihm kommen, wenn ich mal ein Problem haben sollte.“ Anne lächelte stolz über ihren klugen Einfall. „Blöder Schmiersack“, brummelte Hannes vor sich hin. „Was hast du gesagt?“, wollten Jutta und Anne gleichzeitig wissen. „Ach nichts“, meinte Hannes und bestellte bei der vorbeilaufenden Kellnerin eine zweite Flasche Sekt.
*
Mit Ringen unter den Augen fuhr Hannes in den herrlichen Morgen hinaus. Gestern Abend war es wohl doch etwas spät geworden. Die ganze Nacht hatte er an Anne gedacht. Ob ihr der Kuss in Düsseldorf etwas bedeutet hatte? Gestern Abend auf dem Viehmarkt hatte sie ihn nur wie einen guten Freund behandelt. Er musste unbedingt mit ihr reden. Vielleicht ergab sich ja nach der heutigen Suche eine Gelegenheit dazu. Die Sucherei würde wahrscheinlich auch diesmal wieder sinnlos sein. Aber Hannes hatte keine Ruhe. Irgendetwas trieb ihn an, es noch mal versuchen zu wollen.
Vielleicht würde er ja irgendwann diesem mysteriösen blauen Lieferwagen begegnen. Gedankenverloren tuckerte er gemütlich am Sportplatz vorbei, als Bauer Franz mit seinem Treibwagen mit Kühen aus einem Nebenweg auf den Landwirtschaftsweg auffuhr. Na ja, er hatte ja Zeit. Gemächlich rollte er hinter der Karawane her. Immer wieder musste Hannes sich wundern, wie gelassen die rot-bunten Rinder in ihrem Käfig hinter dem Traktor liefen. Es waren auch einige struppig wirkende Kälber dabei. Wahrscheinlich erst ein paar Tage alt. Dicht gedrängt und etwas ängstlich liefen sie mit ihren Mamas mit. Nun würden sie die große Welt kennen lernen. Raus aus dem Stall und ab in die Freiheit.
„Bist spät dran für die Jagd“, schrie Franz grinsend aus seinem Traktor, als Hannes bei der Waldeinfahrt die Gelegenheit zum Überholen nutzte. Auf dem Golfplatz herrschte bereits Betrieb. Hannes erkannte Dr. Feld, der gerade seinen Schläger schwang. Der Frauenarzt im Ruhestand war immer einer der ersten auf dem Rasen. Seit Jahren betrieb er täglich diesen Sport in aller Frühe. Als Ausgleich für die Seele, wie er häufig betonte. Trotzdem war er
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