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Das krumme Haus

Das krumme Haus

Titel: Das krumme Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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eingesetzt habe. Da meine beiden Söhne bereits zu meinen Lebzeiten beträchtliche Summen von mir erhalten haben, werden sie sich durch meinen letzten Willen wohl nicht gedemütigt oder zurückgesetzt fühlen .
    Um alle Mutmaßungen und alle Neugier im Keime zu ersticken, bat ich Sie, mein lieber Freund, mein Testament aufzusetzen. Dieses Testament habe ich der versammelten Familie vorgelesen. Ich legte es auf meinen Schreibtisch, darüber ein Löschpapier, und ließ zwei Dienstboten als Zeugen rufen. Als sie hereinkamen, verschob ich das Löschpapier ein wenig sodass der untere Rand eines Schriftstücks sichtbar wurde. Darauf setzte ich meinen Namen und ersuchte die beiden Zeugen um ihre Unterschrift. Ich brauche Ihnen wohl kaum zu sagen, dass sie und ich das Test a ment unterzeichneten, welches hier beiliegt, nicht das von Ihnen aufgesetzte, das ich vorgelesen hatte.
    Ich kann nicht hoffen, dass Sie meine Handlungsweise verstehen werden. Ich bitte Sie nur, mir zu verzeihen, dass ich Sie im Dunkeln gelassen habe. Alte Leute haben gern ihre kleinen G e heimnisse.
    Ich danke Ihnen, mein lieber Freund, für die Gewissenhaftigkeit, mit der Sie immer für mich gearbeitet haben. Versichern Sie S o phia meiner Liebe. Ich lasse sie bitten, gut über die Familie zu wachen und sie vor Kummer zu bewahren.
    Ihr sehr ergebener
    Aristide Leonides
     
    »Merkwürdig«, sagte ich, nachdem ich fertig gelesen hatte.
    »Höchst merkwürdig«, bekräftigte Gaitskill und stand auf. »Ich finde nach wie vor, dass mein alter Freund Leonides mir hätte vertrauen dürfen.«
    »Er war von Natur aus ein Querkopf«, entgegnete mein Vater. »Es gefiel ihm, wenn ich mich so ausdrücken darf, krumme Wege einzuschlagen.« Gaitskill entfernte sich unbesänftigt. Er war in seiner Berufsehre zutiefst verletzt.
    »Es hat ihn hart getroffen«, sagte Taverner. »Er ist als Anwalt die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit in Person. Wenn der alte
    Leonides etwas Zweifelhaftes unternahm, zog er Gaitskill nie zurate. Er ließ sechs verschiedene Anwälte für sich arbeiten. O ja, er war ein Querkopf!«
    »Und ganz besonders, als er sein Testament machte«, nickte mein Vater.
    »Wie dumm von uns«, bemerkte Taverner. »Wenn wir es uns recht überlegt hätten, wären wir von selbst daraufgekommen, dass nur der alte Herr uns mit dem Testament einen Streich spielen konnte. Es fiel uns bloß nicht ein, dass er solche Absichten hegte.«
    Ich musste an Josephines überlegenes Lächeln denken, mit dem sie gesagt hatte: »Die Polizei ist ja so dumm.«
    Aber Josephine war bei der Verlesung des Testaments nicht zugegen gewesen. Und selbst wenn sie an der Tür gelauscht hatte (was ich gern glaubte!), so hätte sie kaum vermuten können, was ihr Großvater tat. Wieso also diese Anmaßung? Was wusste sie, dass sie sagen konnte, die Polizei sei dumm? Oder machte sie sich nur wichtig?
    Die Stille im Zimmer veranlasste mich aufzublicken. Mein Vater und Taverner sahen mich an. Ich weiß nicht, was in ihrem Blick mich zwang, trotzig herauszuplatzen: »Sophia weiß nichts von der ganzen Sache! Gar nichts.«
    »Nein…«, sagte mein Vater.
    Ich vermochte nicht zu entscheiden, ob seine Äußerung als Zustimmung oder als Frage aufzufassen war.
    »Sie wird höchst erstaunt sein!«
    Es entstand eine Pause, in die das Telefon auf dem Schreibtisch jäh schrillte.
    »Ja?« Mein Vater hatte den Hörer abgehoben, hörte zu und sagte dann: »Verbinden Sie mich mit ihr.« Er schaute mich an. »Deine Auserkorene will mit uns sprechen. Es soll sich um etwas Dringendes handeln.«
    Ich nahm ihm den Hörer aus der Hand.
    »Sophia?«
    »Charles, bist du’s? Es handelt sich um Josephine!«
    Ihre Stimme brach.
    »Was ist mit Josephine?«
    »Sie hat einen Schlag auf den Kopf erhalten. Gehirnerschütterung. Es steht schlimm. Es heißt, vielleicht wird sie nicht genesen…«
    Ich wandte mich an die beiden andern und sagte: »Auf Josephine ist ein Anschlag verübt worden.«
    Mein Vater ergriff den Hörer und fuhr mich an: »Ich sagte dir doch, du sollst auf das Kind Acht geben…«

18
     
    I n einem schnellen Polizeiauto fuhren Taverner und ich nach Swinly Dean.
    Ich dachte an Josephines Bemerkung, dass »der zweite Mord« nun fällig sei. Das arme Kind hatte nicht geahnt, dass es selbst das Opfer des »zweiten Mordes« werden sollte.
    Mein Vater hatte Recht mit seinem Vorwurf. Natürlich hätte ich auf Josephine besser Acht geben müssen. Wenn Taverner und ich auch keinen Anhaltspunkt hatten, um den

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