Das krumme Haus
wurde so angelegt, dass ich in Verdacht geriet. Die Art, wie die Tat begangen wurde, zielte darauf ab, mich zu Grunde zu richten.«
»Was ist denn mit Mrs Leonides?«, fragte ich.
Er errötete wieder. Er war jetzt weniger eine gefangene Maus, wurde mehr ein Mann.
»Mrs Leonides ist ein Engel. Sie können sich nicht vorstellen, wie gütig, wie liebevoll sie zu ihrem Mann war. Sie mit einem Giftmord in Verbindung zu bringen, ist lachhaft – einfach lachhaft! Und dieser starrköpfige Inspektor sieht das nicht!«
»Er ist voreingenommen, weil er viele Fälle erlebt hat, wo ältere Ehemänner von einer liebevollen jungen Frau vergiftet worden sind.«
»So ein Dummkopf«, stieß Laurence ärgerlich hervor. Er begann die Bücher einzuräumen. Da ich sicher war, nichts mehr aus ihm herauszubekommen, verließ ich langsam das Zimmer.
Als ich durch den Flur ging, wurde zu meiner Linken eine Tür geöffnet, und Josephine fiel beinahe auf mich. Ihr Erscheinen hatte etwas von der Plötzlichkeit eines Dämons in einer altmodischen Pantomime, Gesicht und Hände waren schmutzig, und an ihrem Ohr hing ein langes Spinngewebe.
»Wo warst du denn, Josephine?«
Ich spähte durch die halb offene Tür. Zwei Stufen führten zu einem Speicher, in dem ich mehrere große Behälter gewahrte.
»Dort, wo die Wasserbehälter sind.«
»Und warum?«
Josephine antwortete kurz und geschäftsmäßig: »Als Detektiv.«
»Was gibt es denn bei den Wasserbehältern zu entdecken?«
Darauf erwiderte sie nur: »Ich muss mich waschen.«
»Ja, wahrhaftig!«
Sie öffnete die Tür zum nächsten Badezimmer. Sie drehte sich noch einmal um und sagte: »Finden Sie nicht auch, dass es Zeit wird für den zweiten Mord?«
»Was meinst du damit?«
»Na ja, in den Büchern kommt doch um diese Zeit immer ein zweiter Mord vor. Eine Person, die etwas weiß, wird umgebracht, bevor sie verraten kann, was sie weiß.«
»Du liest zu viele Kriminalgeschichten, Josephine. Im wirklichen Leben geht es nicht so zu. Und wenn hier jemand etwas weiß, so will er keinesfalls darüber sprechen.«
Josephines Antwort mischte sich in das Plätschern eines Wasserhahns.
»Manchmal weiß jemand etwas, ohne zu wissen, dass er es weiß.«
Ich überließ Josephine ihrer Reinigungsprozedur und ging in das untere Stockwerk. Gerade als ich überlegte, wohin ich meine Schritte lenken sollte, trat Brenda mit weichem Rascheln aus dem Salon. Sie kam zu mir und legte mir die Hand auf den Arm.
»Nun?«, fragte sie.
Es war dieselbe Bitte um Aufklärung, die Laurence an mich gerichtet hatte, nur wurde sie in anderer Form vorgetragen. Und ihr eines Wort war wirksamer.
Ich schüttelte den Kopf und erwiderte: »Nichts.«
Sie seufzte tief.
»Ich habe solche Angst.«
Ihre Angst war echt. Sie übertrug sich auf mich. Ich hätte sie gern beruhigt, hätte ihr gern geholfen. Wieder hatte ich das Gefühl, dass sie ganz allein in einer feindlichen Umgebung sei. Sie hätte gut schreien können: Wer ist auf meiner Seite?
Und welche Antwort gab es darauf? Laurence Brown? Kein starker Fels in schwerer Zeit. Ich musste daran denken, wie schattenhaft und scheu die beiden am vergangenen Abend ins Haus zurückgekehrt waren.
Ja, gern hätte ich ihr geholfen. Aber ich konnte nichts sagen oder tun. Zu allem empfand ich in der Tiefe meiner Seele ein verwirrendes Schuldgefühl, als ob Sophias vorwurfsvolle Augen auf mir ruhten. Ich hörte sie sagen: »Sie hat dich also eingefangen.«
»Morgen findet die gerichtliche Untersuchung statt«, sagte Brenda. »Was… was geschieht dann?«
In diesem Punkt konnte ich sie beruhigen.
»Nichts«, erwiderte ich. »Deshalb brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Das ist eine reine Formsache, damit die Polizei zu Untersuchungen berechtigt ist. Allerdings wird sich dann vielleicht die Presse rühren. Bis jetzt haben die Zeitungen ja noch nichts gebracht.«
»Und die werden uns nicht schonen, nicht wahr?«
»Ich an Ihrer Stelle würde keinerlei Auskunft geben. Eigentlich sollten Sie sich einen Anwalt nehmen…«
Mit einem erstickten Schreckensschrei wich sie zurück.
»Nein, nein, so meine ich es nicht. Sie sollten jemanden haben, der Ihre Interessen wahrnimmt und Sie berät. Es scheint mir, dass Sie sehr allein stehen.«
Ihre Hand drückte meinen Arm fester.
»Ja, Sie haben Verständnis. Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe.«
Mit einem Gefühl der Wärme und Zufriedenheit ging ich die Treppe hinunter. Da sah ich Sophia an der Haustür stehen.
Ihr Ton war kalt
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