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Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Titel: Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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sicherer.
    »Sie sieht aus, als sei sie auf dem Rücken eines Pferdes groß geworden.«
    »Wir können beide gut reiten, auch wenn keiner von uns je ein eigenes Pferd besessen hat.« Der Junge kniff die Lippen zusammen; mehr wollte er zu diesem Thema offenbar nicht sagen.

    Als es dunkel wurde, sahen sie sich nach einem Rastplatz im Wald um. Sie hatten die anderen Reisenden eingeholt, schlugen aber ihr Lager ein Stück entfernt von ihnen auf, um keinen Ärger mit der Händlersfrau zu bekommen. Ellen band Nestor an einem Baum fest, unter dem genug Gras und weiches Moos wuchsen, an denen er sich satt fressen konnte.
    Ohne Aufforderung ging Madeleine los, um Holz zu sammeln, und kam bald darauf mit einem ganzen Arm voll trockener Zweige zurück. Ihren schmerzenden Fuß schien sie vollkommen vergessen zu haben.
    Ellen nahm ihren Feuerstein, den Feuerschläger und ein wenig getrockneten Zunderpilz und wollte gerade ein Büschel trockenes Gras anzünden, als Jean plötzlich mit einem toten Hasen in der Hand vor ihr stand. Ellen blickte den Jungen überrascht an.
    »Ich hab ihn mit der Steinschleuder erledigt.« Er band den Hasen an einem Ast fest und entfernte eines seiner Augen, um ihn ausbluten zu lassen. Dann häutete er das Tier von den Hinterläufen aus ab, weidete es aus und vergrub die Abfälle, damit sie keine Wölfe anzogen. Anschließend trieb er einen langen Stock durch den Hasenleib und legte ihn über zwei Astgabeln, die er auf beiden Seiten des Feuers in den Boden gerammt hatte. Es dauerte nicht lange, bis das Fleisch zu duften begann.
    Ellen hatte nicht einmal eine Zwiebel bei sich, aber genauso, wie sie Madeleine auf ihrem Pferd hatte reiten lassen, teilten die beiden jetzt ihr Brot und den Braten mit ihr. Nach dem Essen rollte Madeleine sich zusammen wie ein kleines Kind und schlief auf der Stelle ein.
    Ellen und Jean sahen in die knisternden Flammen.
    »Ich war noch keine zehn, als es passiert ist. Ich war im Wald, zum Pilzesuchen«, begann Jean ganz unvermittelt leise zu erzählen. Er starrte ins Feuer, als rufe es Erinnerungen in ihm wach. »Madeleine war ungefähr zwölf.« Jean schluckte. »Ich kann mich nicht einmal an den Namen unseres Dorfes oder der Grafschaft erinnern und sie auch nicht. Ich war schon seit dem Morgengrauen im Wald, plötzlich sah ich dicke, schwarze Rauchwolken am Himmel und rannte nach Hause. Das ganze Dorf stand in Flammen. Es roch widerlich, brenzlig und bitter-süß.« Er schluckte, dann fuhr er leise fort: »Das verbrannte Fleisch von Menschen war es, das so stank. Am Brunnen lagen viele Männer unseres Dorfes, einer halb auf dem anderen. Sie mussten versucht haben, ihre Familien zu verteidigen, und waren abgeschlachtet worden wie Vieh. Es fing an, ganz fein zu regnen, und ich dachte, Gott weint, weil er furchtbar traurig ist. Ihr Blut vermischtesich mit dem Regenwasser zu roten Rinnsalen. Ich hatte Angst und rannte zu unserem Haus. Es brannte nicht und sah ganz friedlich aus, aber ich fürchtete mich trotzdem. Obwohl meine Knie geschlottert haben, bin ich hineingegangen.« Er wischte sich mit einer schmutzigen Hand übers Gesicht. »Meine Mutter lag in einer Ecke, ihr Kopf war zerschmettert und ihr Gesicht kaum noch zu erkennen. Unter ihr lag mein kleiner Bruder. Sie waren beide tot. Ich habe angefangen zu weinen, obwohl mir mein Vater verboten hat zu heulen. Und dann entdeckte ich auch ihn, es war, als bliebe mein Herz stehen. Er war doch ein so großer, starker Mann! Sie hatten ihn im Ziegenverschlag an zwei Eisenhaken aufgehängt. Seine Augen waren weit aufgerissen und starrten mich an. Sein Bauch war aufgeschlitzt, und seine Eingeweide hingen aus ihm heraus. – Ich stürzte nach draußen und übergab mich, bis nichts mehr aus mir herauskam. Irgendwann lief ich dann zu den anderen Hütten, die nicht völlig zerstört waren. Ich rief und weinte, aber es war niemand mehr da. Alle waren tot.« Jean schwieg einen Moment.
    Ellen hatte fassungslos zugehört. Sie konnte seinen Schmerz nur allzu gut nachfühlen, denn es verging kein Tag, an dem sie nicht an den Augenblick dachte, an dem sie Jocelyn tot aufgefunden hatte. Niemals würde sie dieses schreckliche Bild vergessen können.
    »Und dann sah ich Madeleine«, fuhr Jean plötzlich mit weicher Stimme fort. »Sie stand auf einmal vor mir, mitten auf dem Weg mit einem Strauß Wiesenblumen in der Hand – wie eine Fee sah sie aus. Sie hat viel schneller begriffen, was geschehen war, als ich. Die Hühner und Ziegen waren fort,

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