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Das krumme Haus

Das krumme Haus

Titel: Das krumme Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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wollt«, ließ Edith sich vernehmen, offenbar den Faden da wieder aufgreifend, wo das Gespräch unterbrochen worden war, »aber ich finde, wir sollten Aristides Wünsche achten. Wenn die Sache mit dem Testament in Ordnung geht, steht dir meine Erbschaft zur Verfügung, Roger.«
    Roger fuhr sich aufgeregt durch die Haare.
    »Nein, Tante Edith, nein, nein!«
    »Ich wünschte, ich könnte dasselbe sagen«, fiel Philip ein. »Aber man muss jeden Faktor in Betracht ziehen…«
    »Phil, verstehst du denn nicht? Ich werde von keinem einen Penny annehmen.«
    »Natürlich kann er das nicht!«, rief Clemency.
    »Außerdem, Edith«, sagte Magda, »wenn die Sache mit dem Testament wirklich in Ordnung kommt, erbt er ja selbst.«
    »Aber das lässt sich doch sicher nicht mehr beizeiten ausbügeln, oder doch?«, fragte Eustace.
    »Davon verstehst du nichts, Eustace«, verwies Philip ihn scharf.
    »Der Junge hat vollkommen Recht«, trumpfte Roger auf. »Er hat den springenden Punkt berührt. Der Zusammenbruch lässt sich nicht mehr verhindern.«
    Er sprach, als ob er erleichtert wäre.
    »Es gibt wirklich nichts zu bereden«, sagte Clemency.
    »Und was macht es überhaupt aus?«
    »Ich würde denken, es macht sehr viel aus, Roger«, entgegnete Philip und presste die Lippen zusammen.
    »Nein, nein! Zählt überhaupt etwas im Vergleich zu der Tatsache, dass Vater tot ist? Vater ist tot! Und ihr sitzt hier und redet nur über Geldangelegenheiten!«
    Ein feines Rot stieg in Philips blasse Wangen.
    »Wir wollen dir ja nur helfen«, gab er steif zurück.
    »Ich weiß, alter Junge, ich weiß. Aber da lässt sich nichts machen. Lassen wir es also.«
    »Ich glaube«, sagte Philip, »ich könnte vielleicht einen bestimmten Betrag aufbringen. Die Aktien sind sehr gefallen, und mein Kapital ist zu einem Teil so festgelegt, dass ich nicht dran kann… Magdas Vereinbarung mit dem Theater und so weiter… aber…«
    Magda unterbrach ihn rasch: »Du kannst das Geld keinesfalls aufbringen. Es wäre lächerlich, das zu versuchen, und den Kindern gegenüber nicht recht.«
    »Ich sage euch doch, ich will kein Geld!«, schrie Roger. »Ich bin schon ganz heiser von dieser ewigen Wiederholung. Ich bin durchaus zufrieden, wenn die Dinge ihren Lauf nehmen.«
    »Es ist eine Prestigefrage«, erwiderte Philip. »Eine Prestigefrage, die Vater und uns betrifft.«
    »Die Familie hat mit der Firma nichts zu tun. Ich allein hafte.« Edith de Haviland stand auf und sagte: »Ich finde, wir haben genug darüber geredet.« In ihrer Stimme lag jene Autorität, die ihre Wirkung nie verfehlt.
    Philip und Magda erhoben sich ebenfalls. Eustace schlurfte aus dem Zimmer. Er hinkte nicht stark; aber man merkte doch, dass er im Gehen etwas behindert war.
    Roger hakte sich bei Philip ein und sagte: »Lieb von dir, Phil, dass du überhaupt daran gedacht hast!« Die Brüder entfernten sich zusammen.
    Magda murmelte: »So ein Aufhebens!« und folgte ihnen.
    Sophia sagte, sie müsse sich um mein Zimmer kümmern, und eilte hinterdrein.
    Edith rollte ihre Strickerei zusammen. Sie sah mich an, und ich dachte, sie würde etwas zu mir sagen. In ihrem Blick lag ein Flehen. Doch sie überlegte es sich anscheinend anders, seufzte und ging ebenfalls.
    Clemency war ans Fenster getreten und schaute in den Garten hinaus. Ich stellte mich neben sie. Sie wandte mir leicht den Kopf zu und sagte: »Gott sei Dank, dass es vorüber ist.« Mit Abscheu fügte sie hinzu: »Was für ein geschmackloses Zimmer!«
    »Gefällt es Ihnen nicht?«
    »Ich kann hier kaum atmen. Es riecht immer nach halb verwelkten Blumen und Staub.«
    Ich fand, dass sie dem Zimmer Unrecht tat, aber ich begriff, was sie meinte. Es hatte entschieden keine Weite. Trotzdem zog ich es Clemencys eigenem, abstrakten Ambiente oben vor. Im Prinzip ist mir ein Boudoir lieber als ein Operationssaal.
    Sie sah sich um und sagte: »Es ist wie eine Bühnendekoration. Eine Bühne, auf der Magda ihre Rollen spielen kann. Haben Sie gemerkt, was eben los war? Zweiter Akt: Familienrat. Magda hat das Ganze inszeniert. Es war völlig sinnlos. Es gab gar nichts zu bereden. Alles ist längst erledigt.« Ihre Stimme klang keineswegs traurig, eher befriedigt. Sie fing meinen Blick auf. »Ach, Sie verstehen nicht?«, fragte sie ungeduldig. »Wir sind frei – endlich! Begreifen Sie nicht, dass Roger jahrelang unglücklich war? Er hat nicht die geringste kaufmännische Begabung. Er liebt Landwirtschaft und Viehzucht. Aber er hing an seinem Vater – alle

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