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Das krumme Haus

Das krumme Haus

Titel: Das krumme Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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war sie gut unterrichtet.
    »Es wird wohl dazu kommen.«
    »Heute Abend wird man darüber sprechen«, sagte Josephine. »Meine Eltern und Onkel Roger und Tante Edith. Tante Edith wird ihm ihr Geld abtreten, aber ich glaube nicht, dass Vater es auch tun wird. Er sagt, Onkel Roger ist selbst schuld daran, dass er in die Patsche geraten ist, und er würde sich kaum bessern. Mutter wird sicher auch nichts davon wissen wollen, weil sie ja möchte, dass Vater das Geld in Edith Thompson steckt. Wissen Sie, wer Edith Thompson war? Sie war verheiratet; aber sie liebte ihren Mann nicht. Sie war verliebt in einen jungen Mann namens Bywater, der zur See fuhr, und nach dem Theater erstach er den Ehemann von hinten auf der Straße.«
    Ich staunte wiederum über Josephines Wissen und auch über ihren Sinn für Dramatik, der sie das Wesentliche eines Theaterstücks mit wenigen Worten erfassen ließ.
    »Das hört sich ganz gut an«, fuhr sie fort, »aber ich glaube nicht, dass das Stück spannend sein wird. Es wird wohl genauso wie Isebel sein.« Sie seufzte. »Ich möchte wirklich wissen, warum die Hunde ihre Hände und Füße nicht gefressen haben.«
    »Josephine«, begann ich, »du sagtest, du wüsstest fast sicher, wer der Mörder ist.«
    »Ja und?«
    »Wer ist es?«
    Sie sah mich ärgerlich an.
    »Ich verspreche dir, Chefinspektor Taverner nichts zu verraten.«
    »Ich brauche noch ein paar Beweise. Aber ich würde es Ihnen ohnehin nicht sagen.« Sie warf das Apfelgehäuse in den Goldfischteich. »Sie sind ein Watson.«
    Ich schluckte diese Beleidigung.
    »Na schön, ich bin ein Watson. Aber sogar Watson erfuhr immer alles, was Sherlock Holmes sich dachte. Würde es dir nicht Spaß machen zu sehen, wie ich lauter falsche Schlüsse ziehe?«
    Einen Augenblick fühlte sie sich versucht. Doch dann schüttelte sie den Kopf. »Nein.« Sie fügte hinzu: »Sherlock Holmes interessiert mich ja gar nicht. Er ist altmodisch. Damals hatte man noch keine Autos.«
    »Was ist eigentlich mit den Briefen?«, fragte ich.
    »Mit was für Briefen?«
    »Mit den Briefen, die Laurence Brown und Brenda einander geschrieben haben.«
    »Das war eine Erfindung von mir.«
    »Glaube ich nicht.«
    »Doch. Ich erfinde oft etwas. Das macht mir Spaß.«
    »Hör einmal, Josephine. Ein Bekannter von mir arbeitet im Britischen Museum. Er kennt die Bibel sehr genau. Wenn ich von ihm erfahre, warum die Hunde Isebels Hände und Füße nicht gefressen haben, sagst du mir dann über die Briefe Bescheid?«
    Diesmal zögerte Josephine wirklich. Irgendwo, nicht sehr weit entfernt, knackte ein Zweig. Josephine sagte ausdruckslos: »Nein, ich mag nicht.«
    »Na schön. Es ist ja nur ein Spiel. Natürlich weißt du in Wirklichkeit gar nichts.«
    In Josephines Augen blitzte es; aber sie widerstand dem Köder. Ich erhob mich.
    »Ich muss jetzt hineingehen und Sophia suchen. Komm mit.«
    »Ich bleibe hier.«
    »Nein, du kommst mit mir.« Ohne alle Umstände zerrte ich sie auf die Füße. Sie schien widersprechen zu wollen, ergab sich dann aber mit einer gewissen Anmut, zum Teil wohl, weil sie zu beobachten gedachte, wie man im Haus auf meine Anwesenheit reagierte.
    Ich wollte sie unbedingt mitnehmen, weil der Zweig geknackt hatte.

14
     
    A us dem großen Salon drang Stimmengemurmel. Ich trat jedoch nicht ein, sondern ging durch den Flur und stieß, von einem unbewussten Impuls getrieben, eine Pendeltür auf. Der Gang dahinter war dunkel, aber plötzlich wurde eine Tür geöffnet, die den Blick auf eine große, erhellte Küche frei gab. In der Öffnung erschien eine ziemlich dicke, alte Frau, die eine fleckenlose weiße Schürze trug. Sowie ich sie sah, überkam mich ein Gefühl der Sicherheit, jenes Gefühl, das einem eine gutmütige Kinderfrau immer vermittelt. Ich war damals fünfunddreißig Jahre alt; aber mir war zu Mute wie einem getrösteten vierjährigen Jungen.
    Meines Wissens hatte Nannie mich noch nie gesehen; aber sie sagte sogleich: »Mr Hayward, nicht wahr? Kommen Sie in die Küche; ich gebe Ihnen eine Tasse Tee.«
    Die Küche war gemütlich. Ich setzte mich an den Mitteltisch, und Nannie brachte mir eine Tasse Tee und einen Teller mit Gebäck. Ich fühlte mich immer wohler in ihrer Obhut. Alles war gut, und ich hatte keine Angst mehr vor der Dunkelheit und dem Unbekannten.
    »Miss Sophia wird froh sein, dass Sie gekommen sind«, sagte Nannie. »Sie wird allmählich ziemlich nervös.« Missbilligend fügte sie hinzu: »Alle sind nervös.«
    Ich blickte über die

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