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Das kritische Finanzlexikon

Das kritische Finanzlexikon

Titel: Das kritische Finanzlexikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Wierichs
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Wachstumschancen eines Landes elementar gefährden würde. Leider hatten sich die beiden verrechnet. Ein Student aus Massachusetts konnte ohne großen Aufwand nachweisen, dass die Länder mit dieser hohen Staatschuldenquote nicht, wie von Rogoff und Reinhart behauptet, um 0,1 Prozent geschrumpft, sondern um 2,2 Prozent gewachsen waren. Die Harvard-Professoren gestanden die Rechenfehler ein, blieben aber bei ihrer grundsätzlichen Behauptung. »Maastricht« ist nichts anderes als der Versuch, die Leistungsfähigkeit eines Landes qua Messtechnik in den Griff zu bekommen. Ob das Messinstrumentarium sowie die dahinterstehenden Normen objektiv »richtig« sind, darüber kann man trefflich streiten. So profiliert sich die Riege der → Neoliberalen unter Verweis auf »Maastricht« als Befürworter der Austerität, der angeblich zwingend notwendigen Verpflichtung eines Staates, umfangreiche Sparmaßnahmen auch in Krisenzeiten ergreifen zu müssen. Auf der anderen Seite haben wir Länder wie die USA, die sich trotz immens hoher Schulden immer noch als kraftvolle Wirtschaftsmacht fühlen können.

market maker
    Market maker sorgen für einen schwungvollen Handel für die vielen → Produkte , die unsere Bankenwelt uns beschert. Offiziell werden sie als objektive Börsenmakler bezeichnet, deren ureigene Aufgabe darin besteht, die → Liquidität der ihnen anvertrauten Wertpapiere sicherzustellen und darüber hinaus temporäre Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage auszugleichen.
    Wie das aussehen kann, wird durch das folgende Beispiel beschrieben: Ein market maker ist an einer Börse für die X-Aktie zuständig. Zu einem bestimmten Zeitpunkt liegen zwei Kaufaufträge für die X-Aktie vor, ein Kaufauftrag über 200 X-Aktien, Limit 22,60 Euro, ein Kaufauftrag über 300 X-Aktien, Limit 22,40 EUR. Der Auftraggeber der ersten Order möchte maximal 22,60 Euro für die Aktie bezahlen, der zweite Auftraggeber maximal 22,40 Euro. Gleichzeitig liegt ein Verkaufsauftrag eines dritten Beteiligten vor; der limitiert seine Order über 250 X-Aktien mit 22,80 Euro, möchte also mindestens diesen Preis erzielen. Ein Umsatz kommt nicht zustande, da die Preisvorstellung des Verkäufers die Limits der Käufer übersteigt. Jetzt kann der market maker in Aktion treten. Er kauft zum Beispiel 150 X-Aktien für 22,80 Euro je Aktie. Im Börsenjargon wird seine Nachfrage mit »Geld 22,80« beziehungsweise » bid 22,80« bezeichnet. Diese neue Nachfrage führt zu einem neuen Umsatz. Der Verkäufer kann sich von 150 seiner 250 Aktien trennen und erhält 22,80 Euro je Aktie. Der Kurs ist jetzt 22,80 Euro. Der market maker hat Umsatz generiert, den Markt »liquide« gemacht. Umgekehrt kann er allerdings auch die Kaufseite bedienen. Auf die Ausgangssituation bezogen hieße das, dass er zum Beispiel bereit ist, 100 Aktien mit Limit 22,60 Euro zu verkaufen, im Fachjargon »Brief 22,60« beziehungsweise »ask 22,60« genannt. Dann würde der erste Kaufauftrag mit 100 (von 200) Aktien zum Kurs 22,60 Euro bedient, und der neue Kurs würde 22,60 lauten.
    Market maker (manchmal auch market experts genannt) sind wichtige Akteure im Spekulationszirkus der Finanzbranche. Im elektronischen Handelssystem → Xetra der Frankfurter Wertpapierbörse werden sie auch als designated sponsors bezeichnet . Die Liste dieser Sponsoren ist lang und zieht sich quer durch die Bankenwelt. Die Privatbank Lampe KG ist ebenso dabei wie die Commerzbank und die Deutsche Bank. Lampe betreut lediglich 5 Wertpapiere, die Deutsche Bank kommt auf knapp 300, die Commerzbank sogar auf fast 900.

Markt
    Er wird immer wieder zitiert. Meist im Plural. Und meist schwingt, wenn sogenannte Experten ihn bei Debatten einbringen, dabei große Sorge mit. »Wir werden sehen, ob die Märkte diese Beschlüsse gut aufnehmen werden«, heißt es dann zum Beispiel, oder: »Die Märkte haben Europa wieder mal abgestraft.«
    Wer ist eigentlich dieser arrogante Fiesling, der sich Markt nennt und über unser finanzielles Schicksal bestimmt? Nähern wir uns der Sache von einer ganz praktischen Seite.
    Der Markt für Finanzprodukte ist heute elektronisch. Also ein Computer. In den fließen alle Informationen, so sagt man. Positive ebenso wie negative. Die ungeschickte Bemerkung des Vorstandsmitglieds eines Börsenkonzerns, ein Nicht-Beschluss nach dem letzten Meeting der G8-Staaten, miserable (oder auch wider Erwarten gute) Konjunkturaussichten – alles wird vom Markt respektive Computer verarbeitet. Aber

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