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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Lärm war ungeheuerlich; Elethiomel wurde zurückgeworfen, während das Gewehr immer noch feuerte und Leuchtspuren in den Nachthimmel zeichnete. Er prallte gegen die Bank. Darckense schrie, was ihre Lunge hergab. Sie sprang auf; Schüsse erschallten vom Haus her.
    »Darckle; runter mit dir!«, schrie Livueta. Lichtstreifen flackerten und zischten über das Steinboot.
    Darckense stand da und kreischte, dann rannte sie zur Treppe. Elethiomel schüttelte den Kopf und blickte auf, als das Mädchen an ihm vorbeirannte. Livueta wollte sie zurückhalten und griff daneben. Cheradenine versuchte, sie festzuhalten.
    Die Lichtlinien senkten sich und sprengten rings um sie herum Brocken und kleine Staubwolken aus dem Gestein, während Darckense immer noch schreiend zu der Treppe taumelte.
    Die Kugel drang durch die Hüfte in Darckense ein; die anderen drei hörten – sehr deutlich – das Geräusch, das dabei entstand, durch das Krachen der Schüsse und die Schreie des Mädchens.
     
    Auch er war getroffen worden, obwohl er in dem Moment noch nicht wusste, wovon.
    Der Überfall auf das Haus wurde abgewehrt. Darckense überlebte. Sie wäre fast wegen des Blutverlustes und der Schockwirkung gestorben, aber sie überlebte. Die besten Chirurgen im Land kämpften darum, ihr Becken wiederherzustellen, das durch die Wucht des Geschosses in ein Dutzend größere Stücke und hundert Splitter zerschmettert worden war.
    Knochensplitter waren in ihrem Körper gewandert; man fand Bruchstücke in ihren Beinen, in einem Arm, in den inneren Organen, selbst im Kinn war ein Stück. Die Armee-Chirurgen waren daran gewöhnt, sich mit derartigen Verletzungen zu befassen, und sie hatten ausreichend Zeit – denn der Krieg hatte noch nicht begonnen –, um sie, so gut sie konnten, wieder zusammenzuflicken. Trotzdem hinkte sie stark, zumindest bis sie ausgewachsen war.
    Einer der Knochensplitter wurde aus ihrem Körper gerissen; er drang in den seinen ein. Direkt über dem Herzen.
    Die Armee-Chirurgen hielten eine Operation für zu gefährlich. Zu gegebener Zeit, sagten sie, würde sein Körper das Knochenstück abstoßen.
     
    Doch das geschah nie.
    Er fing wieder an, um den Teich herumzukriechen.
    Caldera! Das war das Wort, der Name.
    (Solche Zeichen waren wichtig, und er hatte dasjenige gefunden, nach dem er gesucht hatte.)
    Sieg, sagte er zu sich selbst, während er sich im Kreis herum schleppte, die letzten wenigen Vogelhäufchen aus dem Weg räumte und sich bei den Insekten entschuldigte. Alles würde am Ende bestens ausgehen, beschloss er. Er wusste, dass man zuletzt immer siegte und dass man selbst im Falle der Niederlage nichts davon wusste, und es gab nur einen Kampf, und er war jedenfalls der Mittelpunkt der ganzen lächerlichen Angelegenheit, und Caldera war das Wort, und Zakalwe war das Wort, und Staberinde war das Wort, und…
     
    Sie kamen, ihn zu holen; sie kamen mit einem großen, schönen Schiff, und sie nahmen ihn mit hinauf und weg und sie sorgten dafür, dass es ihm wieder besser ging…
    »Du wirst niemals gescheit«, seufzte der Himmel ziemlich unüberhörbar.
    »Leck mich«, sagte er.
     
    Es war Jahre später, dass Cheradenine – von der Militärakademie zurückgekehrt, auf der Suche nach Darckense und von einem einsilbigen Gärtner in diese Richtung geschickt – über den weichen Teppich aus Blättern schritt, zur Tür des kleinen Sommerhauses.
    Er hörte einen Schrei, der aus dem Innern herausdrang. Darckense.
    Er raste die Stufen hinauf, zog die Pistole und stieß die Tür mit dem Fuß auf.
    Darckense drehte das verdutzte Gesicht nach hinten und sah ihn an. Ihre Hände umklammerten noch immer Elethiomels Hals. Sie hatten aufgehört, sich zu bewegen. Elethiomel saß da – die Hose hing ihm in Falten um die Fußknöchel, seine Hände lagen auf Darckenses nackten Hüften unter ihrem zerknüllten, hochgeschobenen Kleid – und sah ihn ruhig an.
    Elethiomel saß auf dem kleinen Stuhl, den Livueta vor langer Zeit in ihren Schreinerlehrstunden angefertigt hatte.
    »Hallo, alter Kumpel«, sagte er zu dem jungen Mann, der die Pistole in der Hand hielt.
    Cheradenine sah Elethiomel einen Moment lang in die Augen, dann wandte er sich ab, steckte die Pistole in das Holster und ging hinaus, wobei er die Tür hinter sich schloss.
    Hinter sich hörte er Darckense weinen und Elethiomel lachen.
     
    Die Insel im Zentrum der Caldera wurde wieder ruhig. Einige Vögel flogen zu ihr zurück.
    Die Insel hatte sich verändert, dank des Mannes.

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