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Das krumme Haus

Das krumme Haus

Titel: Das krumme Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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selbst zu schaffen. Ich schob den Gedanken beiseite; aber er bereitete mir irgendwie Unbehagen.
    »Auf Mutter muss man immerzu aufpassen«, fuhr Sophia fort. »Man weiß nie, was sie ausheckt.«
    »Denk nicht an deine Familie, Liebes.«
    »Gern, aber im Augenblick ist das ein bisschen schwer. In Kairo war ich glücklich; dort dachte ich an keinen von ihnen.«
    Mir fiel wieder ein, dass Sophia nie ihr Heim und ihre Angehörigen erwähnt hatte.
    »Sprachst du deshalb nie von ihnen?«, fragte ich. »Weil du sie vergessen wolltest?«
    »Ich glaube, ja. Wir haben immer zu nahe aufeinander gelebt. Wir haben uns wirklich gern, aber wenn die gegenseitigen Bindungen zu stark sind, kann das zu allerlei Konflikten fuhren. Das meinte ich wohl, als ich das krumme Haus zitierte. Ich meinte nicht ›krumm‹ in abfälligem Sinne. Ich meinte, wir waren nicht imstande, selbstständig zu werden, auf eigenen Füßen zu stehen. Wir sind alle etwas verdreht und verkrümmt.« Ich sah Edith de Havilands Absatz zutreten, als Sophia hinzufügte: »Wie Winden…«
    Plötzlich riss Magda die Tür auf und rief: »Kinder, warum habt ihr denn kein Licht angezündet? Es ist ja schon dunkel.« Sie schaltete das Licht ein, das den Raum sogleich überflutete; gemeinsam zogen wir die Vorhänge zu und waren gefangen in dem blumenduft-geschwängerten Interieur. Magda warf sich aufs Sofa und rief: »War das nicht eine unglaubliche Szene? Wie böse Eustace war! Er sagte zu mir, er fände alles ausgesprochen unanständig. Wie komisch Buben sind!« Sie seufzte. »Roger ist ein goldiger Mensch. Ich habe es so gern, wenn er seine Haare zerwühlt und loslegt. Und war es nicht süß von Edith, ihm ihren Anteil anzubieten? Das war nicht nur eine Geste, sie meinte es ernst. Aber es war sehr dumm von ihr. Philip glaubte daraufhin, er müsste ebenso handeln. Natürlich würde Edith alles für die Familie tun! Die Liebe einer alten Jungfer zu den Kindern ihrer Schwester hat wirklich etwas Rührendes. Eines Tages werde ich eine solche rührende alte Tante spielen. Herrschsüchtig und eigensinnig und liebevoll.«
    »Es muss arg für sie gewesen sein, als ihre Schwester starb«, sagte ich, um nicht über Magdas Rollen reden zu müssen. »Zumal sie ja ihren Schwager nicht mochte.«
    »Nicht mochte?«, wiederholte Magda. »Wer hat Ihnen denn das gesagt? Sie war verliebt in ihn.«
    »Mutter!«, rief Sophia.
    »Widersprich mir doch nicht immer, Sophia. In deinem Alter glaubt man natürlich, die Liebe sei zwei hübschen jungen Menschen im Mondschein vorbehalten.«
    »Sie selbst sagte mir, sie hätte ihn nie gemocht«, erklärte ich.
    »Vielleicht am Anfang. Sie war gegen die Heirat ihrer Schwester gewesen. Ein gewisser Antagonismus bestand wohl immer; aber sie war richtig verliebt in ihn! Kinder, ich weiß, was ich sage. Natürlich kam eine Heirat zwischen den beiden nicht infrage, und sie war durchaus glücklich, seine Kinder bemuttern zu können und sich mit ihm zu streiten. Aber es missfiel ihr gründlich, dass er Brenda heiratete.«
    »Dir und Vater ebenfalls«, fiel Sophia ein.
    »Natürlich waren wir dagegen! Aber Ediths Empörung war am stärksten. Kind, ich habe gesehen, wie sie Brenda anschaute!«
    »Aber, Mutter…«
    Magda warf ihr einen liebevollen und etwas schuldbewussten Blick zu, den Blick eines unartigen, verzogenen Kindes.
    Zusammenhanglos sagte sie: »Ich habe beschlossen, Josephine in die Schule zu schicken.«
    »Josephine? In die Schule?«
    »Ja. In der Schweiz. Morgen will ich mich darum kümmern. Ich finde wirklich, sie muss so schnell wie möglich fort von hier. Es ist nicht gut für sie, dass sie mit einer so schrecklichen Angelegenheit zu tun hat. Das ist ungesund. Sie braucht gleichaltrige Spielgefährten und ein normales Schulleben. Dieser Ansicht war ich schon immer.«
    »Großvater wollte nicht, dass sie in die Schule geht«, sagte Sophia langsam. »Er war sehr dagegen.«
    »Der gute Alte wollte uns alle um sich haben. Alte Menschen sind oft etwas selbstsüchtig. Ein Kind muss unter Kindern aufwachsen. Und die Schweiz ist so gesund – der Wintersport, die Luft und viel, viel besseres Essen als bei uns! Morgen telegrafiere ich Rudolf Alstir in Lausanne, er soll alles in die Wege leiten. Ende der Woche kann sie dann fahren!«
    Magda versetzte einem Kissen einen Hieb, lächelte uns an und ging zur Tür, wo sie sich mit einer bezaubernden Bewegung noch einmal umdrehte.
    »Die Jugend muss immer an erster Stelle kommen. Und stellt euch vor, all die

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