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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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sich den Helm des Anzugs auf, zog vorsichtig an einem Band und öffnete das Paket. Es war Kleidung darin. Er nahm sie heraus und betrachtete sie.
    An einem Ärmel fand er einen Schalter, der es ihm ermöglichte, mit dem grauhaarigen Fahrer zu sprechen. »Ich nehme an, dies hier soll mein Kostüm sein. Was genau stellt es dar?«
    Der Fahrer sah nach unten, nahm etwas aus einer seiner Jackentaschen und hantierte daran herum. »Hallo«, sagte eine künstliche Stimme. »Mein Name ist Mollen. Ich kann nicht sprechen, deshalb benutze ich stattdessen diese Maschine.« Er hob den Blick und sah auf die Straße, dann senkte er ihn wieder zu der wie immer gearteten Maschine, die er benutzte. »Was möchten Sie mich fragen?«
    Es behagte ihm nicht, dass der große Kerl jedes Mal den Blick von der Straße abwandte, wenn er etwas sagen wollte, also antwortete er nur: »Vergessen Sie es.« Er lehnte sich zurück und sah zu den vorbeiflitzenden Lichtern hinaus; schließlich nahm er den Helm wieder ab.
    Sie bogen in den Hof eines großen, dunklen Hauses ein, das in einer Seitenschlucht in der Nähe des Flusses lag. »Bitte folgen Sie mir, Mr. Staberinde«, sagte Mollen durch seine Maschine.
    »Gewiss.« Er nahm den Helm des Anzugs und folgte dem großen Mann die Treppe hinauf in eine geräumige Eingangshalle. Er trug das Kostüm bei sich, das er in dem Wagen vorgefunden hatte. Tierköpfe starrten von den Wänden der hohen Halle herab. Mollen schloss die Türen und führte ihn zu einem Aufzug, der einige Stockwerke hinunterratterte. Er hörte die Geräusche der Party und roch den Drogenrauch, noch bevor die Türen geöffnet wurden.
    Er reichte Mollen das Bündel Kleidung und behielt nur einen dünnen Umhang zurück. »Danke. Die anderen Sachen brauche ich nicht.«
    Sie begaben sich zur Party, wo es laut und gedrängt zuging und von bizarren Kostümen wimmelte. Die Männer und Frauen sahen alle gepflegt und wohlgenährt aus; er atmete den Drogenrauch ein, der die gescheckten Gestalten umwehte. Mollen bahnte ihm einen Weg durch die Menge. Die Leute verstummten, wenn sie vorbeigingen, und ein aufgeregtes Raunen setzte in seiner Kielspur ein. Er hörte mehrmals das Wort ›Staberinde‹.
    Sie schritten durch Türen, die von Männern bewacht wurden, die noch größer waren als Mollen, gingen eine mit einem weichen Teppich ausgelegte Treppe hinunter und betraten einen großen Raum, der auf einer Seite eine Glaswand hatte. Boote schaukelten auf schwarzem Wasser an einem unterirdischen Steg auf der anderen Seite des Glases, das eine kleinere, aber noch bizarrere Gesellschaft widerspiegelte. Er spähte unter der dunklen Brille hervor, doch die Sicht wurde nicht heller.
    Wie im Stockwerk darüber wandelten die Leute herum, entweder mit Drogenschalen in der Hand oder – die besonders Wagemutigen – mit Trinkgläsern. Sie waren ausnahmslos entweder schwer verletzt oder regelrecht verstümmelt.
    Männer und Frauen drehten sich um und gafften den Neuankömmling an, der hinter Mollen den Raum betrat. Einige Männer und Frauen hatten gebrochene und ausgerenkte Arme, bei denen die Knochen durch die Haut stachen und sich im grellen Licht weiß abhoben; einige hatten riesige klaffende Wunden am Körper, bei einigen waren ganze Stücke Fleisch versengt und enthäutet, bei einigen waren Brüste oder Arme amputiert oder die Augen herausgeschält, und oft baumelten die entfernten Teile an einem anderen Körperteil. Die Frau von dem Straßenfest kam auf ihn zu; ein handgroßer Lappen ihre Bauches hing über ihrem schillernden Rock, und ihre Bauchmuskeln spannten sich darin wie dumpfe, rot schimmernde Seile.
    »Mr. Staberinde, Sie sind als Weltraummensch gekommen«, sagte sie. Ihre Stimme hatte eine übertriebene Modulation, die ihm vom ersten Moment an auf die Nerven ging.
    »Na ja, ich habe eine Art Kompromiss geschlossen«, sagte er, wobei er sich den Umhang über die Schultern warf und ihn befestigte.
    Die Frau hielt ihm eine Hand hin. »Jedenfalls, herzlich willkommen.«
    »Danke«, sagte er, nahm ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. Er hatte halb damit gerechnet, dass das Sensorfeld des Anzugs eine Prise von irgendeinem tödlichen Gift von der zarten Hand der Frau eingefangen hätte und Gefahr anzeigen würde, doch die Alarmanlage blieb still. Er grinste, als sie die Hand zurückzog.
    »Was finden Sie so komisch, Mr. Staberinde?«
    »All das«, lachte er und deutete mit einem Kopfnicken auf die Leute ringsum.
    »Gut«, sagte sie und lachte

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